Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 16.12.2005 verkündete Urteil
des Landgerichts Essen abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin und ihren Ehemann C, XStraße,
####1 T, 6.449,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten
über dem Basiszinssatz seit dem 8.7.2005 zu zahlen.
Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin und ihrem
Ehemann C auch jeden weiteren, über 6.449,60 € hinausgehenden
Schaden zu ersetzen, welcher diesen dadurch entsteht, daß sie die im
Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. P vom 22.11.2004 im
selbständigen Beweisverfahren 9 OH 16/04 LG Essen festgestellten
Mängel beseitigen lassen.
Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt. Die Kosten
der Streithilfe hat die Streithelferin selbst zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
(abgekürzt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO)
Die zulässige Berufung hat auch in der Sache Erfolg.
Die Klägerin und ihr Mann haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadensersatz in
Höhe der Klageforderung gemäß § 635 a. F. BGB, den die Klägerin gemäß § 432 Abs. 1 S. 1
BGB allein geltend machen kann.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Klausel in Abschnitt 2.5 des Bauträgervertrages
entsprechend der Auffassung des Landgerichts – und entgegen derjenigen der Klägerin – so
zu verstehen ist, daß die Beklagte als Bauträgerin für Mängel, die sich auf einen mit einem
Subunternehmer direkt abgestimmten Sonderwunsch beschränken, nicht
gewährleistungspflichtig sein sollte.
Die von der Beklagten als Bauträgerin geschuldete Werkleistung ist nämlich selbst mit einem
Mangel i. S. d. § 633 BGB behaftet, und zwar mit einem Koordinationsmangel.
1.
In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem der Erwerber mit Zustimmung des Bauträgers
Sonderwünsche direkt an die ausführenden Handwerker beauftragt (sog. selbständiger
Sonderwunschvertrag, vgl. Baden BauR 1983, 313), kann der vom Bauträger geschuldete
Leistungsumfang hiervon dennoch nicht vollständig unberührt bleiben.
Aufgrund der betreuenden Funktion des Bauträgers, seiner "Sachwalterstellung" für den
Erwerber, wird vielmehr in Rechtsprechung (OLG Düsseldorf BauR 1995, 854) und Literatur
(Mauer, Besonderheiten der Gewährleistungshaftung des Bauträgers, Festschrift für Korbion,
1986, 301 [307 f.]; Vogelheim, Die Behandlung von Sonderwünschen beim Bauträgervertrag,
BauR 1999, 117 [119, 122]; Virneburg, Der Sonderwunsch des Erwerbers im
Bauträgervertrag, BauR 2004, 1681 [1689]; Locher/ Koeble, Baubetreuungs- und
Bauträgerrecht, 4. Aufl., Rn. 482; Basty, Der Bauträgervertrag, 5. Aufl., Rn. 831) befürwortet,
ihm auch in dieser vertraglichen Konstellation eine Koordinierungsverpflichtung aufzuerlegen.
Sie soll insbesondere darin bestehen, zu überprüfen, ob sich der Sonderwunsch in das
Gesamtkonzept der übrigen Bauleistungen störungsfrei einfügen läßt, und ggf. planerische
Anweisungen zu geben; die Nichterfüllung dieser Koordinierungspflichten soll zur Bejahung
eines Sachmangels führen (vgl. Mauer a. a. O. 308). Ein vereinbarter
Gewährleistungsausschluß des Bauträgers für den Sonderwunsch als solchen soll insoweit
nicht eingreifen (vgl. Vogelheim a. a. O. 122).
Konkrete Gegenstimmen gegen diese überzeugende Auffassung sind nicht ersichtlich.
Insbesondere gibt die vom Landgericht angeführte Stelle bei Werner/ Pastor (Der Bauprozeß,
11. Aufl., Rn. 1039) ohne weitere Differenzierung nur den allgemeinen Grundsatz wieder, daß
sich der Erwerber bei einem Mangel des direkt beauftragten Sonderwunsches an den
betreffenden Handwerker halten müsse. Auch in der Entscheidung OLG Koblenz NJW-RR
1996, 919 wird lediglich die Mängelhaftung des Handwerkers bejaht, ohne sich zu einer ggf.
zusätzlichen gesamtschuldnerischen Haftung des Bauträgers (vgl. Mauer a. a. O. 308) zu
verhalten.
Ebenfalls nicht anzunehmen ist regelmäßig eine vollständige Herausnahme des gesamten
Gewerks, in dessen Bereich der Sonderwunsch liegt – hier: des gesamten Heizungsgewerks
– aus dem Bauträgervertrag (vgl. OLG Celle BauR 1998, 802 [804 f.]). Eine solche
wesentliche Abänderung des Bauträgervertrages bedürfte nämlich einer eindeutigen
Vereinbarung, die dann naturgemäß auch mit einer deutlichen Preisreduzierung als
Ausgleich für das komplett entfallende Gewerk einherginge. Eine derartige Vereinbarung ist
hier nicht ersichtlich. Auf eine vollständige Herausnahme des Heizungsgewerks aus dem
Vertrag beruft sich die Beklagte auch selbst nicht.
Nach allem bejaht der erkennende Senat – der sich der oben geschilderten Auffassung
anschließt – eine Koordinierungspflicht der Beklagten bezüglich der direkt beauftragten
Sonderwünsche der Klägerin und ihres Mannes. Diese Koordinierungspflicht bezog sich hier,
ähnlich wie in der zitierten Entscheidung des OLG Düsseldorf (a. a. O. 855), insbesondere
auf die Verbindungs- bzw. Schnittstelle zwischen Grundgewerk und Sonderwunsch, und
begründete eine Verantwortlichkeit der Beklagten für das störungsfreie Funktionieren beider
Bestandteile im Rahmen des Gesamtgewerks.
Um eine solche Schnittstelle zwischen dem Grundgewerk "Radiatorenheizung" und dem
Sonderwunsch "Fußbodenheizung", um ein Problem des störungsfreien Zusammenwirkens
beider Komponenten, handelte es sich hier.
Die Heizungsanlage im Haus der Klägerin kann deshalb insgesamt nicht ordnungsgemäß
funktionieren, weil sie nur einen einzigen Heizkreislauf aufweist. An diesen sind sowohl die
Radiatoren als auch die Fußbodenheizung angeschlossen, obwohl die Radiatoren für eine
höhere Vorlauftemperatur ausgelegt sind als die Fußbodenheizung. Das führt alternativ
entweder dazu, daß die mit Radiatoren bestückten Räume nicht ausreichend erwärmt
werden, obwohl die Radiatoren als solche für diese Räume korrekt dimensioniert sind, oder
dazu, daß die Fußbodenheizung überhitzt wird und dadurch Schäden eintreten. Dieser
Zustand ist von dem Sachverständigen P in dem selbständigen Beweisverfahren 9 OH 16/04
LG Essen festgestellt worden und seither zwischen den Parteien auch nicht streitig.
Richtigerweise hätten, wie der Sachverständige im Senatstermin weiter ausgeführt hat, von
der vorhandenen Heiztherme ausgehend zwei getrennte Heizkreisläufe für die
Radiatorenheizung und für die Fußbodenheizung installiert werden müssen; dabei hätte eine
sog. Mischstation im Bereich des Abzweiges des Fußbodenheizungs-Kreislaufs eingebaut
werden müssen, durch die das in diesen Kreislauf gelangende Heizwasser auf eine
niedrigere, der Fußbodenheizung zuträgliche Vorlauftemperatur heruntergekühlt würde.
Dieser fehlerhafte Zustand läßt sich nicht ohne weiteres einem der beiden Teilbereiche der
Heizungsanlage, entweder der Radiatoren- oder der Fußbodenheizung jeweils isoliert
betrachtet, eindeutig als Mangel zuordnen. Sieht man den vorhandenen einen Heizkreislauf
als solchen der Radiatorenheizung an, so kann diese als solche ordnungsgemäß
funktionieren, die Fußbodenheizung läßt sich jedoch nicht schadlos betreiben und wäre bei
dieser Betrachtung – von der offenbar das landgerichtliche Urteil ausgeht – mangelbehaftet.
Betrachtet man dagegen den Heizkreislauf als der Fußbodenheizung zugehörig, die ja
ebenfalls an ihn angeschlossen ist und mit ihm ordnungsgemäß betrieben werden kann (und
auch betrieben wird), wäre die Radiatorenheizung mangelhaft, weil sie nicht ausreichend
warm wird. Indes ist weder die eine noch die andere Betrachtungsweise sachgerecht, weil
aus technischer Sicht eine Zuordnung des Heizkreislaufs zu dem einen oder dem anderen
Teilbereich gar nicht möglich ist. Dafür kann es nämlich weder darauf ankommen, ob die
Radiatoren oder die Fußbodenheizung zeitlich früher an den Kreislauf angeschlossen worden
sind (vgl. OLG Düsseldorf a. a. O. 855), noch darauf, ob die Fa. H den Heizkreislauf subjektiv
für den einen oder für den anderen Teilbereich installieren wollte – derartige Gedanken dürfte
sie sich gar nicht gemacht haben – bzw. ob sie ihn der Beklagten oder der Klägerin in
Rechnung gestellt hat.
Vielmehr ist schlicht anstelle von zwei Heizkreisläufen nur ein Heizkreislauf installiert worden,
der dem einen System gleichermaßen dienen könnte wie dem anderen, nur nicht beiden
Systemen gleichzeitig. Dies ist ein geradezu typisches Problem des Zusammenwirkens
zwischen den beiden, unterschiedlichen Vertragsverhältnissen zuzuordnenden Teilbereichen
der Heizungsanlage.
Nach den obigen (1.) Ausführungen oblag die Koordination dieses Zusammenwirkens,
ungeachtet der vertraglichen Selbständigkeit des Sonderwunsches, der Beklagten als
Bauträgerin. Wie der Sachverständige bestätigt hat, hätte es sich um eine Planungsaufgabe
gehandelt, bzw. nachdem ursprünglich eine reine Konvektorenheizung vorgesehen war, um
eine Umplanung. Diese hätte eine Wärmebedarfsberechnung umfaßt sowie die technische
Einplanung des zweiten Heizkreislaufs einschließlich Mischstation und Pumpe. Ob die
Beklagte für diese Koordinationsleistung ein zusätzliches Entgelt hätte verlangen können,
spielt für die Frage ihrer Notwendigkeit und damit für den Mangelbegriff keine Rolle; es
könnte sich allenfalls um eine Frage von Sowiesokosten handeln (dazu s. unten 5.).
Unerheblich ist für die Koordinationspflicht der Beklagten im vorliegenden Fall die
Behauptung der Streithelfer, die Konvektorenheizung sei in den Räumen, in denen sie sich
jetzt befinde (KG und DG), ursprünglich gar nicht vorgesehen gewesen, sondern erst
nachträglich dort vorgesehen worden, als auch der Sonderwunsch Fußbodenheizung (in EG und OG) vereinbart worden sei. Fraglich ist bereits, ob diese Behauptung in der
Berufungsinstanz gemäß § 531 ZPO überhaupt noch zugelassen werden könnte. Jedenfalls
aber gehört die Konvektorenheizung dort, wo sie sich jetzt befindet, unstreitig zur
Vertragsleistung der Beklagten, mag diese ursprünglich (vgl. Baubeschreibung Pkt. 4.3:
"Heizkörper in allen Wohnräumen") oder erst nachträglich vereinbart worden sein.
3.
Die unterbliebene (Um-)Planung und damit die mangelhafte Erfüllung der Koordinationspflicht
zwischen eigenem Gewerk und Sonderwunsch hat die Beklagte zwar nicht in eigener Person
zu vertreten. Vielmehr handelt es sich um ein Versäumnis der Fa. Grundmann, der die
Beklagte die Fachplanung der Heizungsanlage übertragen hat.
Dies ist nicht schon als solches als Eigenverschulden der Beklagten anzusehen. Die
Übertragung der heizungstechnischen Planung an ein Fachunternehmen wie die Fa. H – also
ohne Einschaltung eines zusätzlichen Fachingenieurs – ist, wie der Sachverständige P
dargelegt hat, bei überschaubaren Objekten dieser Größenordnung üblich; Bedenken hat er
hiergegen nicht geäußert.
Die Beklagte hat sich jedoch die Fehler der Fa. H gemäß § 278 BGB zurechnen zu lassen,
ohne daß es darauf ankäme, ob sie selbst die Versäumnisse hätte vorhersehen oder durch
Überwachung – z. B. durch die von ihr beauftragten Architekten, die Streithelfer – hätte
erkennen können. Da die oben ausgeführte Koordinationspflicht der Beklagten eine
Planungsaufgabe darstellte, ist die Fa. H, an die sie die Planung des Gewerks als ganze
delegiert hat, auch bezüglich dieser Koordinationspflicht als ihre Erfüllungsgehilfin
anzusehen.
Zuzurechnen ist der Beklagten auch die Kenntnis der Fa. H davon, daß überhaupt ein
Sonderwunsch beauftragt war, und von den Einzelheiten dieser Beauftragung. Die Beklagte
hatte nämlich nicht nur die Fachplanung für das Heizungsgewerk vollständig an die Fa. H
delegiert, sondern auch in ihrem Bauträgervertrag ausdrücklich vorgesehen, daß die
Sonderwünsche zwischen den Erwerbern und der Fa. H selbständig abgestimmt werden
sollten. Die Fa. H erlangte dadurch im Hinblick auf die Koordinationspflicht der Beklagten die
Stellung eines sog. Wissensvertreters entsprechend § 166 Abs. 1 BGB. Aus diesem Grund
kann sich die Beklagte auch mit dem Argument, sie habe selbst keinen Einblick in die
Detailvereinbarungen zwischen der Klägerin und der Fa. H gehabt, nicht entlasten. Darüber
hinaus war der Sonderwunsch aber zumindest als solcher der Beklagten auch selbst
bekannt, weil die Klägerin ihn ordnungsgemäß entsprechend dem Bauträgervertrag
angezeigt hatte.
4.
Einer befristeten Mangelbeseitigungsaufforderung mit Ablehnungsandrohung (§ 634 Abs. 1
S. 1 a. F. BGB) bedurfte es nicht, weil die Beklagte ihre Einstandspflicht ernsthaft und
endgültig ablehnt.
5.
Die Höhe der geltend gemachten Mängelbeseitigungskosten entspricht der
nachvollziehbaren Ermittlung in dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen P. Sie ist
von der Beklagten nur in bezug auf die Höhe der sog. Sowiesokosten angegriffen worden, d.
h. derjenigen Kosten, die die Klägerin und ihr Mann auch dann, wenn die Heizungsanlage
von vornherein mangelfrei erstellt worden wäre, hätten selbst tragen müssen. Daß die
Beklagte in diesem Punkt beanstandet, die Klägerin habe die von der Fa. H erhaltene
Rechnung für den Sonderwunsch nicht vorgelegt, ist jedoch unsubstantiiert. Mit den Kosten,
die für einen zweiten Heizkreislauf pp. zusätzlich angefallen wären, wenn er schon damals
ordnungsgemäß installiert worden wäre, steht diese Abrechnung nämlich in keinem
ersichtlichen Zusammenhang. Im übrigen hat die Klägerin die Rechnung im Senatstermin
auch vorgelegt; dem Sachverständigen hat sie keinen Anlaß zu einer abweichenden
Beurteilung des Mängelbeseitigungsaufwandes gegeben. Erhöhte Sowiesokosten sind im
Ergebnis auch nicht aufgrund des Umstandes, daß die unterbliebene
Koordinierung/Umplanung ein zusätzliches Entgelt gerechtfertigt hätte, anzusetzen. Da bei
überschaubaren Objekten wie diesen die Fachplanung nach Angabe des Sachverständigen
P regelmäßig von der Heizungsbaufirma miterledigt wird, ist davon auszugehen, daß sie in
dem von ihm ermittelten Sowiesokostenbetrag bereits mitenthalten ist.
Gerechtfertigt ist auch die Position von 80,00 € nebst MWSt. für die Beseitigung von
Undichtigkeiten. Die Ersatzfähigkeit dieser Position steht als solche außer Zweifel;
insbesondere hätte sie selbst vom Standpunkt des Landgerichts aus gesehen nicht
(teilweise) davon abhängig gemacht werden dürfen, ob die fraglichen Arbeiten bei der
Sanierung der Fußbodenheizung ohnehin anfallen würden. Ferner hat der Sachverständige
die Behauptung der Beklagten, die Undichtigkeit sei bereits im Rahmen seiner
Ortsbesichtigung beseitigt worden, nicht bestätigt.
Der Feststellungsantrag ist begründet, weil die Entstehung weiterer Schäden im Rahmen der
Mängelbeseitigung möglich ist.
Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 291, 288 Abs. 1 S. 2 BGB.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 91 Abs. 1 S. 1, 101, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Die
gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.