Dienstag, 15. August 2017

Pflicht des Immobilienmaklers zur Angabe der Informationen aus dem Energieausweis bei Immobilienanzeige

Titel:

Pflicht des Immobilienmaklers zur Angabe der Informationen aus dem Energieausweis bei Immobilienanzeige

Normenketten:
UWG § 3a, § 5a Abs. 2, Abs. 4, § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3
EnEV § 16a Abs. 1
Leitsätze:
1 Ein Immobilienmakler ist nicht Normadressat des § 16a Abs. 1 EnEV.  (red. LS Dirk Büch)
2 Gibt ein Immobilienmakler die Pflichtangaben des § 16a Abs. 1 EnEV (Energieausweis) nicht an, so enthält er wesentlich Informationen gemäß § 5a Abs. 2 UWG vor.  (red. LS Dirk Büch)
Schlagworte:
Energieausweis, Immobilienmakler, Immobilienanzeige, Pflichtangabe

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an der Geschäftsführerin,
zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in kommerziellen Medien eine im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in kommerziellen Medien eine Immobilienanzeige für eine Wohnimmobilie, für die zum Zeitpunkt der Anzeigenaufgabe ein Energieausweis vorliegt, vor deren Verkauf zu veröffentlichen, ohne sicherzustellen, dass diese Anzeige Angaben zu dem im Energieausweis angegebenen wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes enthält,
wenn dies geschieht wie in einer Immobilienanzeige der Beklagten im ..., Ausgabe vom ... für die Immobilie „Reiheneckhaus in ..., 6 Zimmer, 170 m2 Wohnfläche, Baujahr 2002 zum Kaufpreis von 419.000,00 €, die wie folgt wiedergegeben ist;
I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 229,34 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 09.08.2016 zu bezahlen.
III. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits,
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags, hinsichtlich Ziffer I. gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 €,

Tatbestand

Der Kläger macht einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungs- und Kostenerstattungsanspruch geltend.
Der Kläger Ist ein Umwelt- und Verbraucherschutzverband, er ist in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des Unterlassungsklagegesetzes mit Wirkung zum 11.10.2004 eingetragen.
Die Beklagte Ist ein Immobilien- und Maklerunternehmen. Sie schaltet im Rahmen ihrer unternehmerischen Tätigkeit auch gewerbliche Immobilienanzeigen in kommerziellen Medien.
In einer Immobilienanzeige im ... vom ... warb sie für ein Reiheneckhaus in ... zum Verkauf wie folgt:
In den Angaben zum Energieausweis war der wesentliche Energieträger für die Heizung des Gebäudes nicht genannt.
Der Kläger mahnte die Beklagte mit Schriftsatz vom 06.04.2016 (K 5) wegen eines Wettbewerbsverstoßes ab. Hierfür macht er pauschale Abmahnkosten in Höhe von 229,34 € geltend.
Der Kläger ist der Ansicht, dass die Pflichtangaben gemäß § 16 a Abs. 1 Ziffer 3 EnEV, zu denen auch der wesentliche Energieträger eines Gebäudes gehört, auch von einem Makler in eine Immobilienanzeige aufgenommen werden müssten. Bei einer richtlinienkonformen Auslegung des § 16 a EnEV würde auch der Makler unter den betroffenen Personenkreis fallen, auch wenn er nicht ausdrücklich genannt sei.
Auf jeden Fall handle es sich um eine wesentliche Information, die ein Verbraucher benötige, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen. Der Unterlassungsanspruch werde daher auch auf § 5 a Abs. 2 UWG unter dem Gesichtspunkt der Irreführung durch Vorenthalten wesentlicher Informationen gestützt. Diese Information über den Energieträger sei für den Verbraucher auch wesentlich, da die verschiedenen Energieträger unterschiedliche Energieeffizienz aufwiesen, völlig unterschiedliche Umweltauswirkungen hätten und für den Verbraucher auch mit einer unterschiedlichen Kostenbelastung verbunden seien.
Der Kläger beantragt:
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, diese zu vollziehen an der Geschäftsführerin,
zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in kommerziellen Medien eine Immobilienanzeige für eine Wohnimmobilie, für die zum Zeitpunkt der Anzeigeaufgabe ein Energieausweis vorliegt, vor deren Verkauf zu veröffentlichen, ohne sicher zu stellen, dass diese Anzeige Angaben zu dem im Energieausweis angegebenen wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes enthält.
wenn dies geschieht wie in einer Immobilienanzeige der Beklagten im ..., Ausgabe vom ..., für die Immobilie „Reiheneckhaus in ..., 6 Zimmer, 170 m2 Wohnfläche, Baujahr 2002 zum Kaufpreis von 419.000,00 €, die wie folgt wiedergegeben ist:
(hier folgt das Bild wie oben)
II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 229,34 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 09.08,2016 zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt:
Klageabweisung.
Die Beklagte wendet Rechtsmissbrauch gemäß § 8 Abs. 4 UWG ein. Der Kläger sichere sich durch die Inanspruchnahme einer Vielzahl von Zeitungsinserenten eine lukrative Einnahmequelle, die über den von ihm gewählten Satzungszweck hinausgehe. Bei der streitgegenständlichen Immobilienanzeige handle es sich auch um eine vergleichsweise geringe Ungenauigkeit zum Energieausweis.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass § 16 a EnEV auf einen Makler nicht anwendbar sei. Die Beklagte sei nicht Verkäuferin des Objekts und damit einem solchen auch nicht gleichzusetzen.
Es treffe auch nicht zu, dass ein Interessent sich aufgrund der Pflichtangaben nach § 16 a EnEV für oder gegen eine Immobilie entscheide. Am Anfang einer Auswahl stünden zunächst andere Fragen wie die Lage des Objekts, der Zuschnitt und der Kaufpreis.
Dem Energieauswels selbst fehle jeglicher Beweiswert, da er auf persönlichen Angaben desjenigen beruhe, der ihn beantrage. Die Unterschiede zwischen den Energieträgern, jedenfalls zwischen Gas und öl, seien marginal. Die fehlende Nennung des Energieträgers stelle daher keine spürbare Beeinträchtigung im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG dar.
Im Übrigen wird hinsichtlich des Tatbestands auf die vorgelegten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage war in vollem Umfang begründet. Der Unterlassungsanspruch beruht auf § 5 a Abs. 2, § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3 UWG unter dem Gesichtspunkt des Vorenthaltens einer wesentlichen Information. Der Kostenerstattungsanspruch beruht auf § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.
a) Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG prozessführungsbefugt und aktivlegitimiert. Er ist in die Liste qualifizierter Einrichtungen gemäß § 4 Unterlassungsklagegesetz eingetragen.
b) Der Kläger handelt nicht rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG. Der Sachvor- trag der Beklagten hierzu stützt sich lediglich darauf, dass der Kläger eine Vielzahl von Zeitungsinserenten wegen eines Verstoßes gegen § 16 a Abs. 1 EnEV in Anspruch nimmt, ferner auf einen Artikel vom 13.04.2016 im „Tagesspiegel". Allein die Anzahl der Abmahnungen indiziert noch kein rechtsmissbräuchliches Verhalten im Sinne des § 8 Abs. 4 UWG, Die Abmahnungen des Klägers als Umweltverband bei Verstößen gegen die EnEV gehört zur Kernaufgabe dieses Umweltverbandes. Die Höhe der geltend gemachten Kostenpauschale von 229,00 € für die Abmahnung ist moderat und soll unbestritten die durchschnittlich anfallenden Kosten darstellen. Wenn der Gesetzgeber eine Vorschrift wie den § 16 a Abs. 2 EnEV für sinnvoll erachtet hat, dann liegt es neben den getroffenen Konkurrenzunternehmen gerade auch im Aufgabenbereich eines Umweltschutzverbandes, die Einhaltung der gesetzgeberischen Vorgaben zu überwachen und gegebenenfalls zur Selbstregulierung der Branche beizutragen. Da Immobilienanzeigen „massenhaft" vorkommen, sind auch „massenhafte" Verstöße induziert. Ein rechts-missbräuchliches Verhalten kann in der Abmahnung zahlreicher Einzelverstöße daher per se nicht gesehen werden.
c) Der Unterlassungsanspruch beruht nicht auf § 16 a EnEV i. V. m. § 3 a UWG. Nach dem Urteil des OLG München vom 08.12.2016 (6 U 4725/15, Landgericht München II 2 HKO 3089/15) ist der Immobilienmakler kein Normadressat im Sinne des § 16 a Abs. 1 ENEV. Die Vorschrift des § 16 a Abs. 1 EnEV richtet sich an den Verkäufer im rechtsgeschäftlichen Sinn. § 16 a Abs. 1 EnEV ist nicht dahingehend auszulegen, dass auch ein Makler unter dem Begriff des „Verkäufers" fallen soll, sofern dieser auftragsgemäß eine Immobilienanzeige schaltet. Bei § 16 a EnEV handelt es sich um die Umsetzung von Artikel 12 Abs. 4 der Richtlinie 2010/31/EU, Die nationale Vorschrift des EnEV ist zwar im Lichte des Wortlauts und der Ziele des Unionsrechts auszulegen und anzuwenden. Dies bedeutet nicht nur eine Auslegung im engeren Sinn, sondern, wo dies erforderlich ist, auch eine richtlinienkonforme Fortbildung. Eine solche Rechtsfortbildung nach nationalem Recht setzt allerdings eine verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes voraus. Eine Auslegung des nationalen Rechts contra legem kommt nicht in Betracht. Nach den Feststellungen des OLG München (a. a. O., II, 1. c, bb, Seite 21) lasse sich den Gesetzesmaterialien zu § 16 a EnEV entnehmen, dass der nationale Verordnungsgeber bewusst davon abgesehen habe, Makler in den Kreis der nach § 16 a EnEV Verpflichteten aufzunehmen. Es fehle daher an einer planwidrigen Regelungslücke, Nach der Meinung des Gesetzgebers solle allein der Verkäufer (bzw. Vermieter, Verpächter und Leasinggeber) die Verantwortung dafür tragen, dass die Anzeige die notwendigen Pflichtangaben nach § 16 a ENEV enthalte.
Der Unterlassungsanspruch beruht auf § 5 a Abs. 2 UWG unter dem Gesichtspunkt des Vorenthaltens wesentlicher Informationen. Die spezielle Regelung des § 16 a EnEV führt nach den Ausführungen des OLG München nicht zu einer Sperrwirkung der Anwendbarkeit des in § 5 a Abs. 2 UWG weiter gefassten Unlauterkeitstatbestands, auch nicht über § 5 a Abs. 4 UWG (OLG München, a. a. O. I11 c (wohl d) Seite 24). Bei dem im Energieausweis anzugebenden wesentlichen, Energieträger für die Heizung der Immobilie handele es sich um eine wesentliche Information, die der Verbraucher benötige, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen. Die Information benötige der Verbraucher, um beurteilen zu können, ob das angebotene Objekt seinen Erwartungen in energetischer Hinsicht entspreche, Die unzureichende Information könnte den Verbraucher dazu veranlassen, aufgrund der Immobilienanzeige Kontakt zu dem Makler aufzunehmen, diese Entscheidung hätte der Verbraucher gegebenenfalls nicht getroffen, wenn er über die energiebezogenen Eigenschaften der Immobilie informiert gewesen wäre.
Eine Information, die wesentlich im Sinne des § 5 a Abs. 2 ist, ist auch spürbar im Sinne des § 3 UWG.
d) Kostenerstattungsanspruch: Die Beklagte hat keine Einwendungen zur Höhe der Abmahnkosten sowie den beanspruchten Zinsen geltend gemacht. Der Kostenerstattungsanspruch beruht auf § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG.
e) Kosten: § 91 Abs. 1 ZPO
f) vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 Satz 1 und 2 ZPO.