Sonntag, 13. August 2017

Beweislast des Werkunternehmers Rohrinnensanierung

Oberlandesgericht Frankfurt am Main
Urt. v. 28.10.2015, Az.: 16 U 56/15
Beweislast des Werkunternehmers für Ungefährlichkeit verwendeter Baustoffe (hier: Epoxidharz für Rohrinnensanierung)

Verfahrensgang:

vorgehend:
LG Frankfurt am Main - 13.02.2015 - AZ: 2-31 O 205/12

Anmerkung:

Ein Rechtsmittel ist nicht bekannt geworden.

OLG Frankfurt am Main, 28.10.2015 - 16 U 56/15

Tenor:

Die Berufung der Beklagten und Widerklägerin gegen das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 13. Februar 2015 (2-31 O 205/12) wird zurückgewiesen.
Die Beklagte und Widerklägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Dieses Urteil und das vorgenannte Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte und Widerklägerin kann die Vollstreckung der Klägerin und Widerbeklagten aus dem Urteil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Klägerin und Widerbeklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 37.680,93 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Parteien streiten um Ansprüche aus der Beendigung eines Vertrages über die Rohrinnensanierung der Trinkwasserleitungen in der Wohnungseigentümergemeinschaft der Klägerin und Widerbeklagten. Die Beklagte ist ein Unternehmen auf dem Gebiet der Haustechnik mit Schwerpunkt Installation und Sanierung von Trinkwasserleitungen. In der nach Wohnungseigentumsgesetz geteilten Liegenschaft der Klägerin war Bedarf nach Sanierung der Trinkwasserleitungen aufgetreten, da diese schadhaft geworden waren. Für die Klägerin bat deren Verwaltungsbeiratsmitglied A die Beklagte um Abgabe eines Angebots zur Rohrinnensanierung, das die Beklagte am 17. November 2010 erteilte. Die Sanierung sollte danach nach dem sog. LSE-System erfolgen, das im Angebot weiter beschrieben wird. Danach sollte nach Glattschleifen der Rohre von innen nach deren Aufwärmung das Epoxidharz LSE-001 zur Innenbeschichtung eingeblasen werden. Das Angebot enthält auf Seite 3 in Fettdruck folgenden Hinweis:
"Wir weisen Sie explizit darauf hin, dass das LSE-System als einziges Unternehmen die Zulassung nach Leitline A1 des Umweltbundesamtes für das Epoxidharz Typ LSE-0001 NA besitzt."
Ferner wird auf Seite 1 des Angebots Bezug genommen auf die "derzeit gültige VOB/B" und unter der Bemerkung "Gewährleistung" auf § 13.1 VOB/B. Die Verfahrensbeschreibung in Ziffer 4 enthält ferner im Hinblick unter lit h) den Hinweis in Fettdruck:
"Zugelassen nach UBA Leitlinie A1, Umweltbundesamt"
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf Anlage K 1, Bl. 8 ff. d.A. Bezug genommen. Das Epoxidharz wurde von der Beklagten seit vielen Jahren eingesetzt und enthält Bisphenol A und Epichlorhydrin. Die Listung des genannten Harzes auf der Anlage der Epoxidharz-Leitlinie A 1 des Umweltbundesamtes lief im September 2010 aus. Eine Verlängerung der Listung durch den Hersteller ist nicht beantragt worden.
In der Folgezeit kam es zu Gesprächen zwischen den Beteiligten über das Sanierungsverfahren. Am 27. April 2011 beantwortete die Beklagte schriftlich einen Fragenkatalog der Klägerin vom 31. März 2011. Dort heißt es u.a. in Ziffer 2:
"Wir wurden als einzige mit dem LSE-System beim Umweltbundesamt für unser Epoxidharz gelistet bis Ende 2010. Wir arbeiten nach den Richtlinien W 545 und wir sind als einzige mit dem LSE-System durch die KIWA zertifiziert Somit ist die Trinkwasserverordnung 2001 Gesetz."
Wegen der Einzelheiten wird auf Anlage K 13, Bl. 42 f. d.A. Bezug genommen. Schließlich beschloss die Klägerin auf ihrer Eigentümerversammlung am 17. Juni 2011 nach einer Präsentation der Beklagten die Durchführung der Arbeiten zu den Bedingungen des erteilten Angebots. Die Klägerin nahm auf dieser Grundlage durch ihre Hausverwaltung am 18. Juli 2011 das Angebot der Beklagten vom 17. November 2010 an. Auf Anlage K 2, Bl. 12 d.A. wird Bezug genommen. Als Arbeitsbeginn war der 15. August 2011 vereinbart. Die Klägerin bekam kurz vor Beginn der Arbeiten von einem Mieter den Hinweis, dass das Gesundheitsamt Stadt1 am 20. Juli 2011 schriftlich die Information gegeben habe, dass das Verfahren der Beschichtung der Trinkwasserrohre vom Gesundheitsamt als "kritisch angesehen werde", die hierfür grundlegenden Arbeitsblätter der Deutschen Vereinigung des Gas- und Wasserfaches e.V. (nachfolgend DVGW) "ersatzlos zurückgezogen seien" und "derzeit keine allgemeinen Regeln der Technik für dieses Verfahren zur Verfügung stünden." Am 12. August 2011 forderte die Klägerin die Beklagte anwaltlich zur Stellungnahme zum Wegfall der Listung des Epoxidharzes und zur Vorlage eines Nachweises von dessen gesundheitlichen Unbedenklichkeit auf und teilte mit, dass die Arbeiten nicht wie vereinbart am 15. August 2011 begonnen werden könnten, sondern bis zur Klärung der aufgetretenen Frage zu verschieben seien. Mit Anwaltsschreiben vom 18. August 2011 lehnte die Beklagte die Verschiebung der Arbeiten mit Hinweis auf die Unbedenklichkeit der Verwendung des Epoxidharzes für die Gesundheit der Trinkwasserverbraucher als Beschichtungsmaterial ab, forderte die Klägerin zur Ermöglichung der für den 15. August vereinbarten Sanierungsarbeiten auf, setzte der Klägerin eine Erklärungsfrist bis zum Abend des 18. August und teilte mit, sie sehe sich nach Fristablauf nicht mehr an den Vertrag gebunden. Am Abend des 18. August 2011 lehnte die Klägerin die Entgegenahme der Leistung ab und verweigerte den Zugang zur Liegenschaft. Anfang September 2011 erhielt die Beklagte und auch die Klägerin vom Wasserversorger B ... ein Schreiben, in dem die Beklagte aufgefordert wurde, die Sanierung häuslicher Trinkwasserleitungen durch eine Epoxidharz-Beschichtung zu unterlassen (K 6, Bl. 20 d.A.).
Die Beklagte hatte am 3. Juli 2012 Widerklage erhoben, die am 9. Juli 2012 zugestellt worden ist.
Wegen des streitigen Sachverhalts und der im Verfahren vor dem Landgericht gestellten Anträge wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat durch Urteil vom 13. Februar 2015 der Zahlungsklage der Klägerin ganz überwiegend stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Landgerichts Bezug genommen.
Gegen dieses der Beklagten am 18. Februar 2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 17. März 2015 Berufung eingelegt, die sie mit am Montag, den 20. April 2015 begründet hat.
Die Beklagte rügt Verfahrens- und Rechtsfehler des Landgerichts. Es habe die im Schriftsatz vom 16. Juli 2012 vorgetragenen Bedenken gegen die fachliche Qualifikation des vom Gericht vorgeschlagenen Sachverständigen nicht berücksichtigt und vor Ablauf der vom Gericht hierzu gesetzten Frist den vom Gericht vorausgewählten Sachverständigen bestellt. Das Gutachten sei in der Sache auch fehlerhaft, es weise methodische Fehler auf, im Übrigen verfüge der bestellte Gutachter keine Fachkunde bezüglich der Rohrinnensanierung. Im Übrigen sei die Beweiserhebung überflüssig gewesen. Die Beklagte behauptet, die Rohrinnensanierung mit dem im Angebot benannten Epoxidharz entspreche nach wie vor den anerkannten Regeln der Technik und halte die Anforderungen der Trinkwasserverordnung ein. Das Verfahren führe nicht zur Abgabe von zu hohen Mengen von Bisphenol A und Epichlorhydrin ins Trinkwasser. Hierzu beruft sie sich auf Wasserproben des ... Instituts Anfang März 2012 aus einem von ihr sanierten Referenzprojekt. Auf Bl. 162 ff. wird Bezug genommen. Von den nach diesem Verfahren sanierten Leitungen gehe keine Gesundheitsgefahr für das Trinkwasser aus. Die Herstellerrezeptur habe sich seit Wegfall der Listung nicht verändert, der Hersteller habe lediglich nicht die Neulistung beantragt, was jederzeit möglich sei. Sie legt ferner zur Zertifizierung die Übersetzung eines Schreibens der Kiwa Niederland B.V. vom 15. September 2010 vor, in dem diese die Einhaltung der Kiwa Bewertungsrichtlinie BRL-K 759/01 für "Beschichtungssysteme für den Trinkwassereinsatz" bestätigt. Auf Bl. 170 d.A. wird Bezug genommen. Die Unbedenklichkeit des Verfahrens ergebe sich auch aus der Stellungnahme des Umweltbundesamtes vom 11. Dezember 2012 (Bl. 176 f.), die in der Sache unstreitig ist. Aus einer ganz neuen Information des Umweltbundesamtes vom 27. März 2015 lasse sich entnehmen, dass die tolerierbaren Aufnahmemengen für den Stoff Bisphenol A im Hinblick auf die tolerierbaren Aufnahmemengen überarbeitet seien und danach die Innenbeschichtung von Trinkwasserinstallation mit Stoffen wie dem verwandten Epoxidharz grundsätzlich unbedenklich sei. Das Verfahren werde seit 1987 in Deutschland beanstandungsfrei angewandt. Sie ist der Ansicht, die Klägerin trage die Beweislast für das Bestehen von Gesundheitsgefahren. Da der Klägerin der Wegfall der Listung aufgrund der Stellungnahme der Beklagten vom 27. April 2011 zu den Fragen der Klägerin bekannt gewesen sei, schließe dies jedenfalls das Verschulden der Beklagten für eine etwa bestehende Pflichtverletzung aus. Die Klägerin ist weiter der Ansicht, der Inhalt der Leistungspflicht sei nicht das Durchführen von Arbeiten nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik gewesen, sondern Vertragsgegenstand sei das im Angebot vom 17. November 2010 benannte konkrete Verfahren zur Rohrinnensanierung. Auf die Listung des Epoxidharzes nach der Beschichtungsleitlinie des Umweltbundesamtes komme es nicht entscheidend an. Die Beweisaufnahme des Landgerichts sei im Übrigen überflüssig gewesen, das Gutachten in der Sache fehlerhaft. Im Übrigen verlange die Trinkwasserverordnung bei Sanierungsmaßnahmen nicht generell die Einhaltung der anerkannten Regeln der Technik, ausreichend sei, dass nach Durchführung der Sanierung von der Trinkwasseranlage keine Gesundheitsgefahren ausgingen. Unerheblich sei auch die Frage, ob die B AG als örtlicher Wasserversorger die Ausführung der Arbeiten habe untersagen dürfe, was im Übrigen auch nicht der Fall sei.
Die Beklagte beantragt:
Unter teilweiser Abänderung des am 13. Februar 2015 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt Az.: 2-31 O 205/12 wird die Klage in vollem Umfang abgewiesen und die Klägerin und Widerbeklagte verurteilt, an die Beklagte und Widerklägerin EUR 35.310,87 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 9. Juli 2012 zu zahlen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Die Berufung wurde form und fristgereicht eingelegt und begründet (§§ 517 ZPO, 520 Abs. 2 Satz 1, 222 Abs. 1 ZPO, §§ 187, 188 Abs. 2 BGB). Da das Ende der Begründungsfrist auf einen Samstag fiel, konnte diese noch wirksam am darauf folgenden Montag, den 20. April 2015, eingelegt werden (§ 222 Abs. 2 ZPO).
Die Berufung ist unbegründet. Das Urteil des Landgerichts erweist sich jedenfalls im Ergebnis als zutreffend. Zu Recht hat die Kammer des Gerichts dem Zahlungsantrag wie tenoriert stattgegeben (2.) und die Widerklage abgewiesen (1.).
1.
Die Widerklage ist unbegründet. Die Beklagte hat gegen die Kläger keine Zahlungsansprüche aus dem Vertrag. Umfang und Gegenstand der Leistungspflichten der Beklagten ergeben sich aus dem zwischen den Parteien aufgrund Angebot der Beklagten vom 17. November 2010 und der darauf bezogenen Annahmeerklärung der Klägerin vom 18. Juli 2011 geschlossenen Werkvertrag. Dabei hatten die Parteien als Fixtermin für den Beginn der Sanierungsmaßnahme den 18. August 2011 vereinbart und Bezug auf Regelungen der VOB/B genommen.
Der Vertrag unterliegt vorliegend aber dennoch den allgemeinen Regeln des Zivilrechts und nicht der VOB/B. Zwar spricht die Bezugnahme im Angebot der Beklagten auf die VOB/B ganz allgemein und weiter konkret auf die Gewährleistungsregelung des § 13.1 VOB/B zunächst für die Unterstellung des Vertrages unter die Regelungen der VOB/B, da diese Zivilrecht vorgehen (Werner/Pastor, Der Bauprozess, 15. Auflage 2015, Rz 1240). Da es sich bei der Klägerin aber um eine um aus natürlichen Personen bestehende Wohnungseigentümergemeinschaft handelt, für die von einer Vertrautheit mit dem VOB/B-Regelwerk nicht ohne weiteres ausgegangen werden kann, wäre es vorliegend für die Vereinbarung des VOB/B-Regelwerks erforderlich gewesen, dass diese von der Beklagten vor Vertragsabschluss in die Lage versetzt worden war, sich in geeigneter Weise Kenntnis von der VOB/B zu verschaffen, z.B. durch Übermittlung des Regelwerks oder Erläuterung vor Vertragsschluss (Werner/Pastor aaO, Rn 1250 mwN). Anhaltspunkte dafür sind von den Parteien nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich. Die Parteien gehen offenbar selbst auch nicht von der Geltung der VOB/B aus, da ihre Verfahrensbevollmächtigten zu den einschlägigen Rechtsgrundlagen hierzu beide nicht vortragen. Auch nach dem vorgelegten Protokoll der Eigentümerversammlung vom 17. Juni 2011 ergibt sich keine Befassung der Klägerin mit den Regeln der VOB/B.
Der Beklagten stehen die widerklagend geltend gemachten Vergütungs- und Schadensersatzansprüche nicht nach §§ 643, 642 BGB i.V. m. 654 Abs. 1 Satz 2 und 1 BGB oder aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten zu.
aa) Die Beklagte war nicht zur Kündigung des Vertrages nach § 643 BGB berechtigt, da die Klägerin durch die Versagung des Zutritts zur Wohnungseigentümeranlage am vereinbarten Ausführungstag, dem 15. August 2011, nicht in Annahmeverzug war (§§ 293, 294 BGB). Denn der Klägerin war die Leistung nicht so angeboten worden, wie sie sie nach dem Vertrag zu bewirken war (§ 294 BGB). Das streitgegenständliche Verfahren zur Rohrinnensanierung entsprach zu diesem Zeitpunkt nicht den vertraglich festgelegten Anforderungen für die Leistung. Denn danach schuldete die Beklagte die Rohrinneninnensanierung mit einem Werkstoff, der auf der Leitlinie A 1 des Umweltbundesamts als unbedenklich Werkstoff ausgewiesen ist und anderseits nach einem Verfahren, das den Anforderungen der Trinkwasserverordnung bezogen auf die Leistungszeit im August 2011 entsprach.
Erfolglos bleibt die Beklagte in der Berufung mit dem Argument, die Parteien hätten für die Erbringung der Leistung sich vertraglich von vorneherein nur auf das im Angebot vom 17. November 2010 beschriebene Verfahren zur Rohrinnensanierung geeignet, dieses sei jederzeit ausführbar gewesen. Bereits dem Wortlaut des von der Klägerin angenommenen Angebots vom 17. November 2010 in Ziffer 4. lit. h) und auf Seite 3 bei den Hinweisen entnimmt der Senat die Zusicherung der Beklagten, das zu verwendende Epoxidharzes LSE-001 NA sei auf der Leitlinie A 1 des Umweltbundesamt als unbedenklicher Werkstoff ausgewiesen. Da dies bei Anbietung der Werkleistung zum Fixtermin unstreitig nicht der Fall war, erfüllte die Auskleidung der Trinkwasserrohre mit einem Werkstoff, der dort nicht gelistet war, nicht diese ausdrücklich vertraglich zugesicherten Anforderungen. Unerheblich dabei ist, dass lediglich die Listung des Werkstoffs ausgelaufen war. Denn die Beklagte hat die Listung jedenfalls vertraglich zugesagt. Die Klausel läßt sich auch nicht aus dem Gesamtkontext der getroffenen Absprachen oder den näheren Umständen der Vertragsverhandlungen einschränkend nach §§ 133, 157, 242 BGB auslegen. Dagegen spricht bereits, dass der Wortlaut des Angebots - trotz der langen Überlegungs- und Prüfungsphase - von der Beklagten nicht vor Abschluss des Vertrages am 19. Juli 2011 geändert wurde, obwohl diese vom Wegfall der Listung zu diesem Zeitpunkt wusste. Es werden auch keine Anhaltspunkte vorgetragen, dass hierzu mündlich anderweitige Absprachen getroffen worden sind. Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass u.a. auf der Wohnungseigentümerversammlung vom 17. Juni 2011 das auszuführende Verfahren weiter erläutert und erklärt worden ist. Dem Protokoll oder dem Vortrag der Beklagten lässt sich aber nicht entnehmen, dass der Wegfall der Listung des Epoxidharzes auf der Werkstoff liste des Umweltbundesamts dort oder zu einem anderen Zeitpunkt den Eigentümern erläutert worden ist. Gerade weil dies im Angebot in Fettdruck besonders herausgestellt war und es offenkundig ist, dass die Unbedenklichkeit der bei der Rohrinnensanierung verwendeten Werkstoffe für den Vertragsschluss für die Nutzer der Trinkwasserleitungen ein besonders wichtiger Umstand ist, hätte dies der Klägerin näher erläutert werden müssen. Auch den weiteren von der Beklagten dazu vorgelegten Unterlagen, lässt sich auf Seiten der Klägerin eine Willensbildung über die Änderung des Inhalts der Leistungspflichten der Beklagten nicht erkennen. Dem Hinweis "...gelistet bis Ende 2010." in Ziffer 2. der schriftlichen Antworten auf den Fragenkatalog der Kläger vom 31. März 2011 (Anlage K 13, Bl. 42 d.A.) kommt dabei entgegen den Ausführungen der Berufung keine vertragsändernde Bedeutung zu. Denn allein aus der Vorlage dieser Antwortenliste ergibt sich nicht, welche Bedeutung dies für Willensbildung der Klägerin bei Annahme des im Text unveränderten Angebots der Beklagten gehabt hat. Weder wird ausgeführt, an welche vertretungsberechtigten Organe der Klägerin dieser Hinweis konkret gerichtet war, ob und mit welchen Personen hierüber in der Sache gesprochen worden ist und der Klägerin in diesem Zusammenhang die Tragweite des Hinweises überhaupt zur Kenntnis genommen hat. Denn der Hinweis in der Auflistung der Antworten zu den Qualitätsstandards ist nicht besonders herausgestellt, was mit Blick auf das Gewicht der Regelung erforderlich wäre, sondern eher beiläufig in den Wortlaut eingefügt. Er wird im Übrigen in das Angebot der Beklagten auch nicht textlich übernommen, was mit Blick auf die Hervorhebung der Zusicherung mit Fettdruck aus Sicht einer alle wesentlichen Umstände bedenkenden Vertragspartei geboten gewesen wäre.
bb) Nicht gehört werden kann die Beklagte ferner mit dem Argument, die Kläger habe die Durchführung der Rohrinnensanierung unter Verwendung des nicht mehr auf der Liste der unbedenklichen Werkstoffe enthaltenen Epoxidharzes dulden müssen, weil von diesem Werkstoff keine Gesundheitsgefahren für die Nutzer der Trinkwasserleitungen nach der Sanierung ausgehen würde. Es sei deshalb Sache der Klägerin zu beweisen, dass gesundheitsgefährdende Mengen von Epichlorhydrin und Bisphenol A nach der Sanierung in das Trinkwasser gelangen würden. Diese Argumentation verkennt, dass grundsätzlich der Werkunternehmer das sog. Systemrisiko dafür trägt, dass das von ihm gewählte Verfahren für den Vertragszweck geeignet ist, es sei denn der Besteller hat dieses Risiko ausdrücklich übernommen, wofür aus den genannten Gründen vorliegend nichts spricht. Die Beklagte kann diesen Beweis auch nicht unter Hinweis auf eine frühere Sanierungsmaßnahme aus dem Jahr 2008 und die dort erreichten Stoffabgaben in den vom ...-Instituts in einer Untersuchung vom 30. Januar 2012 vorgelegten Wasserprobenahme in einem Objekt in Stadt2 führen. Denn die Angaben zu der dort vorhandenen Beschaffenheit des Trinkwassers sind für die hier streitgegenständliche noch durchzuführende Sanierung unerheblich. Soweit sich die Beklagte für den Nachweis der Unbedenklichkeit des Produkts auf ein Zertifikat der Kiwa Niederland B.V. datierend vom 1. Februar 2010, ausgestellt am 15. September 2010 (170 d.A.) bezieht, ist diese Unterlage jedenfalls für den Zeitpunkt der Durchführung der Arbeiten im August 2011 nicht ergiebig. Denn sie gibt offensichtlich den Sachstand für den Zeitpunkt des Ende der Listung des Epoxidharzes im September 2010 wieder und nicht den Sachstand bei Angebot der Leistung im August 2011, auf den es hier ankommt. Auch die neue Bestätigung des Herstellers vom 2. Dezember 2011 (Bl. 175) trägt die Argumentation der Beklagten nicht. Danach wird zwar klargestellt, dass die Rezeptur des streitgegenständlichen Epoxidharzes in der Rezeptur auch nach Wegfall der Listung unverändert geblieben ist. Dennoch wird vom Hersteller den Anwendern die Auflage erteilt, nach Einsatz des Produkts vor und nach der Sanierung mit dem LSE-System "die entsprechenden trinkwasserhygienische Untersuchungen über ein akkreditiertes Prüfinstitut durchzuführen". Damit übernimmt der Hersteller gerade ausdrücklich nicht mehr die Garantie für die trinkwasserhygienische Unbedenklichkeit des Verfahrens, sondern diese wird auf den Betreiber der Trinkwasseranlage abgewälzt, da diesem die Durchführung einer trinkwasserhygienischen Untersuchung nach Abschluss der Arbeiten aufgegeben wird. Dieses Risiko haben die Kläger aber nach dem klaren Wortlaut des Werkvertrages nicht übernommen. Schon aus diesem Gesichtspunkt erweist sich die Widerklage als unbegründet.
cc) Es kann im Übrigen auch nicht festgestellt werden, dass das von der Beklagten langjährig verwandte Verfahren zur Rohrinnensanierung im maßgeblichen Leistungszeitpunkt August 2011 den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entsprach, was neben der Einhaltung der vertraglichen Zusagen zur Listung des Werkstoffs der Maßstab für die Werkleistung der Beklagten ist. Maßgeblich war im August 2011 dabei die Trinkwasserverordnung 2001. Dies war offenbar auch der Beklagten bekannt, denn sie nimmt in der Antwortenliste vom 27. April 2011 (Anlage K 13) hierauf Bezug und hebt hervor: "Somit ist und bleibt die TrinkwasserV 2001 Gesetz." Nach § 17 Abs. 1 TrinkwV sind Anlagen für die Verteilung von Trinkwasser mindestens nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu planen, zu bauen und zu betreiben. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Trinkwasserverordnung dürfen Werkstoffe, die für die Instandhaltung von Trinkwasseranlagenverwendet werden und in Kontakt mit Trinkwasser treten, keine Stoffe in Mengen ins Trinkwasser abgeben, die größer sind, als dies bei Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik unvermeidbar ist. Nach § 17 Abs. 2 Satz 2 TrinkwV haben Unternehmer oder Inhaber von Anlagen für die Verteilung von Trinkwasser sicherzustellen, dass bei der Instandhaltung nur Werkstoffe und Materialien verwendet werden, die diesen (in Satz 1 genannten) Anforderungen entsprechen. Nach der gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung versteht man unter den allgemein anerkannten Regeln der Technik Regeln, welche die herrschende Auffassung unter den technischen Praktikern wiedergeben (BVerfG Beschluss vom 8. August 1978 - 2 BvL 8/77 "Kalkar I" zitiert nach iuris, Rz 107 ff =BVerfGE 49, 89 (135) [BVerfG 08.08.1978 - 2 BvL 8/77]). Derartige Regeln müssen sich nach Meinung der Mehrheit der maßgeblichen Fachleute in der Praxis bewährt haben. Sie stellen die Summe der im Bauwesen anerkannten wissenschaftlichen, technischen und handwerklichen Erfahrungen dar, die durchweg bekannt und als richtig und notwendig anerkannt sind. Geboten ist eine Anerkennung in Theorie und Praxis. Die Regel muss in der Wissenschaft anerkannt und damit theoretisch richtig sein. Sie muss sich auch in der Praxis durchgesetzt haben (Werner/Pastor, Der Bauprozess, aaO, Rz 1966, mwN.). Sie wirken rechtlich bezogen auf ein danach anerkanntes Verfahren wie ein antizipiertes Sachverständigengutachten und begründen die widerlegliche Vermutung, dass ein danach anerkanntes Verfahren oder ein danach anerkannter Werkstoff den maßgeblichen öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht und ohne weitere Nachweise eingesetzt werden kann. Zu diesen Regeln gehören u.a. die Bestimmungen des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) (Werner/Pastor aaO Rz 1967). Von diesem Maßstab ausgehend ist bereits anhand der in diesem Rechtsstreit vorgelegten Publikationen offensichtlich, dass für das Verfahren der Rohrinnensanierung mit Epoxidharz jedenfalls im August 2011 kein fachlicher Konsens (mehr) bestanden hat. Dies entnimmt der Senat bereits unmittelbar aus den von der Beklagten selbst hierzu vorgelegten Publikationen. Danach war bei Anbietung der Leistung durch die Beklagte am 18. August der bestehende fachliche Konsens für das bis dahin erprobte Verfahren der Rohrinnensanierung mit Epoxidharz aufgegeben worden, ohne dass sich die Fachpraxis bereits eine neue, fachlich fundierte und allgemein anerkannte Meinung geformt hatte oder sich ein anderes Verfahren allgemein durchgesetzt hätte. Aus dem von der Beklagten vorgelegten Jahresbericht des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches (DVGW) aus dem Jahr 2001, ist zu entnehmen, dass am 24. Mai 2011 vom Lenkungsausschuss Wasserversorgung die technischen Regeln und Prüfgrundlagen zur Epoxidharzinnensanierung mit sofortiger Wirkung zurückgezogen sind, da die trinkwasserhygienischen und technisch relevanten Datengrundlagen fehlen. Dies betraf insbesondere das DVGW-Merkblatt W 548 (Bewertung der beschichteten Installation) und die DVGW-Prüfgrundlage VP 548 (Nachweis der Gebrauchstauglichkeit des Verfahrens). Sehr deutlich ist der Stand der fachlichen Diskussion und das im Zeitpunkt der geplanten Maßnahme im Jahr 2011 ferner dem Hintergrundpapier des Umweltbundesamts (UBA) zu Bisphenol A vom Juli 2010 (Bl. 243 ff. d.A.) zu entnehmen. Danach weist das UBA darauf hin, dass mit Blick auf Produkte, die Bisphenol A enthalten, - zwar noch "erhebliche Wissenslücken bestünden", es sich aber aus "fachlicher Sicht ein ausreichendes Besorgnispotential" ergebe (S. 13). Ferner wird ausgeführt, dass die verfügbaren Informationen zwar noch keine abschließende Beurteilung erlauben würden, wegen des möglichen Risikos aber ausdrücklich die Hersteller und Verwender von Bisphenol A in Produkten aufgefordert würden, ihre Stoffsicherheitsbewertung zu überprüfen (S. 13). Herstellern wird dabei empfohlen, "potentiell problematische Produkte durch harmlosere Alternativen zu ersetzen". Zwar entnimmt der Senat dem Hintergrundpapier auch die Einschätzung, dass bei dem Einsatz von Bisphenol A in Epoxidharzen, die zum Schutz von Trinkwasseranlagen vor Korrosion eingesetzt werden, bei sach- und fachgerechter Aufbringung nach deren Inbetriebnahme aufgrund der festen Bindung des Stoffs Bisphenol A im Harz regelmäßig keine bedenklichen Konzentrationen ins Trinkwasser abgeben würden (S. 7 UBA, Bl. 246 d.A.). Aber auch hier wird in diesem Zusammenhang auf die Produktliste der Beschichtungsleitlinie 2008 verweisen, die ja gerade im Jahr 2011 in der Sache Gegenstand der fachlichen Neubewertung war. Ein Betreiber einer Trinkwasseranlage konnte daher auch mit Blick auf die Empfehlung des Umweltbundesamts im Jahr 2011 offenbar nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass für das - bis dahin unbedenklich eingesetzte Verfahren - auch künftig ohne gesonderten Nachweis eine trinkwasserhygienische Unbedenklichkeit der mit Epoxidharz im Verfahren der Rohrinnensanierung sanierten Anlage gegeben sein würde. Denn es gab zu diesem Zeitpunkt eine fachliche Diskussion über den Neubewertungsbedarf bisher anerkannter Werkstoffe, die Fachverbände hatten aber im Jahr 2011 noch keine neue Empfehlung oder eine neue Positivliste von aus fachlicher Sicht ohne weiteres unbedenklicher Werkstoffen verabschiedet. Auch die weitere Stellungnahme des Umweltbundesamts von 11. Dezember 2012 (Bl. 176 d.A.) führt dazu lediglich aus, dass Hersteller von Produkten, die im Kontakt mit Trinkwasser stehen, die Übereinstimmung mit den Bewertungsgrundlagen der Trinkwasserverordnung durch ein Zertifikat eines akkreditierten Zertifizierers nachweisen können. Für Produktlisten bedenkenfreier Werkstoffe wird dagegen erst auf die Zukunft verwiesen, wobei die Aufnahme von Werkstoffen auf Antrag des Herstellers erfolgt. Wenn die Beklagte in ihrer Berufung darauf hinweisen, dass das UBA inzwischen mit Information vom 27. März 2015 die Grenzwerte für die Aufnahme von Bisphenol A zwar verringert hat, das Verfahren der Beklagten diese Grenzwerte aber weiterhin nicht überschreitet, ist dies für den vorliegenden Rechtsstreit unerheblich. Denn dieser Vortrag erfolgt in Blaue hinein, ohne dass diese Bewertung ihres Sanierungsverfahrens fachlich durch ein allgemein anerkanntes Prüfungsverfahren oder konkrete Untersuchungen gestützt werden können. Auf die Frage, ob das eingeholte Sachverständigengutachten durch einen hinreichend qualifizierten Gutachter erstellt worden ist und das Landgericht verfahrensfehlerhaft die innerhalb der Stellungnahmefrist vorgebrachten Einwände der Beklagten gegen die Qualifikation des Gutachters und entscheidungserheblich nicht berücksichtigt hat, kam es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht an. Denn die Frage, ob das gewählte Verfahren der Rohrinnensanierung mit dem Epoxidharz den anerkannten Regeln der Technik im Jahr 2011 genügte, konnte vorliegend ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens allein auf der Grundlage der von den Parteien vorgelegten Unterlagen entschieden werden. Das Landgericht hat bei der Erhebung des Beweises übersehen, dass es sich bei den allgemeinen Regeln der Technik und den allgemein anerkannten Regeln der Technik um antizipierte Sachverständigengutachten handelt, die - wenn ein Verfahren nach diesen Regeln ausgeführt wird -eine Beweislastumkehr zugunsten des ausführenden Unternehmens begründet (z.B. Werner/Pastor aaO, Rn 1966). Dabei kann es für ein Gericht zwar in vielen Fällen aufgrund der sich dabei stellenden technischen Fragen schwierig sein, den Bestand und die Geltung dieser Regeln für ein Verfahren aus eigener Sachkunde abschließend festzustellen. Im vorliegenden Fall war dies aber nicht erforderlich. Denn alle hierzu von den Parteien vorgelegten und in der Sache unstreitigen Unterlegen sind ohne weiteres auch für den Nichtfachmann aus sich heraus verständlich. Das Gericht entnimmt diesen ohne weiteres, dass es im Sommer 2011 überhaupt keinen allgemein Bestand an anerkannten Regeln der Technik für ein Verfahren der Rohrinnensanierung mit Epoxidharz gab.
cc) Auf die Frage, ob der Wasserversorger B AG berechtigt war die Ausführung der Sanierung unter Anwendung des LSE Verfahrens zu verbieten kam es vorliegend entgegen der Rechtsauffassung des Landgerichts ebenfalls nicht an. Zunächst handelt es sich hierbei - wie die Beklagtemit der Berufung zu Recht ausführt - um eine reine Rechtsfrage, die durch Anwendung der gültigen Rechtsvorschriften des WHG und der AVBWasserV des Bundes und nicht durch Zeugenbeweis aufzuklären war. Zu Recht weist die Beklagte im Übrigen darauf hin, dass weder das WHG noch die AVBWasserV oder andere Rechtsvorschriften eine Ermächtigungsgrundlage des Wasserversorgers für einen derart weitgehend Eingriff in die Berufsfreiheit der Beklagten enthalten. Insbesondere die §§ 12, 14 AVBWasserV) gestatten nicht die Untersagung von Baumaßnahmen durch den Wasserversorger.
2.
Soweit sich die Berufung gegen die Verurteilung zur Zahlung eines Betrages von EUR 2.370,06 nebst Zinsen hieraus wendet, erweist sich die Entscheidung im Ergebnis als richtig. Auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung wird Bezug genommen.
Da das Rechtsmittel der Beklagten erfolglos war, hat sie gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern.
Der Streitwert war gemäß § 3 entsprechend dem Wert der Beschwer wie erkannt festzusetzen. Der Gegenstandswert der Widerklage war für den Gebührenstreitwert nach § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG dem Gegenstandswert für die Klage hinzuzurechnen.