Freitag, 17. März 2017

Kommunale Wirtschaftstätigkeit

 Die Gemeinden übertreten im Rahmen ihrer Wirtschaftstätigkeit in den letzten Jahren verstärkt die Grenzen Ihres Gemeindegebietes. Durch die Liberalisierung des Energiemarktes haben die Gemeinden eine wesentliche Einnahmequelle verloren.  

Die Öffnung der monopolistische Märkte führt zu Einnahmeverluste , die die Kommunen durch die Erschließung neuer Märkteausgleichen wollen.

Mit der Zulässigkeit dieser Leistungsangebote hat sich die Rechtsprechung schon öfter beschäftigen müssen.

Der Landesgesetzgeber hat  auf die Veränderung der Wettbewerbssituation der Kommunalwirtschaft wie z.B. Stadtwerken oder Wasserversorgern reagiert und hat in Ihre Gemeindeordnung sogenannte Expansionsklauseln aufgenommen.

Bei der kommunalen Wasserversorgung geht es nicht um eine Gewinnmaximierung sondern um Belange des Allgemeinwohles.
Soweit man das Gewinnstreben als Motivation für die wirtschaftliche Betätigung in deren Definition mit aufnimmt, kann dieses  zumindest für eine staatliche Wirtschaftstätigkeit nicht herangezogen werden.  

Wenn Sie auch Gewinne abwerfen mag, so geht dieses  nicht aus der Gewinnerzielungs absicht der öffentlichen Hand hervor, sondern ist durch die Erfüllung von Allgemeinwohlbelangen motiviert.
Soweit die Wasserversorgung durch wirtschaftliche Betätigung der Kommunen erbracht werden kann, stellen die Aussagen des Grundgesetzes zur wirtschaftlichen Tätigkeit der öffentlichen Hand das Fundament dar, auf denen eine konkrete Ausgestaltung durch den Gesetzgeber  beruhen muss.  

Jede Regelung einer überörtlichen kommunalen Wasserversorgung muss sich also daran orientieren, was der Verfassungsgeber unter wirtschaftlicher Tätigkeit versteht, und welche Grundsätze diese Tätigkeit untermauert.
Aus dieser Offenheit des Grundgesetzes hat das BVerfG die „wirtschaftspolitische Neutralität des Grundgesetzes“ apostrophiert.

Die Tätigkeit der Mitgliedsstaaten und der Gemeinschaft nach Art. 2 EGV ist gemäß Art. 4 Abs. 1 EGV dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet. Nach Art. 2 EGV ist es die Aufgabe der Europäischen Gemeinschaft, einen gemeinsamen Markt zu errichten,der auf die Beseitigung aller Hemmnisse im inner gemeinschaftlichen Handel mit dem Ziel der Verschmelzung der nationalen Märkte zu einem einheitlichen Markt,dessen Bedingungen denjenigen eines Binnenmarktes möglichst nahe kommen.

Dieser Markt setzt die wirtschaftlichen Freiheitsgrundrechte der Berufsfreiheit, der Vertragsfreiheit und der Wettbewerbsfreiheit voraus. Im Zuge der Verwirklichung dieses Ziels sind sowohl die Vorschriften  des Kommunalwirtschaftsrechts wie des Verwaltungsrechts heute zum ganz überwiegenden Teil durch das Gemeinschaftsrecht geprägt bzw. durch gemeinschaftsrechtliche Rechtsakte veranlasst. Dabei wurden auf Grund europäischer Vorgaben Bereiche der Daseinsvorsorge dem Wettbewerb geöffnet, in denen der Staat und die Kommune sowie deren Unternehmen bisher über Monopolstellungen verfügten.

Durch die Einrichtung des Anschluss- und Benutzerzwangs zu Gunsten des Versorgungsunternehmens durch die Gemeinde verleiht sie dem Unternehmen ausschließliche Rechte im Sinne des Art. 86 Abs. 1 EGV. Dieses kartellrechtlich zulässige Gebietsmonopol widerspricht der in Art. 3 Abs. 1lit.g EGV ausgesprochenen Verpflichtung der Gemeinschaft zur Schaffung eines unverfälschten Wettbewerbs im Binnenmarkt.

Europäische Betrachtung 


Der EuGH hat festgestellt, dass eine ausschließliche Abnahmeklausel in einem Vertrag mit einem lokalen Versorgungsunternehmen wettbewerbsbeschränkende Wirkung hat und gemäß den Kriterien der so genannten Bündeltheorie, die Vielzahl gleichartiger Verträge auf Grund ihrer kumulativen Wirkung den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten beeinträchtigt.
Das vergleichbar flächendeckende System von Demarkations-und Konzessionsverträgen in Deutschland nach §§ 103, 103a GWB a.F. wird deshalb als Verstoß gegen das Verbot wettbewerbsbeschränkender Vereinbarungen im Sinnevon Art. 81 EGV angesehen.

Nach Art. 86 Abs. 2 Satz 1 EGV gelten für Unternehmen, die mit Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betraut sind oder den Charakter eines Finanzmonopols haben, die Vorschriften des EGV,insbesondere die Wettbewerbsregeln, soweit die Anwendung dieser Vorschriften nicht die Erfüllung der ihnen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert.

Eine Unterscheidung zwischen öffentlichen und privaten Unternehmen findet dabei nicht statt.

Um zur Anwendung dieser Vorschrift zugelangen, müssten die Wasserversorgungsunternehmen Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringen. Der Begriff „Dienstleistung“ist dabei weiter gefasst als der Dienstleistungsbegriff des Art. 50 EGV.

So werden auch Warenlieferungen erfasst. Der Anhang II der Mitteilung der Kommission zu
„Leistungen der Daseinsvorsorge“ aus dem Jahre 2000 enthälteine Begriffsbestimmung, wonach der Begriff „marktbezogene Tätigkeit, die im Interesse der Allgemeinheit erbracht und daher von den Mitgliedsstaaten mit besonderen Gemeinwohlverpflichtungen verbunden werden“ erfasst. 

Grünbuch der Kommission 
  
Das Grünbuch der Kommission zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse aus dem Jahr 2003 legt diese Definition ebenfalls zugrunde. Der EuGH hat für die Einordnung unter die Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse an das öffentliche Interesse der Mitgliedsstaaten angeknüpft.

So liegt eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse vor, wenn die Leistung “ohne Rücksicht auf die besondere Situation oder die Wirtschaftlichkeit des konkreten Einsatzes flächendeckend und zu jeder Zeit, zu einheitlichen Benutzungsentgelten und bei gleicher Qualität sicherzustellen“ ist.

Bei der Bereitstellung von flächendeckenden, gegebenen falls auch unrentablen Leistungsangeboten spricht man von Universaldienstleistungen.
Bei Zugrundelegung dieser Umschreibungen ist die Wasserversorgung nach allgemeiner Ansicht eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse. 


AVBWasserV



Den Kommunen steht es grundsätzlich frei, ob sie die Benutzung der kommunalen Einrichtungen öffentlich-rechtlich durch Satzung oder privatrechtlich durch Vertrag regeln.

Der Bundesminister für Wirtschaft hat mit der „Verordnung über allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser“ (AVBWasserV) eine Verordnung für die Ausgestaltung des Benutzerverhältnisses bei Wasserversorgungsunternehmen erlassen.

Sie erfasst sowohl öffentlich-rechtliche wie privatrechtliche Benutzerverhältnisse.

Damit greift die AVBWasserV tief in die gemeindliche Gestaltungsfreiheit der Kommunen ein.
Die Regelungen der AVBWasserV über Art und Umfang der Versorgung, Benachrichtigung bei Versorgungsunterbrechung, Haftung  bei Versorgungsstörungen, Hausanschlüssen,Kundenanschlüssen, Verwendung des Wassers, Einstellung der Versorgung u.ä. sind deshalb allgemein und ungeachtet der rechtlichen Ausgestaltung des Benutzerverhältnisses anzuwenden.

Soweit kommunale Satzungen diesen Regelungen der AVBWasserV nicht entsprachen, waren sie entsprechend anzupassen.

Die AVBWasserV ist am 1. April 1980 in Kraft getreten.

Mit dieser Verordnung wurden die unterschiedlichen Regelungen teils privatrechtlicher und teils öffentlich-rechtlicher Versorgungsverhältnisse für Trinkwasser auf eine einheitliche Grundlagegestellt.  

Der Grund zum Erlass dieser Verordnung war die Verbesserung der Rechtstellung des Betreibers als mündigen Bürger, als Verbraucher und hier insbesondere als Vertragspartner gegenüber einem wirtschaftlich weit überlegenen Geschäftspartner bzw. gegenüber einem Satzungsgeber, der das Vertragsverhältnis als eine Art Über- und Unterordnungsverhältnis hoheitlich geregelt hatte.



Begriffsbestimmung:

Daseinsvorsorge

Der Begriff Daseinsvorsorge geht auf Forsthoff zurück und beschreibt , „alles was von Seiten derVerwaltung geschieht um die Allgemeinheit oder nach objektiven Merkmalen bestimmtenPersonenkreisen in den Genuss nützlicher Leistungen zu versetzen“.

Der europäische Gesetzgeber formuliert weiterhin
Leistungen der Daseinsvorsorge (oder gemeinwohl orientierte Leistungen) sind marktbezogene oder nicht marktbezogene Tätigkeiten, die im Interesse der Allgemeinheit erbracht und daher von den Behörden mit spezifischen Gemeinwohlverpflichtungen verknüpft werden.
Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse
Dieser Begriff bezeichnet marktbezogene Tätigkeiten, die im Interesse der Allgemeinheit erbracht und daher von den Mitgliedstaaten mit besonderen Gemeinwohlverpflichtungen verbunden werden. Gemeint sind insbesondere Verkehrs,Energieversorgungs- und Telekommunikationsdienste.



Generell überlässt es das Gemeinschaftsrecht den Mitgliedstaaten,festzulegen, ob sie öffentliche Dienstleistungen direkt oder indirekt (durchandere öffentliche Einrichtungen) selber erbringen oder die Leistungserbringung einem Dritten überlassen wollen.
Wird eine wirtschaftliche Tätigkeit mit einer Gemeinschaftsdimension ausgeübt, garantiert die Einhaltung der Regeln und Grundsätze des Vertrags, mit denen Gleichbehandlung und fairer Wettbewerb zwischen (öffentlichen und privaten) Betreibern sichergestellt werden sollen, die den festgelegten Anforderungen entsprechen, dass diese Leistungen unter den wirtschaftlich günstigsten auf dem Markt erreichbaren Bedingungen erbracht werden.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Kommission keine staatlichen Beihilfen genehmigen kann, die mit anderen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts in Widerspruch stehen.

Hier ist die Kommission der Ansicht, dass die Einhaltung der Regelungen der Richtlinie 92/50/EWG des Rates und der Regeln und Grundsätze des Vertrags, wie in der Mitteilung der Kommission zu Auslegungsfragen im Bereich Konzessionen im Gemeinschaftsrecht niedergelegt, das Risiko erheblich verringern wird, dass das Vergabeverfahren anderen Vertragsbestimmungen entgegensteht als den Artikeln 86 bis 88.

Im Mittelpunkt dieser Bewertung der  wird die Einhaltung der Verpflichtungen, nach Ländern und Sektoren, in folgenden drei Hauptkategorien von Gemeinwohlverpflichtungen stehen:  

Verpflichtungen hinsichtlich Zugang, in Bezug auf Universaldienste – und hier speziell die Regulierung der Preisgestaltung und die Frage der Erschwinglichkeit – sowie qualitative und soziale Aspekte derLeistungserbringung.


Kommunale Beihilfen: 

Grundsätzlich muss über alle Ausgleichszahlungen, die als Beihilfe zu betrachten
sind, Mitteilung gemacht werden. Gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofs




Bundeskartellamt:

Aus der Sicht des Bundeskartellamtes besteht ein Trend der Rekommunalisierung im Sinne einer zunehmenden (Wieder-)Aufnahme von wirtschaftlichen Versorgungsaktivitäten durch Kommunen bzw. der öffentlichen Hand.

Der Staat hat sich im Vergleich zu Privaten in der Vergangenheit selten als besserer Unternehmer erwiesen, u.a. weil er andere, übergeordnete Zielsetzungen verfolgt, andere Handlungsmöglichkeiten hat und auch anderen Schranken unterliegt als das freie Unternehmertum.
Aus ordnungspolitischerSicht bedarf die wirtschaftliche Betätigung des Staates einer besonderen Rechtfertigung. (Stellungnahme  des Bundeskartellamtes zur öffentlichen Anhörung des Wirtschaftsausschusses des Deutschen Bundestages zur Rekommunalisierung der Energieversorgung)

Trinkwasserversorgung:

Im Bereich der Wasserversorgungsunternehmen sind etwa 4000 kleine kommunale Unternehmen tätig, mit einer Wasserabgabe von weniger als 200.000 qm / Jahr.
Dieses entspricht einem Trinkwasserbedarf einer Gemeinde mit etwa 4000 Einwohnern.
Die Anzahl der kleinen Versorgungsunternehmen wird als ökonomischer Nachteil empfunden. Die daraus resultierende Folge sind die höchsten Wasserpreise in Europa.
Es sind nicht nur Umsatzeinbußen von privaten Unternehmen aufzuführen, sondern auch das kommunale Unternehmen, auf Steuergeldbasis Maschinen anschaffen und eine Logistik aufbauen und dadurch erst einmal in die Lage versetzt werden am Markt teilzunehmen.
Dabei handelt es sich schon um eine Wettbewerbsverzerrung,die nicht gerechtfertigt werden kann.
Zudem beherrschen  Kommunen den Markt für die Vergabe von örtlichen Wegerechten. Sie dürfen diese marktbeherrschende Stellung nicht entgegen den Verboten der §§ 19, 20 GWB  ausnutzen.

©  Marc Husmann   Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers.