Sonntag, 26. März 2017

Energieberater und der Dienstvertrag



Der Dienstvertrag ist geregelt in § 611 BGB und verpflichtet einen Vertragspartner (sog.
Dienstverpflichteter), der einen Dienst beliebiger Art zusagt hat, zur Leistung dieses ver-sprochenen Dienstes und den anderen Vertragspartner (sog. Dienstberechtigter) zur Zahlung der dafür vereinbarten Vergütung.
Die Leistungserbringung im Rahmen eines solchen Dienstvertrages ist demnach nicht auf
einen bestimmten Erfolg gerichtet, sondern besteht in einem Tätigwerden als solches. Die-
ses Tätigsein muss selbstverständlich dann entsprechend den Regeln der jeweiligen fachli-
chen Kunst erfolgen. So handelt es sich typischerweise um einen Dienstvertrag bei einem
Arztvertrag, einem Steuerberater- oder auch einem Anwaltsvertrag (hierbei bemüht sich
zum Beispiel ein Arzt um Heilung/Schmerzlinderung etc. bei seinem Patienten, ein Steuer-
berater um möglichst geringe Steuerverpflichtungen seines Mandanten oder ein Anwalt
um ein obsiegendes Urteil in einem Gerichtsverfahren). Ein entsprechender Erfolg (Hei-
lung, Steuerersparnis oder Prozessgewinn) indes kann vertraglich nicht vereinbart wer-
den, sondern lediglich die Aufwendung der eigenen fachlichen Kompetenz unter Berück-
sichtigung der fachlich anerkannten Vorgehensweisen bzw. Methoden und Verpflichtun-
gen.
Auch der Auskunfts- und Beratungsvertrag (auch Beratervertrag genannt) wird nach h. M.
häufig als ein Dienstvertrag angesehen (OLG Dresd NJW-RR 00, 652; a. A. OLG Düss
NJW-RR 97,1005), solange die Auskunft bzw. Beratung zu greifbaren Ergebnissen führen,
die aber nichts garantieren (BGH NJW 92, 307). Sobald jedoch neben der bloßen Beratungs-
leistung weitere zu erbringende Leistungen hinzukommen, deren Ziele in einem bestimm-
ten Erfolg liegen, ist von einem Dienstvertragsverhältnis nicht mehr auszugehen.
Berücksichtigen könnte man hier für eine Vertragsartbestimmung des Auftrags zur Erstel-
lung eines Energieausweises die bisherigen Ansätze in der Vergangenheit bezüglich der
Beauftragung zur Energieberatung und die bisherige Bestimmung dieser Tätigkeit. So ist
der vom Bundsamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle im Internet zur Verfügung ge-
stellte Mustervertrag für die Tätigkeit einer Energieberatung als ein Dienstvertrag ausges-
taltet.
Aber schon den Energieberatervertrag selbst rechtlich als einen reinen Beratervertrag zu
bewerten, womit die Arbeitsleistungserbringung als solche und nicht ihr Ergebnis gegen-
über dem Vertragspartner geschuldet wird, ist sehr bedenklich und unseres Erachtens
falsch. Denn sind auch – unstreitig – zunächst die vertraglichen Verpflichtungen der Ener-
gieberatung, nämlich die Erbringung von Beratungsleistungen, scheinbar eindeutig als
eine Dienstleistung und mithin als ein Dienstvertrag zu bewerten, ändert sich dies bei
genauerer Betrachtung der eigentlichen vertraglichen Leistungen des Energieberaters.

Schaut man sich nämlich den Umfang der Tätigkeiten, insbesondere die Ausarbeitungen
und Berechnungen etc. zu solch einer qualifizierten Energieberatung genauer an und be-
rücksichtigt man dann noch, dass diese Ermittlungsergebnisse in schriftlicher Form dem
zu beratenden Vertragspartner ausgehändigt werden (müssen), zu denen der Energiebera-
ter auch noch 2 Empfehlungen für konkrete Energieeinsparmassnahmen abzugeben hat,
ist doch höchst zweifelhaft, ob für eine solche Form der Energieberatung wirklich kein
messbarer Arbeitserfolg vereinbart wurde.

Denn man könnte hier doch sehr leicht argumentieren, dass ein Energieberater bestimmte inhaltlich für den Vertragspartner fachlich und wirtschaftlich sehr relevante Auskünfte erteilt und keine eben nur allgemeine Beratungsleistung erbringt. Und indem es sich bei der Energieberatung zu einem bestimmten Objekt um eine einzelne Erteilung von Rat oder Auskunft handelt, wäre auch danach bei
einem Vertrag über eine Energieberatung kein Dienstvertrag, sondern stets ein Werkvertrag (oder ein Werkvertrag über eine Geschäftsbesorgung) geschlossen worden (BGH NJW 99, 1540).

Schließlich ließe sich auch noch eine Parallele zur Gutachtererstellung eines Sachverstän-
digen ziehen, der nach h. M. ebenfalls mit seinen privaten Auftraggebern einen Werkver-
trag und keinen Dienstvertrag schließt.
Der Vertrag über die Erstellung eines Energieausweises ist deshalb in keinem Fall als ein
reiner Dienstvertrag gem. § 631 BGB zu bewerten, denn mit der Erstellung und Aushändi-
gung eines Energieausweises verbinden sich eindeutig weitere bzw. weitergehende – und
zudem erfolgsabhängige – vertragliche Leistungen des Ausstellers.

Sollte man indes gleichwohl die Meinung vertreten, dass es sich beim Vertrag über die
Erstellung eines Energieausweises um einen Dienstvertrag handelt, gelten für die Frage
der Haftung des Ausstellers – bei einer dann sog. Nicht- oder Schlechtleistung anders als
im Falle der Haftung für Sachmängel beim Energieausweis im Rahmen des Werkvertrags-
rechts – die allgemeinen Regeln für Leistungsstörungen.

Diese bedeuten jedoch keineswegs eine Haftungserleichterung o. Ä. für den Energieausweisaussteller sondern tatsächlich sogar eine Haftungsverschärfung, denn statt einer zunächst im Werkvertragsrecht in der Regel immer zu erfolgenden Nacherfüllung durch den Aussteller, erfolgt auf die
Schlecht- oder Nichtleistung durch den Aussteller im Dienstvertragsrecht des BGB sofort
ein Anspruch auf Schadensersatz auf Seiten des Bestellers.

©  Marc Husmann   Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers.