Tenor:
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ECLI:
Oberlandesgericht Düsseldorf, VI-2 Kart 9/09 (V)
20.05.2010
Oberlandesgericht Düsseldorf
2. Kartellsenat
Beschluss
VI-2 Kart 9/09 (V)
ECLI:DE:OLGD:2010:0520.VI2KART9.09V.00
Der Antrag der Antragstellerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung
ihrer Beschwerde gegen den Auskunftsbeschluss des Bundeskartellamts
vom 15. September 2009 (B 10-16/09) wird mit der Maßgabe
zurückgewiesen, dass die zur Beantwortung gesetzte Frist bis zum 30. Juni
2010 verlängert wird.
I.
Die Antragstellerin ist die gemeinsame Strom- und Gasvertriebstochter der S… AG ("S…")
und der H… AG (H…) ("H…"). Sie ist Strom-Grundversorgerin nach § 36 EnWG im
Netzgebiet der S…-Netzbetreibertochter E… –GmbH ("E…") sowie der H…-
Verteilnetzbetreibergesellschaft (V….) ("V…") und umfasst damit M. und D. nebst Umgebung.
Daneben vertreibt sie bundesweit Haushaltsstrom. In geringerem Umfange hat sie auch
Heizstromkunden, vor allem in den Netzgebieten der E… und der V….
Im Juni 2009 beantwortete die Antragstellerin einen ihr vom Bundeskartellamt übersandten
"Fragebogen im Rahmen von Vorermittlungen im Bereich der Stromversorgung von privaten
Endkunden zu Heizzwecken". Ausweislich des Übersendungsschreibens des
Bundeskartellamts war Anlass für die Überprüfung eine "Vielzahl von Beschwerden von
privaten Endkunden, die Strom zu Heizzwecken, d.h. zum Betrieb von
Nachtspeicherheizungen oder Wärmepumpen beziehen." Die Antragstellerin gab an, Kunden
mit Strom zum Betrieb sowohl von Nachtspeicherheizungen als auch Wärmepumpen zu
beliefern und benannte entsprechende Tarife.
Daraufhin erließ das Bundeskartellamt den angefochtenen Auskunftsbeschluss vom 15.
September 2009, durch den der Antragstellerin aufgegeben wurde, bestimmte Angaben zu
ihrem Absatz zu ihrem Vertrieb von Strom zum Betrieb von Nachtspeicherheizungen und
Wärmepumpen für die Jahre 2007 bis 2009 bis zum 30. Oktober 2009 vorzunehmen. Den
Beschluss stützte das Amt auf den Anfangsverdacht einer missbräuchlichen Ausnutzung
einer marktbeherrschenden Stellung auf dem Gebiet des Vertriebs von Heizstrom gemäß §
19 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 2, § 29 GWB. Sachlich relevant sei der Markt für die Belieferung
privater Letztverbraucher mit Elektrizität zum Betrieb unterbrechbarer
Verbrauchseinrichtungen – Nachtspeicherheizungen und elektrischer Wärmepumpen – zum
Zwecke der Raumheizung. Die Nachfrager von Heizstrom wiesen ein anderes Lastprofil auf
als sonstige Privatkunden. Zudem unterschieden sich die Tageszeiten, zu denen Heizstrom
(vor allem nachts) und Haushaltsstrom abgenommen würde. Räumlich sei der Markt nach
den etablierten Versorgungsgebieten abzugrenzen. Ein Anfangsverdacht ergebe sich daraus,
dass die Tarife der Antragstellerin für Heizstrom im Jahre 2008 erheblich die Tarife vier
anderer Unternehmen überstiegen hätten.
Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt und einen Antrag auf
Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt. Der Auskunftsbeschluss sei rechtswidrig,
ein Anfangsverdacht für den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung bestehe nicht.
Das Bundeskartellamt habe teilweise unzutreffende Zahlen, die von ihr im Übrigen teilweise
nicht überprüft werden könnten, zugrunde gelegt.
Die Antragsgegnerin ist dem entgegen getreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten
verwiesen.
II.
Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihrer Beschwerde gegen den
Auskunftsbeschluss des Bundeskartellamts vom 15. September 2009 anzuordnen, ist zwar
zulässig, jedoch nicht begründet.
Gemäß § 65 Abs. 3 S. 3 GWB (i.V.m. S. 1 Nr. 2, Nr. 3) kann das Beschwerdegericht die
aufschiebende Wirkung einer – wie hier nicht § 64 GWB unterfallenden und damit sofort
vollziehbaren - Entscheidung der Kartellbehörde dann anordnen, wenn ernstliche Zweifel an
der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung bestehen (dazu 1.) oder wenn die
Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche
Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (dazu 2.). Beides ist nicht der Fall.
1.
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der formellen und materiellen Rechtmäßigkeit des
angefochtenen Auskunftsbeschlusses.
a) Die sachliche Zuständigkeit des Bundeskartellamts greift die Antragstellerin nicht an, § 55
Abs. 2 GWB. Im Übrigen bestehen wegen der länderübergreifenden Tätigkeit der
Antragstellerin auch keine Zweifel an einer Zuständigkeit der Antragsgegnerin gemäß 48
Abs. 2 S. 1 GWB.
b) Der Auskunftsbeschluss ist auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
Soweit dies zur Erfüllung der ihr im GWB übertragenen Aufgaben erforderlich ist, kann die
Kartellbehörde von Unternehmen Auskunft über ihre wirtschaftlichen Verhältnisse verlangen
(§ 59 Abs. 1 Nr. 1 GWB). Diese Befugnis ist nur durch das Ermittlungsziel und durch die
Erforderlichkeit der - sowohl insgesamt als auch im Einzelnen - verlangten Auskünfte
beschränkt. Dabei ist ein großzügiger Maßstab anzulegen. Während eines bei ihr
anhängigen Kartellverwaltungsverfahrens entscheidet allein die Kartellbehörde darüber, ob
und welche Ermittlungen zur Wahrnehmung der ihr im GWB übertragenen Aufgaben
anzustellen sind. Das Auskunftsersuchen ist ein wesentliches Gestaltungselement dieser
Ermittlungstätigkeit. In welchem Umfang von ihm Gebrauch gemacht wird, steht im Ermessen
der Kartellbehörde. Der Ermessensspielraum ist dabei notwendigerweise weit gespannt. Die
Kartellbehörde kann zu Beginn oder während der Ermittlungen in aller Regel nicht wissen,
welchen Verlauf die Ermittlungen nehmen und welches Ergebnis sie haben werden. Das
Gericht kann einen Auskunftsbeschluss in materieller Hinsicht nur darauf überprüfen, ob das
- von der Kartellbehörde darzulegende - Ermittlungskonzept vertretbar und ob die
Kartellbehörde die Erforderlichkeit der erbetenen Auskünfte mit vertretbaren Erwägungen
bejaht hat (vgl. Beschluss des 1. Kartellsenats des OLG Düsseldorf WuW/E DE-R 1861;
Klaue, in Immenga/Mestmäcker, GWB, 4. Aufl., § 59 Rdnrn. 19 ff.; Barth, in Münchener
Kommentar, GWB, § 59 Rdnrn. 6 ff.; Bechtold, in Bechtold/Otting, GWB, 5. Aufl., § 59 Rdnrn.
5 ff.).
An diesem Prüfungsmaßstab gemessen begegnet das Auskunftsverlangen keinen
rechtlichen Bedenken.
aa) Dem Auskunftsverlangen liegt ein vertretbares Ermittlungskonzept aufgrund eines
kartellrechtlichen Anfangsverdachts zugrunde.
Voraussetzung für einen schlüssigen Anfangsverdacht ist, dass sich die Ermittlungen der
Kartellbehörde auf einen konkreten Sachverhalt erstrecken, der die Anwendung der
Sachnorm rechtfertigen kann. Konkrete tatsächliche Umstände müssen eine
Gesetzesverletzung als möglich erscheinen lassen und insoweit einen hinreichenden
Anfangsverdacht begründen. Für die Frage der Schlüssigkeit ist von der Rechtsauffassung
der Kartellbehörde zur Auslegung der Sachnorm auszugehen. Ein Auskunftsverlangen ist
nicht bereits deshalb rechtswidrig, wenn die von der Kartellbehörde geltend gemachte
Rechtsauffassung vom Gericht nicht geteilt wird, sondern nur dann, wenn ihr jede Plausibilität
fehlt (vgl. OLG Düsseldorf, 1. Kartellsenat a.a.O.).
(1) Die Antragstellerin greift die in dem angegriffenen Beschluss vertretene Auffassung des
Bundeskartellamts zur sachlichen und räumlichen Marktabgrenzung nicht an. Insbesondere
wendet sie sich nicht gegen die Einschätzung der Antragsgegnerin, bei der Belieferung von
Letztverbrauchern mit Heizstrom handele es sich aufgrund der Besonderheiten ihres Bedarfs
und ihres Abnahmeverhaltens um einen gesonderten Markt. Dies ist auch vor dem
Hintergrund der vom Bundeskartellamt im angefochtenen Beschluss zitierten
Rechtsprechung zumindest plausibel.
Vor diesem Hintergrund nimmt die Antragstellerin auch die Auffassung des
Bundeskartellamts hin, dass sie im Netzgebiet der mit ihr verbundenen Netzbetreiber
marktbeherrschend im Sinne des § 19 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 GWB und § 29 GWB ist.
(2) Das Bundeskartellamt hat auch einen Anfangsverdacht für den Missbrauch ihrer
marktbeherrschenden Stellung durch die Antragstellerin dargelegt.
(2.1) Was den Zeitraum ab dem 01. Januar 2008 betrifft, reicht es nach § 29 S. 1 Nr. 1 GWB
aus, wenn das Bundeskartellamt darlegt, dass die von der Antragstellerin verlangten Entgelte
in erheblichem Umfange ungünstiger sind als die anderer Versorgungsunternehmen. Es ist
dann Sache des betreffenden Versorgungsunternehmens, die Abweichungen zu rechtfertigen
(vgl. zu § 103 GWB s. BGH Beschluss vom 02.02.2010 – KVR 66/08 – Wasserpreise
Wetzlar, WuW/E DE-R 2841 ff.).
Das Bundeskartellamt kann sich dabei auf die in dem angefochtenen Beschluss genannten
Tarife vier anderer Unternehmen berufen.
Vergebens greift die Antragstellerin die Berücksichtigungsfähigkeit dieser Tarife mit der
Begründung an, die Tarife und die darauf fußende Berechnung seien für sie nicht
nachvollziehbar. Die Preisblätter der Vergleichsunternehmen seien nicht vorgelegt worden,
die Antragsgegnerin habe auch die einzelnen Preisbestandteile nicht genannt und auch die
Rechenschritte nicht erläutert.
Das Bundeskartellamt hat die Vergleichsunternehmen und die von ihr herangezogenen Tarife
bezeichnet. Die Rechenschritte sowie weitere Zahlen wurden im Tabellenblatt "Erläuterung
Tarifvergleich 2008" der Excel-Datei "B10-16_09_Tarifvergleich Heizstrom 2008_Entega.xls"
erläutert. Die dafür relevanten Daten wurden von einem externen Dienstleister, der G... AG,
aus einer Datenbank recherchiert, die wiederum auf einer tagesaktuellen Durchsuchung der
im Internet frei zugänglichen sowie in Printmedien veröffentlichten Preisblätter beruht.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin konnte das Bundeskartellamt den
Auskunftsbeschluss allein aufgrund der von der G... AG übermittelten Zahlen stützen, ohne
zuvor die Preisblätter der Vergleichsunternehmen als solche sich vorlegen zu lassen. Nach
der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 178, 285 – E.ON/Stadtwerke
Eschwege, Rdnrn. 29 ff.; s. auch Beschluss vom 02.02.2010 – KVZ 16/09 – Kosmetikartikel,
WRP 2010, 658 Rdnr. 34) kann einer Verfügung des Bundeskartellamts durchaus auch nur eine Auswertung von Marktdaten zugrunde gelegt werden; weitergehende Erhebungen sind
dann nur bei ernsthaften Zweifeln an der Richtigkeit der Auswertung oder der zugrunde
liegenden Daten notwendig. Derartige Nachforschungen sind hier aber nicht veranlasst.
Unabhängig davon, ob es der Antragstellerin möglich wäre, bei den konkret benannten
Vergleichsunternehmen Informationen über die genau bezeichneten Vergleichstarife für den
betreffenden Zeitraum abzufragen und auf diese Weise die Angaben des Amtes zu
überprüfen, reicht die Auswertung für die Begründung eines Anfangsverdachtes, um die es
hier allein geht, aus. Ob sie ohne weitergehende Überprüfung für den Erlass einer
Untersagungsverfügung ausreichen würden, bedarf zum jetzigen Zeitpunkt keiner
Entscheidung.
(2.2) Auch die Einwände der Antragstellerin hinsichtlich des für den Betrieb von
Wärmepumpen bestimmten Tarifs greifen letztlich nicht durch. Der Streit der
Verfahrensbeteiligten darüber, ob die Antragsgegnerin bei dem Vergleich die maßgeblichen
Tarife richtig ermittelt hat, bedarf keiner Entscheidung.
Die Antragstellerin legt schon nicht dar, dass bei Zugrundelegung des Tarifs "ENTEGA
Ökostrom NATURpur Wärmepumpe" die von der Antragsgegnerin festgestellte erhebliche
Preisdivergenz entfallen würde. Unabhängig davon gründet der Anfangsverdacht auf die vom
Bundeskartellamt festgestellten erheblichen Preisunterschiede zu vier anderen Unternehmen
im Bereich Nachtspeicherheizungen. Nach der – hier zugrunde zu legenden (vgl. oben unter
(1)) – Auffassung des Bundeskartellamts gehören beide Bereiche zu einem einheitlichen
Heizstrommarkt. Die beiden unterschiedlichen Heizsysteme unterscheiden sich zwar
insbesondere dadurch, dass sie in der Regel unterschiedliche Heizkapazitäten aufweisen
und dadurch zu unterschiedlichen Stromabnahmemengen führen. Davon abgesehen weisen
sie jedoch insofern Gemeinsamkeiten auf, als sie darauf angelegt sind (auch wenn im Tarif
"ENTEGA Ökostrom NATURpur Wärmepumpe" Strom hierfür auch zur Tageszeit bezogen
werden kann), dass die Stromabnahme zu Tageszeiten erfolgt, zu denen allgemein eine
geringe Nachfrage nach Strom besteht. Die Stromversorger werden daher im Allgemeinen
den Strom für Nachtspeicherheizungen und Wärmepumpen nach ähnlichen Grundsätzen
bilden. Aus diesem Grunde kann aus der erheblichen Preisdivergenz im Bereich
"Nachtspeicheröfen" auf den Anfangsverdacht einer missbräuchlichen Ausnutzung der
Marktmacht auch im Bereich Wärmepumpen geschlossen werden.
(2.3) Des Weiteren greift die Rüge der Antragstellerin nicht durch, das Bundeskartellamt
habe bei seinen Berechnungen nicht berücksichtigt, dass sie, die Antragstellerin, Endkunden
sowohl im Netzgebiet der V… als auch der E… beliefere; die an die E… abzuführenden
Netznutzungsentgelte seien nicht berücksichtigt worden.
Die Antragstellerin legt nicht schlüssig dar, weshalb sich daraus ernsthafte Zweifel an dem –
für einen Auskunftsbeschluss ausreichenden – Anfangsverdacht des Bundeskartellamts für
eine missbräuchliche Ausnutzung der Marktmacht ergeben sollen. Sie legt bereits nicht dar,
dass die Netznutzungsentgelte der E… höher sind als die der V…. Selbst wenn dies der Fall
wäre, ließe dies angesichts der Größenordnung der Abweichung der Tarifgestaltung der
Antragstellerin von der der Vergleichsunternehmen einen Anfangsverdacht nicht entfallen.
(2.4) Für das Jahr 2007 kann sich das Bundeskartellamt zwar nicht auf § 29 S. 1 Nr. 1 GWB
und die damit verbundene teilweise Umkehr der Darlegungs- und Beweislast stützen. Jedoch
besteht auch für dieses Jahr ein Anfangsverdacht für einen Verstoß der Antragstellerin gegen
§ 19 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 GWB. Die Unterschiede in der Preisfestsetzung der
Antragstellerin zu den Vergleichsunternehmen im Jahre 2008 sind derart groß, dass mangels
konkreter Anhaltspunkte für erhebliche Marktbewegungen in diesen Jahren der Verdacht
vergleichbarer Preisunterschiede auch für dieses Jahr gezogen werden kann.
Gleiches gilt auch für das Jahr 2009.
(3) Darüber hinaus meint die Antragstellerin, die abgefragten Daten seien teilweise nicht
erforderlich oder aus anderen Gründen nicht von ihr vorzulegen.
Nach den unter b) (vor aa)) dargestellten Grundsätzen sind die Auskünfte als erforderlich
anzusehen, die nach der plausiblen Rechtsauffassung des Kartellamts der Erforschung des
Sachverhalts dienlich sein können. Das Bundeskartellamt kann zu Beginn oder während der
Ermittlungen in aller Regel nicht wissen, welchen Verlauf die Ermittlungen nehmen und
welches Ergebnis sie haben werden. Insbesondere in einem früheren Stadium der
Ermittlungen kann der Umfang der Fragestellung nur daraufhin untersucht werden, ob sie
von vornherein ungeeignet ist. Das ist jedoch nicht der Fall.
(3.1) Die Antragstellerin wendet sich zunächst gegen einige die Haushaltsstromkunden
betreffenden Fragen. Der Antragsgegner hat unter "IV. Netzentgelte Niederspannung
INSGESAMT" abgefragt, welche Stromgesamtmenge die Antragstellerin in den fraglichen
Jahren an Strom-SLP-Kunden (also Haushaltsstromkunden und Heizstromkunden) abgesetzt
und welche Netzentgelte sie hierfür an die örtlichen Netzbetreiber gezahlt hat. Die
Antragstellerin meint, die Daten zu Haushaltsstromkunden stünden in keinem
Zusammenhang mit dem vorliegenden Verwaltungsverfahren, das allein die Lieferung von
Heizstrom betreffe. Dies trifft jedoch nicht zu.
Die Abfrage der Netzentgelte im Niederspannungsbereich (wobei sich die Abfrage nach der
Klarstellung des Bundeskartellamts allein auf das Grundversorgungsgebiet bezieht) dient
dem angefochtenen Beschluss zufolge (Rdnr. 24) "der Berücksichtigung von strukturellen
Unterschieden zwischen dem betroffenen und dem Vergleichsunternehmen". Dies hat der
Antragsgegner in seiner Erwiderung nachvollziehbar dahingehend erläutert, dass er zur
Klärung der Frage, ob das Niveau der Netzentgelte für Heizstrom Ausdruck der jeweiligen
Gebietsstruktur ist, zum Vergleich die Kenntnis des Niveaus der Netzentgelte für
Haushaltsstrom für notwendig hält. Dies ist vor dem Hintergrund der Rechtsprechung zur
Bedeutung der Gebietsstruktur im Rahmen einer Missbrauchsaufsicht bei
leitungsgebundener Versorgung nicht zu beanstanden (vgl. BGH Beschluss vom 02.02.2010
– KVR 66/08 – Wasserpreise Wetzlar, WuW/E DE-R 2841 ff., zu Wasserpreisen).
(3.2) Die Antragstellerin macht des Weiteren geltend, eine Kenntnis der Länge des
Verteilnetzes (V.4. des Auskunftsbeschlusses) sei unnötig. Ob auch insoweit die unter (3.1)
aufgeführten Gründe gelten, kann offen bleiben. Der Antragsgegner hat mit Schreiben vom
10. November 2009, bestätigt in der Antragserwiderung vom 25. November 2009, gegenüber
der Antragstellerin auf eine Beantwortung dieser Frage verbindlich verzichtet. Einer
Sachentscheidung in diesem Punkt bedarf es daher nicht mehr.
(3.3) Schließlich ist das Auskunftsverlangen des Bundeskartellamts zur Wechselquote
grundsätzlich nicht zu beanstanden. Aus den vom Antragsgegner genannten Gründen (vgl.
Auskunftsbeschluss Rdnr. 31), die als solche auch von der Antragstellerin nicht angegriffen
werden, hält er eine Kenntnis der Wechselquote zur Beurteilung des Grades der
Marktbeherrschung durch das Versorgungsunternehmen sowie zur Bemessung eines
Erheblichkeitszuschlages für notwendig; dies ist plausibel.
Die Antragstellerin macht in diesem Zusammenhang allein geltend, der Antragsgegner
verlange eine Auskunft darüber, wie viele Kunden den Anbieter von Heizstrom gewechselt
hätten, wobei der Wechsel zu konzernangehörigen Unternehmen nicht einzuberechnen sei;
ihr sei die Beantwortung dieser Frage auf Grund der Unbundling-Vorschriften nicht möglich.
Der Antragsgegner hat in seiner Antragserwiderung (Bl. 16/17) darauf hingewiesen, er gehe
davon aus, dass die Antragstellerin wisse, wie viele private Endkunden zu welchem Zeitpunkt
von ihr mit Heizstrom beliefert werde (was von letzterer auch ausdrücklich zugestanden wird,
vgl. Bl. 10 Schriftsatz vom 23.10.2009). Die genaue Wechselquote werde vom
Bundeskartellamt auch bei der Netzgesellschaft abgefragt.
Der Senat versteht die Ausführungen des Antragsgegners – der den Einwand der
Antragstellerin als solchen nicht in Abrede stellt - so, dass er nunmehr von der Antragstellerin
lediglich die ihr bekannten Daten über einen Kundenwechsel als solchen (unabhängig davon,
ob er von bzw. zu einem konzernangehörigen Unternehmen erfolgt) verlangt und ergänzend
weitergehend Auskünfte bei den Netzgesellschaften einholen wird. Dieses Vorgehen ist nicht zu beanstanden, da dann die Zusammenschau sämtlicher Auskünfte die nach dem
Ermittlungskonzept des Bundeskartellamts notwendigen Daten ergibt.
bb) Schließlich ist auch das mögliche Ziel des vom Antragsgegner geführten
Verwaltungsverfahrens plausibel.
(1) Für die Zukunft erwägt das Bundeskartellamt ersichtlich den Erlass einer
Untersagungsverfügung nach § 29 GWB.
(2) Für die Vergangenheit kann das Bundeskartellamt zwar keine Untersagungsverfügung
mehr erlassen (vgl. insoweit 1. Kartellsenat, WuW E/DE-R 1067). Insoweit kommt jedoch
eine Mehrerlösabschöpfung nach § 34 GWB in Betracht. Daneben ist eine nachträgliche
Feststellung der Zuwiderhandlung nach § 32 Abs. 3 GWB in Betracht zu ziehen. Auch wenn
das Bundeskartellamt weder in seinem Beschluss noch in seiner Erwiderung ein berechtigtes
Interesse an einer derartigen Feststellung benennt: Ersichtlich kommt als Grund eine etwaige
Feststellungswirkung nach § 33 Abs. 4 GWB in Verfahren zwischen der Beschwerdeführerin
und ihren Endkunden in Betracht (zu denkbaren Gründen s. Emmerich, in
Immenga/Mestmäcker, a.a.O., § 32 Rdnrn. 74 ff.).
2.
Dass die Vollziehung für die Beschwerdeführerin eine unbillige Härte zur Folge hätte, wird
von ihr nicht geltend gemacht und ist auch nicht ersichtlich.
3.
Die bis zum 30. Juni 2010 verlängerte Frist hält der Senat für die Erteilung der Auskünfte für
angemessen.
III.
Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 74 Abs. 2 GWB besteht kein Anlass.
Rechtsmittelbelehrung:
Die Hauptsacheentscheidung kann nur aus den in § 74 Abs. 4 GWB genannten absoluten
Rechtsbeschwerdegründen mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden. Die
Rechtsbeschwerde ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich beim Oberlandesgericht
Düsseldorf, Cecilienallee 3, 40474 Düsseldorf, einzulegen. Die Frist beginnt mit der
Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung. Die Rechtsbeschwerde ist durch einen beim
Beschwerdegericht oder Rechtsbeschwerdegericht (Bundesgerichtshof) einzureichenden
Schriftsatz binnen zwei Monaten zu begründen. Diese Frist beginnt mit der Zustellung des
angefochtenen Beschlusses und kann auf Antrag des Vorsitzenden des
Rechtsbeschwerdegerichts verlängert werden. Die Begründung der Rechtsbeschwerde muss
die Erklärung enthalten, inwieweit die Beschwerdeentscheidung angefochten und ihre
Abänderung oder Aufhebung beantragt wird. Die Rechtsbeschwerdeschrift und die
Rechtsbeschwerdebegründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht
zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.
Gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde ist die Nichtzulassungsbeschwerde
gegeben. Diese ist binnen einer Frist von einem Monat schriftlich beim Oberlandesgericht
Düsseldorf einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung dieser Beschwerdeentscheidung.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist durch einen beim Oberlandesgericht Düsseldorf oder
beim Bundesgerichtshof einzureichenden Schriftsatz binnen zwei Monaten zu begründen.
Diese Frist beginnt mit der Zustellung des angefochtenen Beschlusses und kann auf Antrag
von dem Vorsitzenden des Rechtsbeschwerdegerichts (Bundesgerichtshof) verlängert
werden. Die Begründung muss die Erklärung enthalten, inwieweit die
Beschwerdeentscheidung angefochten und ihre Abänderung oder Aufhebung beantragt wird.
Die Nichtzulassungsbeschwerde kann nur darauf gestützt werden, dass die Beschwerdeentscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht. Die
Nichtzulassungsschrift und –begründung müssen durch einen bei einem deutschen Gericht
zugelassenen Rechtsanwalt unterzeichnet sein.