Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 6.
September 2012 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, die auf dem Grundstück ... straße … / … in Stadt1 in einer Entfernung
von 0,5 m bis 0,7 m von der Grenze zum Grundstück ... straße … errichteten beiden
Luftwärmepumpenanlagen (Luftwärmepumpen mit Außengehäuse) zu entfernen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in
Höhe von 10.000,00 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe
von 10.000,00 EUR leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens wird auf 15.000,00 EUR festgesetz.
Gründe
Die Parteien streiten darüber, ob zwei auf dem Beklagtengrundstück befindliche
Luftwärmepumpenanlagen beseitigt oder verändert werden müssen, weil sie zu nah am
Klägergrundstück errichtet wurden und unzulässige Geräuschimmissionen verursachen.
Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks ... straße … in
Stadt1. Auf den angrenzenden Grundstücken ... straße .. und …, die sich ebenso wie das
Klägergrundstück in einem reinen Wohngebiet befinden, ließ die Streitverkündungsempfängerin
A in den Jahren 2009 und 2010 zwei Mehrfamilienhäuser errichten, an denen sie
Wohnungseigentum begründete. Die Beklagte ist die Gemeinschaft der Eigentümer dieser
Wohnungen.
Die Eigentumswohnungen werden durch zwei Luftwärmepumpenanlagen mit Heizenergie
versorgt. Die Luftwärmepumpen sind jeweils mit einem Gehäuse versehen und durch eine
Betonplatte mit dem Beklagtengrundstück verbunden. Die etwa 2 Meter hohen Anlagen sind von
der Grenze zum Grundstück des Klägers 0,5 bis 0,7 Meter entfernt. Dies wurde von der Stadt1
als zuständiger Bauaufsichtsbehörde im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren gemäß § 57
HBO nicht beanstandet. Der Abstand zwischen den Anlagen und dem Wohnhaus des Klägers
beträgt 24,5 Meter.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Beklagte müsse die Luftwärmepumpenanlagen
beseitigen. Zum einen sei die Mindestabstandsfläche von 3 Metern gemäß § 6 Abs. 5 Satz 4 HBO
nicht gewahrt. Zum anderen seien die zulässigen Immissionsrichtwerte gemäß Nr. 6.1 lit. e der
Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) überschritten. Insoweit hat der Kläger
vorgetragen, auf der Grundstücksgrenze betrage der Schalldruckpegel „tagsüber deutlich über
50 dB(A) und nachts deutlich über 35 dB(A)“. Darüber hinaus seien die von den
Luftwärmepumpen ausgehenden Geräusche ihrer Art nach besonders störend; sie hätten eine
unangenehme Frequenz und träten – was als solches unstreitig ist - in unregelmäßigen
Abständen mit unterschiedlicher Zeitdauer auf.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, die in einer Entfernung von 0,5 m bis 0,7 m von der
Grundstücksgrenze errichteten beiden Luftwärmepumpenanlagen
(Luftwärmepumpen mit Außengehäuse) zu entfernen;
hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, durch entsprechende Maßnahmen
sicherzustellen, dass eine Abstandsfläche zwischen den Luftwärmepumpenanlagen
und der Grundstücksgrenze von 3 m sowie ein Schalldruckpegel von 50 dB(A) und
von 30 dB(A) während der Nacht als Grenzwerte eingehalten werden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, bei den Luftwärmepumpenanlagen handele es sich nicht um
Gebäude, so dass auch keine Abstandsflächen eingehalten werden müssten; im Übrigen erlaube
§ 6 Abs. 10 HBO die Errichtung derartiger Anlagen unmittelbar an der Grundstücksgrenze. Der
Kläger habe die von den Anlagen verursachten Geräuschimmissionen nach Art und Ausmaß nicht
substantiiert dargelegt. Die Beklagte hat behauptet, dass die Immissionsrichtwerte nach der TA
Lärm sowohl an der Grundstücksgrenze als auch am Wohnhaus des Klägers eingehalten werden.
Im Übrigen wird wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands auf den Tatbestand des
angefochtenen Urteils (Bl. 48 ff. d. A.) Bezug genommen.
Das Landgericht hat die Klage durch Urteil vom 6. September 2012 abgewiesen. Zur Begründung
hat es ausgeführt: Ein Beseitigungsanspruch des Klägers folge weder aus § 907 BGB noch aus
§§ 1004 Abs. 1, 906 BGB. Es könne offen bleiben, ob etwa erforderliche Abstandsflächen nicht
gewahrt seien. Die Unterschreitung des zulässigen Grenzabstands stelle nämlich keine
Einwirkung auf das Nachbargrundstück dar, die nach den vorgenannten Bestimmungen
unterbunden werden könne. Da der Betrieb der Luftwärmepumpen durch bestandskräftigen
Verwaltungsakt genehmigt worden sei, müsse davon ausgegangen werden, dass die
maßgeblichen Immissionsrichtwerte eingehalten seien, was eine Unwesentlichkeit der
Beeinträchtigung indiziere. Der Kläger sei insoweit gehalten gewesen, um
verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz nachzusuchen. Auch der Hilfsantrag sei nicht
gerechtfertigt. Der Kläger habe eine wesentliche Beeinträchtigung nicht schlüssig dargelegt.
Konkrete Angaben zum Schalldruckpegel habe er nicht gemacht. Ein Lärmprotokoll habe er nicht
vorgelegt.
Der Kläger hat gegen das ihm am 25. Oktober 2012 zugestellte Urteil am 30. Oktober 2012
Berufung eingelegt und diese am 28. November 2012 wie folgt begründet: Entgegen der
Annahme des Landgerichts sei der Betrieb der Luftwärmepumpenanlagen nicht behördlich
genehmigt worden; insbesondere habe sich die im vereinfachten Verfahren gemäß § 57 HBO
erteilte Baugenehmigung nicht auf diese Anlagen bezogen. Die Stadt1 habe, wie sich aus deren
Schreiben vom 2. Februar 2010 (Bl. 78 d. A.) ergebe, die Anlagen als baugenehmigungsfrei
eingestuft. Zu Unrecht habe das Landgericht angenommen, dass er die
Geräuschbeeinträchtigungen nicht substantiiert dargelegt habe. Das Landgericht habe deshalb
durch Einholung eines Sachverständigengutachtens klären müssen, ob die maßgeblichen
Immissionsrichtwerte überschritten werden; unabhängig hiervon habe es prüfen müssen, ob die
Geräuschimmissionen ihrer Art nach besonders störend sind und schon deshalb eine wesentliche
Beeinträchtigung darstellen. Das Landgericht habe ihn nicht, wie geboten, auf die mangelnde
Substantiierung seines Vortrags zu den Lärmbelästigungen und auf die Notwendigkeit eines
Lärmprotokolls hingewiesen. Auf einen derartigen Hinweis hin hätte er ein solches Protokoll
vorgelegt, in dem insbesondere die Dauer der Lärmbelästigungen festgehalten worden wären;
außerdem hätte er konkrete Werte genannt und näher konkretisiert, wann die Wärmepumpen anspringen und wie lange sie laufen. Das angefochtene Urteil stelle eine unzulässige
Überraschungsentscheidung dar, weil das Landgericht nicht auf die entscheidungserhebliche
Bedeutung eines tatsächlich nicht erlassenen Verwaltungsakts der Bauaufsichtsbehörde
hingewiesen habe.
Der Kläger beantragt,
das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die auf dem
Grundstück ... straße … / … in Stadt1 in einer Entfernung von 0,5 m bis 0,7 m von
der Grenze zum Grundstück ... straße … errichteten beiden
Luftwärmepumpenanlagen (Luftwärmepumpen mit Außengehäuse) zu entfernen;
hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, durch entsprechende Maßnahmen
sicherzustellen, dass eine Abstandsfläche zwischen den Luftwärmepumpenanlagen
und der Grundstücksgrenze von 3 m sowie ein Schalldruckpegel von 50 dB(A) und
von 30 dB(A) während der Nacht als Grenzwerte eingehalten werden,
hilfsweise, die Beklagte zu verurteilen, geeignete Maßnahmen zu treffen, um die von
ihrem Grundstück von den beiden Luftwärmepumpen das Nachbargrundstück des
Klägers beeinträchtigenden wesentlichen Lärmeinwirkungen zu verhindern.
hilfsweise,
das erstinstanzliche Urteil aufzuheben und die Sache an das Landgericht
zurückzuverweisen,
Die Beklagte beantragt
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil.
Die Berufung ist zulässig, insbesondere frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden.
Auch in der Sache selbst hat das Rechtsmittel Erfolg.
Das Landgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger kann von der Beklagten
entsprechend seinem Hauptantrag die Beseitigung der auf dem Beklagtengrundstück errichteten
Luftwärmepumpenanlagen verlangen. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB
in Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB und § 6 Hessische Bauordnung (HBO).
Der so genannte quasinegatorische Beseitigungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB in
Verbindung mit § 823 Abs. 2 BGB steht dem Eigentümer gegen denjenigen zu, der ein seinen
Schutz bezweckendes Gesetz objektiv verletzt. Zu den Schutzgesetzen im Sinne von § 823 Abs.
2 BGB, deren Verletzung der Eigentümer gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB abwehren kann,
gehören insbesondere die Vorschriften des Bauordnungsrechts über den Grenzabstand, weil sie
auch dem Interesse des Nachbarn an ausreichender Belichtung und Belüftung seines
Grundstücks, an einem freien Ausblick und an der Vermeidung von Lärmimmissionen dienen
(BGH, NJW 1976, 1888, 1889; NJW-RR 1997, 16, 17 [BGH 11.10.1996 - V ZR 3/96]; BayObLG,
NJOZ 2001, 2125, 2127; OLG Frankfurt am Main, NJW-RR 1988, 403, 404; OLG Karlsruhe, NJWRR
1993, 665, 666; OLG Frankfurt am Main, NJW-RR 2000, 1542; OVG Nordrhein-Westfalen,
ZfBR 1992, 50, juris Rdn. 37).
Da die auf dem Beklagtengrundstück errichteten Luftwärmepumpenanlagen nur 0,5 bis 0,7
Meter von der Grenze zum Grundstück des Klägers entfernt sind, ist die bauordnungsrechtlich
erforderliche Abstandsfläche nicht gewahrt. Gemäß § 6 Abs. 5 Satz 4 HBO muss die Tiefe der auf
dem Grundstück selbst liegenden (§ 6 Abs. 2 Satz 1 HBO) Abstandsfläche nämlich mindestens 3
Meter betragen. Insoweit kann dahinstehen, ob die Anlagen als Gebäude im Sinne von § 6 Abs. 1
Satz 1 HBO anzusehen sind, was gemäß § 2 Abs. 2 HBO voraussetzen würde, dass die die
Wärmepumpen beherbergenden Gehäuse von Menschen betreten werden können. Gemäß § 6
Abs. 8 Satz 1 HBO gelten die Vorschriften über die Abstandsflächen auch für bauliche Anlagen, von denen Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen. Dass es sich bei den hier in Rede stehenden
Luftwärmepumpenanlagen um bauliche Anlagen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 HBO handelt, ist
nicht zweifelhaft, weil sie aus Bauprodukten hergestellt und mit dem Erdboden verbunden sind.
Von den Luftwärmepumpenanlagen gehen auch Wirkungen wie von Gebäuden aus. Diese
Voraussetzung ist erfüllt, wenn nach den konkreten Umständen des Einzelfalls unter
Berücksichtigung der Art der baulichen Anlage und der Grundstückssituation auch nur eine der
Gefahren vorliegt, vor denen die Regelungen in § 6 Abs. 1 bis 7 HBO schützen sollen
(Handlungsempfehlungen zum Vollzug der HBO 2002 vom 22. Januar 2004, herausgegeben vom
Hessischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, Stand 1. Dezember
2011, Seite 18 Nr. 6.8.1). Unstreitig verursachen die Luftwärmepumpenanlagen
Geräuschimmissionen, deren Ausmaß zwar nicht näher geklärt ist, die jedoch – wie der
vorliegende Rechtsstreit zeigt – schon als solche geeignet sind, den Nachbarfrieden zu
gefährden, dessen Schutz die Vorschriften über Abstandsflächen dienen
(Handlungsempfehlungen a. a. O.). Entgegen der Auffassung der Beklagten durften die
Luftwärmepumpenanlagen auch nicht gemäß § 6 Abs. 10 Satz 1 Nr. 4 HBO ohne die Einhaltung
von Abstandsflächen errichtet werden. Diese Ausnahmevorschrift betrifft nur untergeordnete
Gebäude zur örtlichen Versorgung mit Energie, Kälte oder Wasser und erfasst keine Gebäude
oder baulichen Anlagen, die – wie hier – der ausschließlich häuslichen Versorgung dienen
(Handlungsempfehlungen, Seite 20 Nr. 6.10.1.4). Schließlich hat die Bauaufsichtsbehörde auch
keine Abweichung von den Vorschriften über die einzuhaltenden Abstandsflächen zugelassen
(vgl. § 63 HBO), womit diese Bestimmungen ihren grundsätzlichen Charakter als Schutzgesetz
verloren hätten (BGH, NJW 1976, 1888, 1889; BayObLG, NJOZ 2001, 2125, 2127; OLG
Frankfurt am Main, NJW-RR 1988, 403, 404).
Mit der damit gegebenen objektiven Verletzung eines Schutzgesetzes sind die Voraussetzungen
des quasinegatorischen Beseitigungsanspruchs erfüllt, ohne dass noch eine weitergehende
Beeinträchtigung des Klägergrundstücks festgestellt werden müsste. Die zu beseitigende
Beeinträchtigung folgt vielmehr ohne weiteres aus der nachbarschützenden Funktion der
verletzten Norm; in der unzulässigen Verkürzung der Abstandsfläche liegt eine fortdauernde
Beeinträchtigung des Grundeigentums des Klägers (vgl. BGH, NJW 1993, 1580, 1581 [BGH
26.02.1993 - V ZR 74/92]; BayObLGZ 1979, 16, juris Rdn. 59; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1993,
665, 666). Schließlich setzt der Anspruch auch kein Verschulden des Störers voraus (BGH, NJW
1983, 1580, 1582; Seidel, NVwZ 2004, 139, 143).
Der Kläger ist nicht in analoger Anwendung von § 912 Abs. 1 BGB zur Duldung der
bauordnungswidrig errichteten und betriebenen Luftwärmepumpenanlagen verpflichtet (§ 1004
Abs. 2 BGB). Zwar ist § 912 BGB auf den Fall der Verletzung des Grenzabstands entsprechend
anwendbar (Staudinger/Roth, BGB, 2009, § 912 Rdn. 59 m. w. Nachw.). Die Beklagte selbst hat
jedoch in Abrede gestellt, dass es sich bei den Luftwärmepumpenanlagen um Gebäude handelt,
was hier – ebenso wie gemäß § 6 Abs. 1 HBO– voraussetzen würde, dass die Gehäuse von
Menschen betreten werden können (vgl. BGH, DB 1972, 2298 [BGH 22.09.1972 - V ZR 8/71];
Staudinger/Roth, a. a. O., Rdn. 6; MünchKomm-BGB/Säcker, 5. Aufl., § 912 Rdn. 4). Weiterhin
hat das Landgericht keine Tatsachen festgestellt, aus denen sich ergeben würde, dass der
Überbau weder vorsätzlich noch grob fahrlässig erfolgt ist, was von der Beklagten darzulegen
gewesen wäre (vgl. MünchKomm-BGB/Säcker, § 912 Rdn. 17). Die Beklagte hat auch nicht
behauptet, dass die Erfüllung des Beseitigungsanspruchs, die eine Versetzung der
Luftwärmepumpenanlagen an eine andere Stelle außerhalb der einzuhaltenden Abstandsflächen
erforderlich machen wird, mit unverhältnismäßigen Aufwendungen verbunden wäre
(Rechtsgedanke des § 251 Abs. 2 BGB), weshalb dem Klagebegehren auch nicht der Einwand
des Rechtsmissbrauchs (vgl. BGH, WM 1974, 572, juris Rdn. 16) entgegensteht.
Der Beseitigungsanspruch wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass das auf dem
Beklagtengrundstück durchgeführte Bauvorhaben von der Bauaufsichtsbehörde im vereinfachten
Verfahren gemäß § 57 HBO genehmigt worden ist. Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichtshofs, von der abzuweichen keine Veranlassung besteht, kann diese
Baugenehmigung schon deshalb keine privatrechtsgestaltende Ausschlusswirkung haben, weil sie
gemäß § 64 Abs. 5 HBO unbeschadet privater Rechte Dritter erteilt worden ist (vgl. BGH, NJW
1983, 1580, 1581; NJW 1999, 356, 357 [BGH 30.10.1998 - V ZR 64/98]). Allerdings wird für
den auf einem Verstoß gegen öffentlich-rechtliche Schutzvorschriften fußenden
quasinegatorischen Beseitigungsanspruch die Auffassung vertreten, er werde auch ohne
ausdrücklich erteilten Dispens (vgl. § 63 HBO) durch eine Baugenehmigung ausgeschlossen,
soweit deren Unbedenklichkeitserklärung auch die als verletzt gerügte Schutznorm umfasst
(BayObLG, NJW-RR 2001, 1456, 1457 [BayObLG 21.02.2001 - 2 Z BR 104/00]; OLG Hamm,
ZMR 2006, 707, juris Rdn. 20; Seidel, NVwZ 2004, 139, 143). Ob dies zutrifft, muss hier nicht abschließend entschieden werden, weil die der Streitverkündungsempfängerin erteilte
Baugenehmigung keine regelnde Feststellung über die Vereinbarkeit des Bauvorhabens mit den
Vorschriften über Abstandsflächen gemäß § 6 HBO trifft. Dies folgt daraus, dass gemäß § 57
Abs. 1 HBO im vereinfachten Baugenehmigungsverfahren Bestimmungen des Bauordnungsrechts
nicht zu prüfen sind (VGH Kassel, Beschluss vom 1. Oktober 2010, 4 A 1907/10, BeckRS 2010,
55589; VG Darmstadt, NVwZ-RR 2006, 680, 681; VG Gießen, Urteil vom 16. April 2007, 1 E
18/07, BeckRS 2007, 23218). Etwas anderes gilt nur, soweit die Zulassung von Abweichungen
von bauordnungsrechtlichen Vorschriften gemäß § 63 Abs. 2 HBO beantragt wurde, was im
vorliegenden Fall jedoch nicht geschehen ist. Damit enthält die Baugenehmigung in Bezug auf
die hier in Rede stehenden Abstandsvorschriften keine Unbedenklichkeitserklärung, die der
Kläger möglicherweise gegen sich gelten lassen müsste.
Anders als das Landgericht meint, musste der Kläger auch nicht vorrangig um
verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutz nachsuchen. Liegt – wie hier - ein Verstoß gegen
nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts vor, dann hat der Nachbar vielmehr die
Wahl, ob er privatrechtlich gegen den störenden Bauherrn vorgeht oder ob er gegenüber der
Bauaufsichtsbehörde Genehmigungsabwehransprüche bzw. Schutzansprüche auf
ordnungsbehördliches Einschreiten geltend macht (BGH, NJW 1983, 1580, 1582). Insoweit ist
der Rechtsschutz mithin zweigleisig ausgestaltet (Seidel, NVwZ 2004, 139, 143).
Da die Klage bereits mit dem Hauptantrag begründet ist, musste über den hilfsweise geltend
gemachten Anspruch auf Unterlassung unzulässiger Geräuschimmissionen gemäß §§ 1004 Abs.
1, 906 BGB nicht mehr entschieden werden. Insoweit hat das Landgericht allerdings verkannt,
dass es Sache der Beklagten gewesen wäre, die Unwesentlichkeit der durch die – als solche
unstreitigen – Geräuschimmissionen verursachten Beeinträchtigung des Klägergrundstücks
darzulegen und zu beweisen (vgl. Staudinger/Roth, BGB, 2009, § 906 Rdn. 202 m. w. Nachw.),
weshalb der Kläger keinen weitergehenden Vortrag zur Wesentlichkeit der Beeinträchtigung hat
halten müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis ergeben
sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat,
noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Höhe der
Sicherheitsleistung richtet sich nach den geschätzten Kosten für eine Umsetzung der
Luftwärmepumpenanlagen an eine andere, außerhalb der gesetzlichen Abstandsflächen gelegene
Stelle zuzüglich der vollstreckbaren Prozesskosten.
Der Gebührenstreitwert des Berufungsverfahrens bestimmt sich nach dem Interesse des Klägers
an einer Entfernung der Luftwärmepumpenanlagen, das die Parteivertreter im erstinstanzlichen
Verhandlungstermin übereinstimmend mit 15.000,00 EUR beziffert haben.