Sonntag, 19. März 2017

Gutachtenarten


a)   das Gerichtsgutachten


b ) das Gutachten im selbständigen Beweisverfahren


c)  das Obergutachten


Ein solches wird in der Regel von den Gerichten dann gefordert, wenn das oder die in einem Rechtsstreit eingebrachten Gutachten nicht überzeugen, bzw. fehlerhaft sind oder rechtsentscheidende Aussagen nicht enthalten. Obergutachten können auch dann von dem Gericht in Auftrag gegeben werden, wenn das Gericht oder/und die Parteien übereinstimmend die Nichtverwertbarkeit des vorlie-
genden Gutachtens erkennen bzw. vortragen.

d) Das Schiedsgutachten


Gemäß § 317 BGB kann einem Dritten die Bestimmung einer Leistung überlassen werden. Im Zweifel ist anzunehmen, dass sie nach billigem Ermessen zu treffen ist (§ 317 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dritte sind in diesen Fällen häufig Sachverständige. Streiten die Parteien beispielsweise ausschließlich um das Vorhandensein eines Mangels, dessen Ursache und die Verantwortlichkeit, liegt es nahe, einen unter Umständen langwierigen Rechtsstreit zu vermeiden und stattdessen
einem qualifizierten Sachverständigen die Streitregelung zu übertragen. Er wird dann mit der Erstellung eines Schiedsgutachtens beauftragt. Dieses Gutachten ist für die Parteien verbindlich und entscheidet den Streit, es sei denn, es ist offenbar unrichtig (§ 319 BGB).

Offenbar unrichtig ist ein Schiedsgutachten, wenn sich der Fehler dem sachkundigen und unbefangenen Beobachter aufdrängt. Offenbar unrichtig ist ein Schiedsgutachten auch, wenn die Feststellungen des Schiedsgutachters nicht nachprüfbar sind oder die Ausführungen so lückenhaft sind, dass selbst ein Fachmann das Ergebnis der gutachterlichen Feststellungen nicht überprüfen
kann.
Ist das Gutachten nicht offenbar unrichtig, ist das Gericht bei einer späteren Auseinandersetzung an die Tatsachenfeststellungen des Schiedsgutachters gebunden. Für das Vorliegen einer offenbaren Unrichtigkeit trägt die Partei die Darlegungs- und Beweislast, die sich darauf beruft.
Eine besondere Form des Schiedsgutachtens enthält § 18 Nr. 3 VOB/B. Danach kann jede Vertragspartei bei Meinungsverschiedenheiten über die Eigenschaft von Stoffen und Bauteilen, für die allgemein gültige Prüfverfahren bestehen, und über die Zulässigkeit oder Zuverlässigkeit der bei der Prüfung verwendeten Maschinen oder angewendeten Prüfungsverfahren nach vorheriger Benach-
richtigung der anderen Vertragspartei die materialtechnische Untersuchung durch eine staatliche oder staatlich anerkannte Materialprüfungsstelle vornehmen lassen. Die Feststellungen dieser Materialprüfungsstelle sind verbindlich.
Die dadurch verursachten Kosten trägt der unterliegende Teil (§ 18 Nr. 3 Satz 2 VOB/B).


e) Das Gutachten im Schiedsgerichtsverfahren



Das Gemeinschaftsgutachten


Ein Gemeinschaftsgutachten wird dann erstellt, wenn die Parteien Streitigkeiten zu verschiedenen Sachgebieten haben, die durch einen Sachverständigen allein nicht gelöst werden können. Es obliegt den Parteien, Sachverständige zu benennen.
Es ist auch möglich, dass ein Sachverständiger benannt wird und dieser weitere Sachverständige beauftragt. Dieser Sachverständige bleibt jedoch dann federführend. Das Gemeinschaftsgutachten wird nach den Regeln des beschriebenen Privatgutachtens erstellt.


g) Das Versicherungsgutachten


Die Vielzahl der Versicherungsarten lässt es nicht zu, diese im Einzelnen aufzuführen. Für Gutachten des „Baubereiches“ sind jedoch zu benennen:


  • die Berufshaftpflichtversicherung
  • die Sachversicherung
  • die Bauleistungs- oder Bauwesenversicherung
  • die Produkthaftpflichtversicherung
  • die Brand-/Feuer-/Wasser-/Sturmversicherung

h) Das Wertgutachten


Insbesondere von Geldinstituten werden Gutachten in Auftrag gegeben für Wertschätzung, Finanzierungen von Produktentwicklungen u. ä.

i) Das Ergänzungsgutachten


Ist ein in Auftrag gegebenes Gutachten nicht geeignet, alle strittigen Fragen zwischen den Parteien zu klären, kann von den Auftraggebern ein Ergänzungsgutachten beauftragt werden. Dies geschieht in der Regel dann, wenn in dem vorangegangenen Gutachten z. B. zunächst lediglich Fakten und Ursachen festgestellt wurden. Die Parteien können anschließend den Sachverständigen beauftragen, Fragen zum Beispiel zu Sanierungsvorschlägen, Kosten der Sanierung oder einem Minderwert zu beantworten. Auch hier gelten die Grundsätze wie bei dem Privatgutachten.

Alle vorgenannten Gutachtenarten müssen bestimmte Bedingungen erfüllen, um diese optimal erstellen zu können. Dazu sind jeweils die vertraglichen Bedingungen zwischen den Parteien (z. B. Versicherer und Versicherungsnehmer) zu beachten. Die einzelnen Gutachtenarten unterscheiden sich deshalb erheblich voneinander.

©  Marc Husmann   Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers.