Dienstag, 15. August 2017

Unterlassungsanspruch gegen Immobilienanzeigen ohne Angaben zur Art des Energieausweises und der Energieträger

Leitsatz:
Informationen zur Art des Energieausweises und zu den im Energieausweis genannten Energieträgern für die Heizung sind wesentlich im Sinne des § 5a Abs. 2 Nr. 1 UWG und müssen daher in einer Immobilienanzeige enthalten sein. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meldung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis  zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in kommerziellen Medien eine Immobilienanzeige für eine Wohnimmobilie, für die zum Zeitpunkt der Anzeigenaufgabe ein Energieausweis vorliegt, vor deren Verkauf zu veröffentlichen, ohne sicherzustellen, dass diese Anzeige
a.) Angaben zu der Art des Energieausweises (Energiebedarfsausweis oder Energieverbrauchsausweis im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 EnEV) und zu den im Energieausweis genannten wesentlichen Energieträgern für die Heizung des Gebäudes enthält, wenn dies geschieht, wie in einer Immobilienanzeige der Beklagten in der ... Zeitung vom ... für die Wohnimmobiiie „Luxus-Penthouse in ..., Baujahr 2017" zum Kaufpreis von 980.000,00 EUR, die wie folgt wiedergegeben ist:
b.) Angaben zu der Art des Energieausweises (Energiebedarfsausweis oder Energieverbrauchsausweis im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 EnEV ) enthält, wenn dies geschieht wie in einer Immobilienanzeige der Beklagten in der ... Zeitung vom ... für die Immobilie „Wohnung in ..., 97 m2 Wohnfläche, Baujahr 1995" zum Kaufpreis von 254.000,00 EUR, die wie folgt wiedergegeben ist:
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 229,34 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung hinsichtlich der Unterlassung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,- € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Hinsichtlich der Abmahnkosten und hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits kann die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger verlangt von der Beklagten die strafbewehrte Unterlassung der Schaltung bezeichneter gewerblicher Immobilienanzeigen sowie die Zahlung vorgerichtlicher Abmahnkosten.
2
Der Kläger ist ein nach dem Wettbewerbsrecht klagefähiger Umwelt- und Verbraucherschutzverband und in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 des UklaG eingetragen. Nach seiner Satzung bezweckt er u.a., die aufklärende Verbraucherberatung sowie den Umweltschutz in der Bundesrepublik Deutschland zu fördern.
3
Die Beklagte betreibt in ... ein Immobilien- und Maklerunternehmen. Ihre Bilanz des Kalenderjahres 2014 weist einen Bilanzgewinn von ... und im Vorjahr einen solchen von ... bei einer Bilanzsumme im Jahr 2014 von rund ... und im Jahr 2013 von ... auf.
4
Die Beklagte inserierte in der Ausgabe vom ... der ... Zeitung im Immobilienteil für den Verkauf der Wohnimmobilien „Luxus-Penthouse in ... Innenstadt, Baujahr 2017“ zum Kaufpreis von 980.000,- € und „Wohnung in ..., 97 m2 Wohnfläche, Baujahr 1995" zum Kaufpreis von 254.000,- € dergestalt, dass sie in der Anzeige betreffend die Penthouse-Wohnung zwar Angaben zum Baujahr und zu einem Energiekennwert von 54,8 kWH tätigte, die nach § 16 a Abs. 1 Ziffern 1 und 3 EnEV vorgeschriebenen Pflichtangaben zu der Art des Energieausweises, Energiebedarfsausweis oder Energieverbrauchsausweis i.S.d. § 17 Abs. 1 S. 1 EnEV und zu den im Energieausweisgenannten wesentlichen Energieträgern für die Heizung des Ge bäudes; in der Immobilienanzeige betreffend die Wohnung in Probstried gab die Beklagte das Baujahr, den wesentlichen Energieträger für die Heizung sowie einen Energiekennwert von 86 kWH an, unterließ aber die nach § 16 a Abs. 1 Ziffer 1 EnEV vorgeschriebenen Angaben zur Art des Energieausweises.
5
Für beide Wohnungen war ein Energieausweis vorhanden.
6
Mit Schreiben vom 04.11.2016 mahnte der Kläger die Beklagte ab und wies darauf hin, dass nur die Abgabe einer erheblich strafbewehrten Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr ausräume und den Unterlassunganspruch erledige. Eine den entsprechenden Grundsätzen gerecht werdende Unteriassungserklärung sei beigefügt. In der entsprechend beigefügten Unterlassungserklärung mit Vertragsstrafeversprechen ist enthalten, dass die Beklagte sich unter Übernahme einer für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung zu zahlende Konventionalstrafe in Höhe von 7.500,- € verpflichtet, es künftig zu unterlassen, bei dem Bewerben von Immobilien in kommerziellen Medien nicht sicherzustellen, dass darin Angaben aus dem Energieausweis zur energetischen Beschaffenheit der Immobilie, wie zur Art des ausgestellten Energieausweises, zum Wert des Endenergiebedarfs oder des Endenergieverbrauchs der beworbenen Immobilie, über den wesentlichen Energieträger für die Heizung des Gebäudes, zum Baujahr der Immobilie sowie zur Energieeffizienzklasse nach Maßgabe und unter Beachtung der Vorschriften des § 16 a EnEV aufgeführt sind, so wie geschehen in der ... Zeitung vom ... Mit Schreiben vom 11.11.2016 lehnte die Beklagte die Abgabe dieser Erklärung unter Anführung entsprechender Gründe ab.
7
Die Klägerin trägt vor,
die fehlenden Angaben betreffend beider Anzeigen seien als wettbewerblicher Verstoß i.S. der §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 3, 5 a Abs. 2 UWG zu werten. Dabei könne dahinstehen, ob die Beklagte als Immobilienmakler direkt unter dem Pflichtenkreis des § 16 a Abs. 1, Abs. 2 EnEV falle.
8
Die Abmahnung und deren gerichtliche Verfolgung seien nicht rechtsmissbräuchlich: Hiergegen spreche schon der Umstand,, dass er einer der großen, anerkannten und einflussreichen Umweltschutz- und Verbraucherschutzverbände in der Bundesrepublik Deutschland sei und unzweifelhaft rechtmäßig handle. Er habe in Erfüllung seiner satzungsrechtlichen Aufgaben gehandelt.
9
Er würde auch nicht systematisch Printmedien „durchforsten“ und angebliche „Kleinstverstöße“ suchen. Vielmehr mache er selbst lediglich Stichproben und gehe ansonsten gegen Wettbewerbsverstöße vor, von denen er Kenntnis erlange.
10
Im Übrigen sei das Vorgehen gegen eine Vielzahl von Wettbewerbsverletzungen und damit die Zahl der Abmahnungen kein Kriterium, das eine Missbräuchlichkeit begründe. Insbesondere sei es eine durch nichts untermauerte Vermutung, dass er sachfremde Ziele verfolge. Soweit sich die Beklagte auf die Größe der Anzeige beziehe, sei die Frage der Größe einer Anzeige für einen Wettbewerbsverstoß irrelevant.
11
Die seinem Abmahnschreiben beigefügte vorgeschlagene Unterlassungserklärung könne ein missbräuchliches Vorgehen seinerseits ebenfalls nicht begründen.
12
Nach der wettbewerbsrechtlichen Systematik sei er von vorneherein gar nicht gehalten gewesen, eine strafbewehrte Unterlassungserklärüng beizufügen. Vielmehr oblag es der Beklagten, durch eine ausreichend strafbewehrte Unterlassungserklärung die Wiederholungsgefahr zu beseitigen. Selbst wenn ihr Vorschlag zu weitgehend gewesen sei, wie nicht, sei es Sache der Beklagten, eine ausreichende Unterlassungserklärung abzugeben.
13
Im Übrigen sei sein schutzwürdiges Interesse am Unterbleiben weiterer Zuwiderhandlungen so hoch gewesen, dass der Vorschlag der strafbewehrten Unterlassung kerngleicher Verletzungshandlungen zulässig sei.
14
Der angegebene Streitwert und die in der vorgeschlagenen Unterlassungserklärung aufgeführte Vertragsstrafe ergäben ebenfalls kein rechtsmissbräuchliches Verhalten.
15
Der angegebene Streitwert sei angemessen.
16
Der Vorschlag hinsichtlich des Vertragsstrafeversprechens sei nicht überhöht gewesen. Dies ergebe sich aus der Art des Verstoßes. Entgegen der Angaben der Beklagten ergebe sich aus den mitgeteilten Bilanzsummen und Bilanzgewinnen auch eine entsprechende Größe der Beklagten.
17
Das vorgeschlagene Vertragsstrafeversprechen sei auch nicht verschuldensunabhängig ausgestaltet. Der Umstand, dass in der Unterlassungserklärung das Verschulden nicht erwähnt ist, ergäbe insoweit keine andere Wertung.
18
Der Kläger beantragt,
1. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,00 EUR, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an ihrem Geschäftsführer,
zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs in kommerziellen Medien eine Immobilienanzeige für eine Wohnimmobilie, für die zum Zeitpunkt der Anzeigenaufgabe ein Energieausweis vorliegt, vor deren Verkauf zu veröffentlichen, ohne sicherzustellen, dass diese Anzeige
a.) Angaben zu der Art des Energieausweises (Energiebedarfsausweis oder Energieverbrauchsausweis im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz i EnEV) und zu den im Energieausweis genannten wesentlichen Energieträgern für die Heizung des Gebäudes enthält, wenn dies geschieht, wie in einer Immobilienarizeige der Beklagten in der ... Zeitung vom ... für die Wohnimmobilie „Luxus-Penthouse in ..., Baujahr 2017" zum Kaufpreis von 980.000,00 EUR, die wie folgt wiedergegeben ist:
b.) Angaben zu der Art des Energieausweises (Energiebedarfsausweis oder Energieverbrauchsausweis im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 EnEV) enthält, wenn dies geschieht wie in einer Immobilienanzeige der Beklagten in der ... Zeitung vom … für die Immobilie „Wohnung in ..., 97 m2 Wohnfläche, Baujahr 1995" zum Kaufpreis von 254.000,00 EUR, die wie folgt wiedergegeben ist:
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 229,34 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz p.a. hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
19
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen. Die Beklagte trägt vor,
das Vorgehen des Klägers sei aufgrund der Summe der vorliegenden Indizien als rechtsmissbräuchlich zu werten.
20
Die Klägerin recherchiere massenhaft geringfügige, wettbewerbsrechtlich unproblematische Verstöße. Dies zeige geradezu das Auffinden der zwei briefmarkengroßen streitgegenständlichen Anzeigen.
21
Die Angabe eines überhöhten Gegenstands- oder Streitwerts im Zusammenhang mit dem systematischen Vorgehen sei weiterhin ein starkes Indiz für das rechtsmissbräuchliche Vorgehen.
22
Der Streitwert von 30.000,-€ sei deutlich übersetzt.
23
Das Verlangen einer Vertragsstrafe von 7.500,- € sei erheblich überhöht.
24
Auch die Ausgestaltung der Vertragsstrafe als verschuldensunabhängig - so sei die Vertragsstrafe zu verstehen - ergebe ein Indiz für die Rechtswidrigkeit.
25
Soweit der Kläger vorträgt, sie habe die vorschlagene Unterlassungserklärung nicht akzeptieren müssen, sondern hätte eine eigene abgeben können, ergebe dies keine andere Wertung hinsichtlich der Missbräuchlichkeit.
26
Auch die starke Verallgemeinerung des Unterlassungsgebots sei ein eindeutiges Indiz für die Missbräuchlichkeit. Die Verallgemeinerung gehe über den Kernbereich hinaus.
27
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

28
Der Kläger ist gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG klagebefugt.
29
Der Unterlassungsanspruch ist jedenfalls nach den §§ 8 Abs. 1 S. 1, 3, 5 a Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 UWG gegeben.
30
Die Informationen zur Art des Energieausweises und zu den im Energieausweis genannten Energieträgern für die Heizung sind wesentlich im Sinne des § 5 a Abs. 2 Nr. 1 UWG. Auf die maßgeblichen und zutreffenden Ausführungen des OLG Hamm im Urteil I-4 U 137/15 und OLG München im Urteil 6 U 4725/15 wird verwiesen.
31
Hinreichende Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen des Klägers sind nicht gegeben.
32
Voraussetzung hierfür wäre, wenn der Kläger überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und dies als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheint.
33
Dies liegt nicht vor. Der Kläger hält sich, auch wenn er selber in entsprechenden Medien seinem Satzungszweck entsprechende wettbewerbswidrige Verstöße recherchiert, innerhalb seines Satzungszweckes. Die Häufigkeit von Abmahnungen belegt nicht ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen des Klägers, sondern vielmehr vielfachen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht.
34
Dem Kläger ist auch beizupflichten, dass die Größe der Anzeige für die Qualifizierung eines Inserats als wettbewerbswidrig nicht relevant ist.
35
Die im Abmahnschreiben beigefügte vorgeschlagene Unterlassungserklärung begründet ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen nicht.
Die Ausführungen des Klägers insoweit, dass es sich um einen Vorschlag handle, sind zutreffend. Entgegengesetzte Aussagen sind auch dementsprechenden Anschreiben nicht zu entnehmen. Wenn die Beklagte in Einzelpunkten eine andere strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben will, ist sie durch den entsprechenden Vorschlag daran nicht gehindert.
36
Die Formulierung in dem Vertragsstrafeversprechen beinhaltet auch keine über den Kern hinausgehende Verletzungshandlung.
37
Der angegebene Streitwert bewegt sich im Rahmen dessen, was in vergleichbaren Fällen angesetzt wird.
38
Die vorgeschlagene Vertragsstrafe ist nicht überhöht. Die Art des Verstoßes bedingt eine maßgebliche Vertragsstrafe, um weitere Verstöße zu verhindern.
39
Die vorgeschlagene Vertragsstrafe ist auch nicht verschuldensunabhängig ausgestaltet. Soweit die Beklagte vorträgt, durch die bewusst unklare und auslegungsbedürftige Formulierung bestehe die Gefahr, dass insbesondere ein rechtlich unkundiger die Vertragsstrafe im Fall einer nicht schuldhaften Zuwiderhandlung bezahle, ist darauf zu verweisen, dass in dem Vertragsstrafeversprechen eben eine verschuldensunabhängige Zahlung nicht erwähnt wird. Zutreffend führt der Kläger aus, dass in derartigen Fällen nur ein Verschulden die Vertragsstrafe auslöst. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass eine Vertragsstrafe grundsätzlich nur bei Verschulden fällig ist. Wenn ein Adressat insoweit nicht kundig ist, besteht für ihn die Möglichkeit, entsprechende Erkundigung einzuziehen.
40
Hinsichtlich der Abmahnkosten besteht der Zahlungsanspruch nach § 12 Abs. 1 UWG. Die Abmahnkosten entsprechen dem gerechtfertigten Interesse des Klägers.
41
Die Kostenentscheidung resultiert aus § 91 Abs. 1 ZPO.
42
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit resultiert aus § 709 ZPO.