Montag, 14. August 2017

Trinkwassergebühren: Befundprüfung des Wasserzählers

Trinkwassergebühren: Befundprüfung des Wasserzählers

Leitsatz


1. Bei einem Streit über den Umfang des Wasserverbrauchs obliegt dem Versorgungsunternehmen die Beweislast dafür, dass ein technisch einwandfrei funktionierender Zähler installiert war und ordnungsgemäß abgelesen wurde.

2. Hat eine Überprüfung des Wasserzählers durch eine staatlich anerkannte Prüfstelle für Messgeräte die Einhaltung der in der Eichordnung festgelegten Verkehrsfehlergrenzen ergeben, spricht ein Beweis des ersten Anscheins für die Richtigkeit der Anzeige der Wasseruhr

3. Kosten der Prüfung im Sinne des § 19 Abs. 2 AVBWasserV sind nur die dem jeweiligen Antragsteller von der Eichbehörde oder Prüfstelle in Rechnung gestellten Kosten der Befundprüfung, nicht jedoch eigene Kosten des Antragstellers, sei es des Wasserabnehmers, sei es des Verbandes, die diesem etwa durch den Transport des Zählers entstehen.

Tatbestand

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Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Gebühren für die Wasserversorgung durch den Beklagten.
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Er ist Eigentümer des Grundstücks Hauptstraße 14 in {A.}. Das Grundstück ist an die öffentliche Trinkwasserversorgung angeschlossen. Auf dem Grundstück liegt in ca. 3 m Entfernung von der Straße ein Schacht, in dem sich seit dem 27. März 2008 ein Wasserzähler des Beklagten mit der Zählernummer 08034040 befand. Im Wohnhaus des Klägers ist seit 1996 ein weiterer Wasserzähler in Betrieb. Am 16. November 2009 wurde der Zählerstand des Wasserzählers des Beklagten mit 139 m³ abgelesen. Am 11. November 2010 wurde der Zählerstand mit 1.183 m³ abgelesen. Hieraus ergab sich für den Zeitraum vom 17. November 2009 bis zum 11. November 2010 ein Wasserverbrauch von 1.044 m³. Hierauf wandte sich der Kläger an den Beklagten und bezweifelte das Messergebnis. Er machte geltend, der Zählerstand könne nur durch ein fehlerhaftes Vorrücken der 1.000-er Zählerziffer des Wasserzählers auf Grund von Erschütterungen verursacht worden sein, die durch Straßenbauarbeiten vor seinem Grundstück hervorgerufen worden seien. Anders sei der enorme Wasserverbrauch von 1.044 m³ nicht zu erklären. Die Trinkwasserleitungen auf seinem Grundstück seien im Mai 2009 neu verlegt worden und dicht. Auch habe der zweite Wasserzähler im Haus den Mehrverbrauch von 1.000 m³ nicht gemessen Er beantrage daher, nur 44 m³ als begründeten Verbrauch zu berechnen, da dies dem Verbrauch der Vorjahre entspreche.
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Am 1. Dezember 2010 beantragte der Kläger beim Beklagten die Überprüfung des Zählers. Daraufhin wurde der Wasserzähler am 2. Dezember 2010 mit einem Zählerstand vom 1.186 m³ ausgebaut und mit einem Antrag des Beklagten auf Befundprüfung an die staatlich anerkannte Prüfstelle für Messgeräte für Wasser bei der Firma Energie Mess- und Servicedienste GmbH in B-Stadt (ENERMESS) weitergeleitet. Als Grund für den Antrag auf Befundprüfung gab der Beklagte an „Differenz zum Vorjahr 1000 m³“. Die Prüfung des Wasserzählers wurde am 7. Dezember 2010 durch den Zeugen C. durchgeführt.
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Mit Prüfschein vom 7. Dezember 2010 bescheinigte die Prüfstelle, dass das Messgerät die Befundprüfung bestanden habe, die Messabweichungen innerhalb der Verkehrsfehlergrenzen lägen und die sonstigen Anforderungen (innere und äußere Beschaffenheitsprüfung) erfüllt seien. In den Hinweisen zum Prüfschein auf Seite 2 der Anlage hieß es, durch die Befundprüfung werde festgestellt, ob ein eichfähiges Messgerät die Verkehrsfehlergrenzen einhalte und den sonstigen Anforderungen der Zulassung entspreche. Die Befundprüfung umfasse
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a)die Prüfung auf Einhaltung der Bauvorschriften der Eichordnung und der Zulassungen (innere und äußere Beschaffenheitsprüfungen) und
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b)die Prüfung der messtechnischen Eigenschaften (messtechnische Prüfung).
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Die äußere Beschaffenheitsprüfung werde bei ungeöffnetem Messgerät vor der messtechnischen Prüfung durchgeführt und umfasse die Prüfung darauf, ob
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a)das Messgerät zur Eichung zugelassen sei,
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b)die Kennzeichnung des Messgerätes der Eichordnung und der Bauartzulassung entspreche,
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c)keine von außen bereits erkennbare Beschädigungen vorhanden seien und
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d)die Stempelstellen unverletzt seien.
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Nach der messtechnischen Prüfung werde das Messgerät demontiert und einer inneren Beschaffenheitsprüfung unterzogen. Hierbei würden insbesondere der Zustand des Messeinsatzes sowie das Zählwerk auf Mängel, Veränderungen, Beschädigungen und besonderen Verschleiß überprüft. Ein Messgerät gelte als nicht mehr richtig, wenn die Verkehrsfehlergrenzen bereits an einem Prüfpunkt überschritten und/oder die sonstigen Anforderungen (an die innere und äußere Beschaffenheit) nicht erfüllt werden. Weitere Befundprüfungen am gleichen Zähler seien nicht möglich.
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Mit Rechnung vom 30. Dezember 2010 berechnete die ENERMESS dem Beklagten für die Zählerprüfung einen Betrag von 55,16 €.
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Mit Bescheid vom 14. Januar 2011 zog der Beklagte den Kläger zu Gebühren für Wasser für die Zeit vom 17. November 2009 bis zum 11. November 2010 in Höhe von 2.092,47 € heran. Hierbei berücksichtigte er insbesondere einen Wasserverbrauch von 1.044 m³.
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Mit weiterem Bescheid vom 14. Januar 2011 machte der Beklagte gegenüber dem Kläger einen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Zahlerprüfung in Höhe von 137,33 € geltend, die er wie folgt bezifferte:
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Befundprüfung bis Qn 2,5
        
34,61 €
Abfertigungskosten bis Qn 6
        
7,02 €
Ausstellung Prüfschein
        
12,71 €
Versandkosten
        
1,75 €
Transporter (bis 5 t) 34 km (1,16 €/km)
        
39,44 €
1 Arbeitsstunde
        
32,82 €
Betrag ohne MwSt.
        
128,35 €
7 % MwSt.
        
8,98 €
Betrag inkl. MwSt.
        
137,33 €
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Bei den ersten vier Positionen handelte es sich um die in der Rechnung der ENERMESS vom 30. Dezember 2010 berechneten Positionen zuzüglich eines Gemeinkostenzuschlags von 21 %. Die Kosten für den Transporter und die Arbeitsstunde machte der Beklagte als eigene Kosten geltend.
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Die gegen die Bescheide vom 14. Januar 2011 eingelegten Widersprüche des Klägers wies der Beklagte mit zwei Widerspruchsbescheiden vom 9. März 2011 zurück. Hierin wurde auf die Regelung des § 21 Abs. 2 der Wasserversorgungssatzung hingewiesen, wonach die Kosten für eine Prüfung des Wasserzählers nur dann vom Verband zu übernehmen seien, falls die festgestellte Abweichung die gesetzlichen Verkehrsfehlergrenzen überschreite. Da dies hier nicht der Fall sei, habe der Wasserabnehmer die Kosten zu tragen. Mit Schreiben vom 5. April 2011 teilte der Beklagte dem Kläger mit, rechtliche Grundlage für den Gebührenbescheid seien die §§ 14 – 21 der Wasserabgabensatzung.
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Am 15. April 2011 hat der Kläger beim erkennenden Gericht Klage erhoben.
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Er trägt vor, der vom Beklagten berechnete Wasserverbrauch von 1.044 m³ betrage mehr als das 20-fache seines durchschnittlichen Verbrauchs der letzten 15 Jahre. Das sei bei einem 2-Personen-Haushalt unmöglich. Auch habe der in seinem Haus installierte zweite Wasserzähler in den Jahren 2000 bis 2008 und im Jahr 2011 stets die gleiche Menge gemessen wie der Wasserzähler des Beklagten. Lediglich im Jahr 2009 sei es zu einer Abweichung gekommen, die mit einem Wasserrohrbruch zwischen Haus und Straße zu erklären sei. Die Differenz von genau 1.000 m³ zwischen dem Wasserzähler im Haus und dem Wasserzähler des Beklagten im Jahr 2010 sei kein Mehrverbrauch oder Verlust, sondern ein Messfehler. Dieser sei durch die Straßenbauarbeiten vor seinem Grundstück entstanden. Die direkten Erschütterungen bei der Straßenunterbauverdichtung der B 187 seien mit voller Wucht auf die nur 18 cm darunter liegende Trinkwasserleitung und durch Resonanzschwingungen verstärkt in Längsrichtung der Leitung direkt auf die Wasseruhr des Beklagten übertragen worden. Diese abnorme Situation und auch der Schwerlastverkehr hätten den Zählfehler von genau 1.000 m³ verursacht. Es gebe auch keine plausible Antwort auf die Frage, wo der angebliche Mehrverbrauch von 1.000 m³ auf dem Grundstück verblieben sei. Die Befundprüfung vom 7. Dezember 2010 sei kein Beweis für den zusätzlichen Verbrauch von 1.000 m³ Trinkwasser, denn sie sei fehlerhaft. Zunächst habe der Beklagte seinen Antrag auf Befundprüfung durch einen eigenen Antrag ersetzt und ihn hierdurch von der Teilnahme an der Befundprüfung ausgeschlossen. Zudem sei die Befundprüfung nach der veralteten Richtlinie TR-W 19, Ausgabe 11/06, durchgeführt worden. Sie hätte aber nach der neueren Ausgabe 11/07 durchgeführt werden müssen. Hierdurch sei die ergänzende Prüfung vor Ort unterlassen worden. Auch falle auf, dass die inneren Flächen und Teile des Wasserzählers keinerlei Ablagerungsspuren von Kalkstein und Eisenoxyd aufwiesen, die aber bei Durchfluss von Trinkwasser zu erwarten seien. Triebwerk und Zählwerk zeigten blanke Hochglanzflächen, obwohl die Teile des Zählers doch auch jahrelang vom gleichen Wasser umspült worden seien wie das übergebene Rohrstück. Der Beklagte habe nicht bewiesen, dass die zusätzlichen 1.000 m³ Trinkwasser auch zusätzlich im Wasserwerk gefördert, dort aufbereitet und über mehr als 20 km bis zum Wasserzähler in {A.} transportiert worden seien. Zudem gebe es im Haus keinerlei Spuren von zusätzlich verbrauchten 1.000 m³ Trinkwasser. Daher werde der Abwasserzweckverband auch keine zusätzliche Abwassergebühr hierfür berechnen. Die angefochtenen Bescheide seien auch deshalb rechtswidrig, da in ihnen die Rechtsgrundlage nicht benannt werde. Es fehlten auch die Leistungsbelege für die Beträge des Kostenbescheides.
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Der Kläger beantragt,
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die Bescheide des Beklagten vom 14. Januar 2011 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 9. März 2011 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er verteidigt die angefochtenen Bescheide sowie die Widerspruchsbescheide.
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Die Kammer hat Beweis erhoben über Inhalt und Ergebnis der Prüfung des Wasserzählers des Klägers – Nr. 08044040 – vom 7. Dezember 2010 durch Vernehmung des Zeugen C.. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom heutigen Tage verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Kammer kann durch den Einzelrichter entscheiden, denn der Rechtsstreit wurde gemäß § 6 VwGO mit Beschluss vom 9. September 2011 auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
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Die zulässige Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 14. Januar 2011 über die Kosten der Zählerprüfung in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 9. März 2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit hierin ein zu erstattender Betrag von mehr als 55,16 € festgesetzt wird. Im Übrigen ist dieser Bescheid rechtmäßig (dazu 2.). Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 14. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2011 ist insgesamt rechtmäßig (dazu 1.).
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1. Der Gebührenbescheid für Wasser vom 14. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2011 ist formell und materiell rechtmäßig.
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a) Der Bescheid ist nicht deswegen formell rechtswidrig, weil hierin die satzungsrechtliche Grundlage nicht angegeben ist. Zwar entspricht es einem rechtsstaatlichen Grundsatz, dass der Bürger, in dessen Recht eingegriffen wird, einen Anspruch darauf hat, die Gründe dafür zu erfahren, weil er nur dadurch in die Lage versetzt wird, seine Rechte sachgerecht zu verteidigen. In einfachgesetzlicher Umsetzung dieses Gebots bestimmt § 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG LSA in Verbindung mit § 121 Abs. 1 AO, dass ein schriftlicher Verwaltungsakt schriftlich zu begründen ist, soweit dies zu seinem Verständnis erforderlich ist. Die Begründungspflicht verlangt aber nicht, dass der Verwaltungsakt sämtliche Angaben enthält, die für die vollständige Überprüfung seiner Rechtmäßigkeit in jeder tatsächlichen und rechtlichen Hinsicht nötig wären. Insbesondere ist nach dieser Vorschrift für die Begründung des Bescheides eine ausdrückliche Angabe der Ermächtigungsgrundlage nicht erforderlich, soweit die tragenden Gründe für die Entscheidung des Beklagten aus dem Bescheid ersichtlich sind (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. November 2009 – 9 S 25.09 – juris). Das ist hier der Fall, weil der angefochtene Gebührenbescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheides erkennen lässt, dass Gebühren für die Wasserversorgung für das Grundstück des Klägers für die Zeit vom 17. November 2009 bis zum 11. November 2010 auf satzungsrechtlicher Grundlage erhoben und zugleich die für die Gebührenbemessung maßgebenden Faktoren mitgeteilt werden.
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Ob der Bescheid ausreichend begründet war, kann aber letztlich dahingestellt bleiben, da der Kläger von dem Beklagten jedenfalls in dessen Schreiben vom 5. April 2011 auf die einschlägigen Vorschriften der §§ 14 ff. der Wasserabgabensatzung hingewiesen wurde. Ein etwaiger Begründungsmangel wurde damit gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG LSA in Verbindung mit § 126 Abs. 1 Nr. 2 AO geheilt. Zudem kann nach § 13 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b KAG LSA in Verbindung mit § 127 AO eine Aufhebung des Abgabenbescheides nicht allein wegen des Fehlens einer ausreichenden Begründung beansprucht werden, wenn – wie hier – keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können.
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b) Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig. Rechtsgrundlage ist § 5 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA in Verbindung mit der Satzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes “Elbe-Elster-Jessen” (WAZV) über die Erhebung von Gebühren und Beiträgen für die öffentliche Wasserversorgung (Wassergebühren und –beitragssatzung) vom 29. September 1997 (WGBS) in der Fassung der 9. Änderungssatzung vom 3. Dezember 2008. Nach § 14 WGBS wird für die Inanspruchnahme der öffentlichen Wasserversorgungsanlage eine Wassergebühr für die Grundstücke erhoben, die an die öffentliche Wasseranlage angeschlossen sind oder aus dieser Wasser entnehmen. Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 WGBS wird die Leistungsgebühr nach der Wassermenge bemessen, die aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage entnommen wird. Gemäß § 15 Abs. 3 WGBS wird der Wasserverbrauch durch Wasserzähler ermittelt. Hat ein Wasserzähler nicht richtig oder überhaupt nicht angezeigt, so wird die Wassermenge gemäß § 15 Abs. 4 WGBS vom Verband unter Zugrundelegung des Verbrauchs des vorhergehenden Abrechnungszeitraumes und unter Berücksichtigung der begründeten Angaben des Gebührenpflichtigen geschätzt. Geschätzt wird auch, wenn die Ablesung des Wasserzählers nicht ermöglicht wird.
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Hiernach ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Beklagte in dem angefochtenen Gebührenbescheid für die Zeit vom 17. November 2009 bis zum 11. November 2010 einen Wasserverbrauch von 1.044 m³ zugrunde gelegt hat. Diese Menge wurde durch Ablesung der Zählerstände auf der vom Beklagten auf dem Grundstück des Klägers angebrachten Wasseruhr von 139 m³ am 17. November 2009 und von 1.183 m³ am 11. November 2010 ermittelt. Die Voraussetzungen, unter denen nach § 15 Abs. 4 WGBS eine Schätzung zulässig ist, liegen nicht vor. Entgegen der Ansicht des Klägers liegen keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür vor, dass der Wasserzähler im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 1 WGBS nicht richtig angezeigt hat.
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Bei einem Streit über den Umfang des Wasserverbrauchs obliegt dem Versorgungsunternehmen die Beweislast dafür, dass ein technisch einwandfrei funktionierender Zähler installiert war und ordnungsgemäß abgelesen wurde (AG Regensburg, Urteil vom 7. Juli 1988 – 6 C 2292/87 – juris; VG Koblenz, Urteil vom 14. Oktober 1988 – 2 K 225/87 – juris). Hat eine Überprüfung des Wasserzählers durch eine staatlich anerkannte Prüfstelle für Messgeräte die Einhaltung der in der Eichordnung festgelegten Verkehrsfehlergrenzen ergeben, spricht ein Beweis des ersten Anscheins für die Richtigkeit der Anzeige der Wasseruhr (OVG Saarlouis, Urteil vom 20. Januar 1994 – 1 R 4/92 – juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschlüsse vom 28. Februar 2008 – 9 N 57.07 – juris und vom 17. Februar 2010 – 9 S 83.09 – juris; VG Frankfurt, Gerichtsbescheid vom 23. März 2004 – 6 E 714/04 – juris; VG Gießen, Urteil vom 30. März 2009 – 8 K 66/08 – juris; VG Köln, Beschluss vom 16. Dezember 2010 – 14 L 1788/10 – juris; VG Magdeburg, Urteil vom 20. Juni 2011 – 9 A 214/10 – juris).
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Nach diesen Grundsätzen spricht hier ein Beweis des ersten Anscheins für die Richtigkeit der am 17. November 2009 und 11. November 2010 abgelesenen Zählerstände. Eine auf Antrag des Beklagten durchgeführte Überprüfung des Wasserzählers durch die EMERMESS vom 7. Dezember 2010 nach Ausbau des Zählers am 2. Dezember 2010 mit einem Zählerstand von 1.186 m³ hat ergeben, dass die Messabweichungen innerhalb der Verkehrsfehlergrenzen liegen und die sonstigen Anforderungen nach Prüfung der inneren und äußeren Beschaffenheit erfüllt sind. Inhalt und Ergebnis der Prüfung des Wasserzählers mit der Nr. 08044040 wurden in der mündlichen Verhandlung durch den Zeugen C. ausführlich beschreiben. Insoweit wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen. Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Zeugen sind nicht ersichtlich und werden vom Kläger auch nicht geltend gemacht. Hieraus ergibt sich, dass der beim Kläger am 2. Dezember 2010 ausgebaute und am 7. Dezember 2010 geprüfte Wasserzähler einwandfrei funktionierte.
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Hiergegen spricht auch nicht der Inhalt des vom Kläger am 26. Oktober 2011 vorgelegten Schreibens des Landeseichamtes Sachsen-Anhalt vom 17. Oktober 2011. Im Gegenteil wird hierin ausgeführt, dass die Befundprüfung am 7. Dezember 2010 durch den Zeugen C. in vollem Umfang entsprechend den Festlegungen der Technischen Richtlinie der Physikalisch Technischen Bundesanstalt TR-W 19 „Befundprüfungen durch Eichbehörden oder staatlich anerkannte Prüfstellen“ durchgeführt wurde und der Befundprüfzähler in geöffnetem Zustand einer wiederholten ausführlichen inneren Beschaffenheitsprüfung mit Fotodokumentation unterzogen wurde. Gegen die Verwertbarkeit der Befundprüfung spricht nicht, dass der Kläger an ihr nicht teilgenommen hat, denn die Aussage des Zeugen C. ergibt zur Überzeugung des Gerichts, dass eine ordnungsgemäße Befundprüfung mit klarem Ergebnis durchgeführt wurde. Eine Teilnahme des Klägers war hierfür nicht erforderlich. Eine ergänzende messtechnische Prüfung vor Ort, wie der Kläger sie wünscht, war hier ebenfalls nicht angezeigt, da der Wasserzähler auf dem Grundstück des Klägers vollständig ausgebaut und zur ENERMESS nach B-Stadt gebracht wurde. Eine (ergänzende) Prüfung vor Ort war deshalb nicht notwendig, weil sämtliche in der TR-W 19 vorgeschriebenen Prüfungsschritte in den Räumen der Prüfstelle WS 1 in B-Stadt vorgenommen werden konnten. Mehr war zum Nachweis der Fehlerfreiheit des Messgerätes nicht erforderlich. Unerheblich ist ferner, dass die Prüfung nach Maßgabe der TR-W 19, Ausgabe 11/06, und nicht der Ausgabe 11/07 durchgeführt wurde, denn nach den Angaben des Zeugen C., an deren Richtigkeit zu zweifeln kein Anlass besteht, weichen diese Ausgaben im Hinblick auf die Prüfung eines Wasserzählers Qn 2,5 – wie hier – nicht voneinander ab. Es bestehen auch keine durchgreifenden Zweifel an der Identität des geprüften Wasserzählers. Es handelt sich um den Wasserzähler mit der Nummer 08034040. Zweifel hieran ergeben sich auch nicht daraus, dass die inneren Messwerk- und Zählwerksteile – wie in dem Schreiben des Landeseichamtes vom 17. Oktober 2011 beschrieben – in sauberem und neuwertigem Zustand waren. Der Zeuge C. hat hierzu überzeugend erklärt, dass Abnutzungserscheinungen insoweit auch bei einem Betrieb von ca. 3 Jahren kaum zu erwarten seien, da das gesamte System bei einem Mehrstrahlflügelradzähler – wie hier – im Wasser und damit gewissermaßen „in der Schwebe“ steht. Auch Ablagerungen von Rückständen im Wasserzähler sind selbst bei großen durchfließenden Wassermengen nicht zu erwarten, wenn die Wasserqualität – wie hier – entsprechend gut ist. Deshalb kann aus dem guten Zustand der inneren Messwerks- und Zählwerksteile auch nicht geschlossen werden, dass keine 1.000 m³ Wasser hindurchgeflossen sind.
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Den hiermit vom Beklagten erbrachten Beweis des ersten Anscheins für die Fehlerfreiheit des Messergebnisses hat der Kläger nicht entkräftet. Es hat keine Tatsachen nachgewiesen, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit ergibt, dass der Wasserzähler doch falsch angezeigt hat.
38
Dies gilt zunächst für die vom Kläger gehegte Vermutung, bei den Straßenbauarbeiten vor seinem Grundstück auf der B 187 sei es zu Erschütterungen gekommen, die einen Sprung des 1000-er Zählrades des Wasserzählers bewirkt hätten, so dass dieser genau 1.000 m³ zuviel angezeigt habe. Hierzu hat der Zeuge C. in der mündlichen Verhandlung erklärt, das Rollenzählwerk sei bei der Überprüfung fehlerfrei gewesen und habe keine innere Beschädigung aufgewiesen. Dies sei bei einer optischen Prüfung des Zählwerks nach Prüfung des Zählers auf seine mechanische Beschaffenheit hin und nach Demontage des Zählers festgestellt worden. Ein Vorrücken des Tausenderzählers, ohne dass eine entsprechende Wassermenge durch den Zähler geflossen ist, sei daher nicht vorstellbar. Die Möglichkeit der Beeinflussung des Zählwerks durch Schwingungen oder Erschütterungen sei ihm nicht bekannt. Vor diesem Hintergrund bleiben erhebliche Zweifel, ob durch die Baumaßnahme vor dem Grundstück des Klägers ein Sprung des 1000-er Zählrades bewirkt worden sein könnte. Jedenfalls wurde dies durch den Kläger nicht bewiesen.
39
Etwas anderes folgt auch nicht aus der vom Kläger am 26. Oktober 2011 vorgelegten Stellungnahme der Roland Kurz GmbH vom 21. Juni 2011. Auch hierin wird ausgeführt, dass kein Fall bekannt sei, in dem ein Zählwerk – etwa infolge von Schwingungen – „weitergesprungen“ wäre, ohne dass dies anhand mechanischer Beschädigungen – insbesondere dem Bruch eines Zahns eines Zahnrades – erklärbar gewesen wäre. Derartige mechanische Beschädigungen im Inneren des Zählers waren aber nach den Angaben des Zeugen C. gerade nicht vorhanden.
40
Gegen die Richtigkeit der angezeigten Zählerstände spricht auch nicht das Ergebnis der Überprüfung der Wasserleitungen auf dem Grundstück des Klägers durch zwei Fachfirmen im Frühjahr 2011. Diese haben in ihren Stellungnahmen vom 10. und 17. Februar 2011 die Dichtheit der Leitungen bestätigt. Dies lässt nicht zwingend auf die Fehlerhaftigkeit des Wasserzählers schließen, denn die gemessene Wassermenge muss nicht durch einen Rohrbruch verursacht worden sein, sondern kann auch durch eine Wasserentnahme zu anderen Zwecken entstanden sein.
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Aus diesen Gründen spricht auch die im Schreiben des Landeseichamtes vom 17. Oktober 2011 beschriebene Beschaffenheitsprüfung der Messstelle auf dem Grundstück des Klägers nicht gegen die Richtigkeit des Messergebnisses. Diese habe ergeben, dass die Einbaustelle des Messgerätes ordnungsgemäß gegen Frost und unbefugten Zugang gesichert sei. Die Verbindung zwischen dem Wassermessgerät und der Wasserentnahmestelle sei wasserdicht gewesen. Auch diese Angaben sprechen vielmehr für die Richtigkeit des abgelesenen Messergebnisses.
42
Darüber hinaus kann auch aus der Anzeige des zweiten, vom Kläger selbst eingebauten Vergleichszählers kein Schluss auf die Fehlerhaftigkeit des Wasserzählers des Beklagten gezogen werden. Ursache für die Differenz der Anzeigen an den beiden Wasserzählern kann ein Fehler in der Messung des Wasserverbrauchs durch den Vergleichszähler sein, der nach den Angaben des Klägers das Baujahr 1990 aufweist, im Jahr 1994 eingebaut wurde und seit 1996 im Dauerbetrieb genutzt wird. Auch ein Wasserverlust oder eine Wasserentnahme zwischen dem Wasserzähler des Beklagten und dem Vergleichszähler des Klägers sind nicht auszuschließen.
43
Schließlich kann auch aus dem – wesentlich niedrigeren – Verbrauch in den Vorjahren kein zwingender Schluss auf die Fehlerhaftigkeit des Wasserzählers des Beklagten gezogen werden. Zwar ist der für die Verhältnisse des Klägers sehr hohe Verbrauch von 1.044 m³ in nur einem Jahr sehr unwahrscheinlich. Er ist jedoch nicht unmöglich. Bei einer maximalen Durchflussmenge von 5 m³/h ist ein solcher Verbrauch bei einem maximalen Wasserdurchfluss in 8,7 Tagen möglich (8,7 x 24 h x 5 m³/h = 1.044 m³). Soweit der Kläger die Plausibilität eines solchen Wasserverbrauchs in Zweifel zieht, legt er lediglich dar, dass der durch den Wasserzähler angezeigte Wasserverbrauch möglicherweise zu hoch ist. Der Beweis der Unrichtigkeit der Anzeige des Wasserzählers ist damit jedoch nicht erbracht.
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2. Der Bescheid des Beklagten vom 14. Januar 2011 über die Erstattung der Kosten der Zählerprüfung in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, soweit hierin ein zu erstattender Betrag von mehr als 55,16 € festgesetzt wird. Im Übrigen ist dieser Bescheid rechtmäßig.
45
Rechtsgrundlage des Kostenerstattungsanspruchs ist § 21 Abs. 2 der Satzung des Wasser- und Abwasserzweckverbandes “Elbe-Elster-Jessen” (WAZV) über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Trinkwasser (Wasserversorgungssatzung – WVS) in Verbindung mit § 19 Abs. 2 und § 35 Abs. 1 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Wasser (AVBWasserV) vom 20. Juni 1980 (BGBl. I S. 750). Nach diesen Vorschriften fallen die Kosten der Nachprüfung einer Messeinrichtung für Wasser durch eine Eichbehörde oder eine staatlich anerkannte Prüfstelle dem Verband zur Last, falls die Abweichung die gesetzlichen Verkehrsfehlergrenzen überschreitet, sonst dem Wasserabnehmer, wenn dieser die Prüfung verlangt hat. Hiernach hat der Kläger dem Beklagten dem Grunde nach die Kosten der Zählerprüfung vom 7. Dezember 2010 zu erstatten, da er diese mit Schreiben vom 1. Dezember 2010 verlangt hat und diese die Einhaltung der Verkehrsfehlergrenzen ergeben hat.
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Der Beklagte kann vom Kläger jedoch nur die Erstattung der ihm mit Rechnung vom 30. Dezember 2010 von der ENERMESS in Rechnung gestellten Prüfkosten in Höhe von 55,16 € verlangen. Ein weitergehender Kostenerstattungsanspruch besteht nicht. Kosten der Prüfung im Sinne des § 21 Abs. 2 WVS sind nur die dem jeweiligen Antragsteller von der Eichbehörde oder Prüfstelle in Rechnung gestellten Kosten der Befundprüfung, nicht jedoch eigene Kosten des Antragstellers, sei es des Wasserabnehmers, sei es des Verbandes, die diesem etwa durch den Transport des Zählers entstehen. Nur die Kosten der eigentlichen Befundprüfung entstehen in einer nach der Eichkostenverordnung vom 21. April 1982 (BGBl. I S. 428) bestimmbaren Höhe bei jeder Nachprüfung von Messeinrichtungen unabhängig davon, wer im Einzelfall gemäß § 32 Abs. 2 der Eichordnung vom 12. August 1988 (BGBl. I S. 1657) den Antrag auf Befundprüfung stellt und hierzu die Demontage und/oder den Transport übernimmt. Raum für einen „Gemeinkostenzuschlag“ oder die Geltendmachung eigener Transport- oder Arbeitskosten besteht nicht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
48
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.