Sonntag, 19. März 2017

Gutachtenformen


 Gerichtsauftrag


Der Sachverständige kann durch die Amts-, Land- und Oberlandesgerichte beauftragt werden. In den neuen Bundesländern traten ab dem 3.10.1990 die Amtsgerichte an die Stelle der Kreisgerichte. Bei den Landgerichten sind die Zivilkammern, einschließlich der Kammern für Handelssachen, zuständig für die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit diese nicht den Amtsgerichten zugewiesen sind. Bei den Oberlandesgerichten entscheiden Senate über die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten. In einzelnen Oberlandesgerichtsbezirken (z. B. Düsseldorf, Hamm und München) gibt es Senate mit einer Spezialzuständigkeit für Werkvertragsrecht. Die Bauprozesse konzentrieren sich bei diesen Senaten.
In Ausnahmefällen können Bausachverständige auch durch die Staatsanwaltschaft zur Erstellung von Gutachten beauftragt werden, z. B. bei Brandschäden, Unfällen durch nicht standfeste Bauteile oder zur Beurteilung von Geräten und Maschinen. Beauftragen Gerichte oder die Staatsanwaltschaft Sachverständige mit der Erstellung eines Gutachtens, erfolgt die Vergütung nach dem Gesetz
über die Vergütung von Sachverständigen (JVEG).

Privatauftrag


Erfolgt die Beauftragung des Sachverständigen für die Erstellung eines Gutachtens durch private Personen, wie z .B. Verbraucher, Firmen, Versicherungen, Geld- oder sonstige Institutionen, ist zunächst die Art, der Umfang und die zu erbringende Gutachtenleistung im Einzelnen abzustimmen. Während im Gerichtsgutachten, wie auch bei einem selbständigen Beweisverfahren, die zu
beantwortenden Fragen bzw. der Leistungsumfang des Gutachtens vorgegeben wird, ist dies bei Privatgutachten in der Regel nicht der Fall. Aus diesem Grunde sind exakte Aufgabenbereiche des Gutachtenauftrages zu vereinbaren. Dies gilt auch für die Honorierung des Sachverständigen. Es gibt keine Gebührenordnung für Sachverständige, die im Privatauftrag tätig werden. Eine Ausnahme hiervon ist die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI).
Um späteren Streitigkeiten bzgl. der zu erstattenden Kosten aus dem Wege zu gehen, ist es deshalb erforderlich, vor Auftragsübernahme eine Kostenvereinbarung zu treffen, die nach Stundensätzen, zeitwertabhängigen Gesamtpauschalen oder Prozentualsätzen geregelt werden sollte. Hinzu kommen Kosten für Hilfskräfte und Nebenkosten, wie Fahrtkosten, Abwesenheitsgelder, Schreib-, Fotokopier- und Telefonkosten, sowie Übernachtungsaufwendungen, Mehrwertsteuer usw. Wurde keine Vereinbarung über das Honorar getroffen, wird das Honorar nach § 632 BGB als das übliche und angemessene Honorar ermittelt.
Kann ein übliches und angemessenes Honorar nicht festgestellt werden, wird die Vergütung nach § 319 BGB ermittelt bzw. festgestellt, d. h. die Leistungen werden durch Dritte nach billigem Ermessen bestimmt. Schließt der Sachverständige für die Erstellung eines Gutachtens einen Privatauftrag ab, unterliegt die Haftung gegenüber dem Auftraggeber anderen Voraussetzungen als bei einem Gerichts-
auftrag. Der Sachverständige trägt für Fehler in seinem Gutachten die volle Haftung.

©  Marc Husmann   Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers.