Tenor:
1.
Der Kläger wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers vom
16.4.2014 gegen das Urteil des Landgerichts Gießen vom 27.2.2014 durch einstimmigen Beschluss
zurückzuweisen.
2.
Der Antrag des Klägers vom 18.6.2014 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das
Berufungsverfahren wird zurückgewiesen.
3.
Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme hinsichtlich der Ziff. 1 dieses Beschlusses binnen
zwei Wochen ab Zugang.
Gründe
Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung des Klägers gemäß § 522 II S.1 ZPO durch
einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, da sie keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache
nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats nicht erfordert. Der Senat hält das
Fehlen von Erfolgsaussichten der Berufung für hinreichend deutlich („offensichtlich“, § 522 II
Ziff. 1 ZPO). Soweit § 522 II ZPO als Sollvorschrift gefasst ist, besteht nach Auffassung des
Senats keine Veranlassung, eine Ausnahmekonstellation von dem gesetzlichen Regelfall
anzunehmen. Der Senat sieht auch keinen Anlass für die Durchführung einer mündlichen
Verhandlung (§ 522 II Ziff. 4 ZPO).
Die Berufung ist in der Sache ohne Erfolg, denn das angegriffene Urteil beruht weder auf einer
Rechtsverletzung (§§ 513 I, 546 ZPO) noch rechtfertigen die zu Grunde zu legenden Tatsachen
eine andere Entscheidung (§§ 513 I, 529 ZPO).
Der Kläger macht gegenüber dem Beklagten aus abgetretenem Recht werkvertragliche
Gewährleistungsansprüche geltend. Er und seine damalige Ehefrau schlossen mit Herrn X einen
Bauwerkvertrag, auf dessen Grundlage gegen Vergütung von € 135.000,- ein Wohnhaus gemäß
Baubeschreibung errichtet wurde. Herr X beauftragte den Beklagten mit der Erstellung des
Energieeinsparnachweises; die Heizungsanlage wurde durch die Fa. A hergestellt. Nach
Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des X trat der Insolvenzverwalter
Ansprüche gegen den Beklagten wegen fehlerhafter Erstellung des Energieeinsparnachweises an
den Kläger und dessen Ehefrau ab; letztere trat ihre Ansprüche an den Kläger ab. Der Kläger hat
behauptet, der von dem Beklagten erstellte Energieeinsparnachweis sei fehlerhaft. Zu einer
ausreichenden Beheizung des Gebäudes sei eine alleinige Abluft-Wärmepumpe nicht ausreichend, sondern zumindest neben der tatsächlich eingebauten Heizungsanlage die
zusätzliche Installation eines Kaminofens erforderlich. Der Kläger hat einen Vorschuss auf die zu
erwartenden Mängelbeseitigungskosten geltend gemacht, Feststellung der Ersatzpflicht für
bestehende und zukünftige Schäden sowie Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten verlangt.
Das Landgericht hat mit Urteil vom 27.2.2014 (Bl. 288 ff d.A.) festgestellt, dass der Beklagte
verpflichtet ist, den durch die Notwendigkeit zur Neuherstellung eines Energieeinsparnachweises
zukünftig entstehenden Schaden zu ersetzen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Der
Kläger greift diese Entscheidung mit seiner rechtzeitig eingelegten und innerhalb verlängerter
Frist begründeten Berufung an. Er verfolgt unter der Beantragung von Prozesskostenhilfe für das
Berufungsverfahren den erstinstanzlich gestellten Feststellungsantrag im Übrigen sowie den
Antrag auf Erstattung von Rechtsanwaltskosten weiter und erhöht das weiterhin geltend
gemachte Zahlungsbegehren.
Die Klage ist zulässig. Der Kläger stellt seinen Zahlungsantrag ausdrücklich als
Vorschussforderung (Klageschrift vom 9.7.2012, S.3, Bl. 3 d.A.). In diesem Falle ist ein
Feststellungsantrag bezüglich etwaiger weiterer Kosten an sich entbehrlich (BGH, NJW 2009, 60
[BGH 25.09.2008 - VII ZR 204/07]), aber nicht unzulässig (Schwenker in: Erman BGB,
Kommentar, § 637 BGB, Rd.17). Dem Feststellungsantrag (§ 256 ZPO) steht auch nicht aus
anderem Grunde das Fehlen eines Feststellunginteresses entgegen. Zum einen ist der Eintritt
zukünftiger Schäden bereits im Hinblick auf die fortlaufend anfallenden Heizkosten sowie etwaige
Einbauschäden möglich. Zum anderen kann der Kläger den bereits gegenwärtig eingetretenen
Schaden nicht verlässlich beziffern.
Soweit der Kläger mit seinem Zahlungsantrag einen Vorschussanspruch geltend macht, ist seine
Klage aber bereits grundsätzlichen Schlüssigkeitsbedenken ausgesetzt. Der Kläger geht gegen
den Beklagten aus übergegangenem Recht des X bzw. der Insolvenzmasse vor. Da es sich bei
der von dem Beklagten zu erbringenden Erstellung eines Energieeinsparnachweises um eine
werkvertragliche Leistung handelt, ist zur rechtlichen Bewertung auf das werkvertragliche
Sachmängelrecht abzustellen. Dieses sieht eine Vorschusspflicht des Werkunternehmers in § 637
III BGB vor. Nach dieser Vorschrift kann Vorschuss allerdings nur für solche Leistungen verlangt
werden, die der Unternehmer selbst im Wege der Nacherfüllung ausführen dürfte (BGH, NJWRR
1997, 339, [BGH 24.10.1996 - VII ZR 98/94] m.w.N.). Damit besteht insbesondere
gegenüber Planern, deren geistige Leistungen sich bereits im Bauwerk verkörpert haben, ein
Vorschussanspruch nicht (Schwenker in: Erman BGB, Kommentar, 14. Aufl., § 637 BGB, Rd.11).
Unabhängig davon ist eine Haftung des Beklagten in dem für das Berufungsverfahren relevanten
Bereich bereits dem Grunde nach zu verneinen. Dabei kann eine Fehlerhaftigkeit des
Energieeinsparnachweises unterstellt werden.
Ein "Mangelschaden" hinsichtlich dessen Schadensersatz nach §§ 634 Ziff. 4, 281 BGB verlangt
werden könnte, ist durch den Feststellungsausspruch des Landgerichts abgedeckt worden. Ein
solcher liegt im Minderwert des Werks selbst und kann durch Nacherfüllung beseitigt werden.
Der Kläger macht im Übrigen geltend, der Fehler des Beklagten habe sich in dem errichteten
Bauwerk niedergeschlagen. Dies stellt einen "Mangelfolgeschaden" dar, für den der
Werkunternehmer ggf. nach den §§ 634 Ziff. 4, 280 BGB haftet.
Für eine werkvertragliche Haftung des Beklagten hinsichtlich eines Folgeschadens ist neben dem
Mangel ein Zurechnungszusammenhang zwischen Werkmangel und Folgeschaden erforderlich,
an dem es fehlt.
Dieser Zusammenhang setzt zunächst die Ursächlichkeit des Mangels für den Folgeschaden
voraus. Insoweit ist keine Kausalität im naturwissenschaftlichen Sinne erforderlich, die in jedem
Fall zu verneinen wäre. Vielmehr reicht es aus, dass sich der Folgeschaden auf Grund einer
Willensentschließung entwickelt, wenn diese durch den haftungsbegründenden Mangel ´herausgefordert´ wurde (sog. psychisch vermittelte Kausalität; z.B. Ebert in: Erman BGB,
Kommentar, 14. Aufl., Vorbemerkung zu §§ 249–253, Rd. 58).
Weitere Voraussetzung ist das Bestehen eines Schutzzweckzusammenhangs, mit dem als
wertendes Korrektiv eine unangemessene Haftungsausweitung vermieden werden soll. Dieser
Zusammenhang liegt vor, wenn die verletzte Pflicht den Zweck hat, den Geschädigten gerade vor
den zur Anspruchsbegründung herangezogenen Schäden zu bewahren (Kindl in: Erman BGB,
Kommentar, 14. Aufl., § 311 BGB, Rd. 28).
Soweit ein Fehler in den Berechnungen des Beklagten zu der Auswahl einer ungeeigneten oder
jedenfalls nicht vollständig geeigneten Heizungsanlage durch den Zeugen X geführt haben sollte,
mag ein Kausalzusammenhang im Sinne eines Herausforderungsfalls (s. o. 3.4.2 b) zu bejahen
sein. Es fehlt aber an dem Schutzzweckzusammenhang (s. o. 3.4.2 c).
Wie der Gerichtssachverständige in seinem Gutachten vom 6.6.2013 überzeugend dargelegt hat,
bezweckt die Erstellung des Energieeinsparnachweises die Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen
Pflicht zum Nachweis der "energetischen Qualität" des Gebäudes im Zusammenhang mit der
Erteilung einer Baugenehmigung (Gutachten S. 8). Der Nachweis dient nicht der Auswahl einer
bestimmten Heizungsanlagenart oder der Ermittlung der Heizungsauslegung. Demgegenüber ist
zur Ermittlung der erforderlichen Heizleistung eine gesonderte Berechnung anzustellen, die sog.
Heizlastberechnung nach DIN EN 12831. Bei dieser Berechnung handelt es sich um einen
eigenständigen Vorgang, der sich von der Erstellung des Energieeinsparnachweises neben der
Zielrichtung auch dadurch unterscheidet, dass die Heizlastberechnung raumweise zu erfolgen hat
und nicht in dem für den Energieeinsparnachweis maßgeblichen "Einzonen-Modell" (Gutachten S.
8).
Dementsprechend hatte die Pflicht des Beklagten zur Erstellung eines zutreffenden
Energieeinsparnachweises nicht den Zweck, den Bauersteller vor der Wahl einer ungeeigneten
Heizungsanlage zu bewahren.
Soweit der Gerichtssachverständige im Rahmen seiner Anhörung ausgeführt hat
(Sitzungsprotokoll vom 26.8.2013, S. 4, Bl. 236 d.A.), er könne „sich schon vorstellen, dass da
ein Heizungsbauer, der diesen Energiesparnachweis liest, dann schon danach guckt, welche
Heizungsanlagen im Sinne von Wärmepumpen es nun gibt und diese dann danach auswählt“,
stellt dies einen Randeffekt (´Reflex´) des Energieeinsparnachweises dar, der aber die
Erforderlichkeit einer konkreten Heizlastberechnung nicht entfallen lässt. Da aus dem
Energieeinsparnachweis „die Bauteilqualitäten, das sind die Wärmedurchgangszahlen der
Bauteile ... übernommen“ (Gutachten S. 4) werden, mag erwogen werden können, ob der
Energieeinsparnachweis den begleitenden Zweck hat, die Heizlastberechnung in diesem Bereich
vorzubereiten. Denn es kann zu einem Fehler in der Heizlastberechnung kommen, wenn „die aus
den EnEV-Nachweis übernommenen Wärmedurchgangszahlen unzutreffend wären“ (Gutachten
a.a.O.). Dies ist nach den Feststellungen des Sachverständigen aber nicht der Fall. Denn dieser
hat keinen Anhaltspunkt für die Annahme ermitteln können, dass der Beklagte unzutreffende
Werte der Bauteilqualitäten einsetzte. Vielmehr weist der Sachverständige auf die Richtigkeit des
von dem Beklagten errechneten Energiebedarfs für Heizung und Trinkwassererwärmung hin
(Gutachten S. 5). Weisen aber Energieeinsparnachweis und Heizlastberechnung
Gemeinsamkeiten nur im Bereich der zu Grunde gelegten Wärmedurchgangszahlen auf und sind
die Annahmen des Beklagten in diesem Bereich zutreffend, kann nicht angenommen werden,
dass sich ein Fehler des Beklagten in der Heizlastberechnung fortgesetzt haben soll.
Ein über den Ausspruch des landgerichtlichen Urteils hinausgehender Anspruch des Klägers
ergibt sich auch nicht aus der Verletzung eines Beratungsvertrags. Denn es kann der
Entscheidung bereits nicht zu Grunde gelegt werden, dass ein solcher Vertrag zwischen dem
Zeugen X und dem Beklagten geschlossen wurde.
Ein ausdrücklicher Vertragsschluss ist nicht ersichtlich.
Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung vorträgt, der Beklagte habe ihn bei der Wahl der
Heizungsanlage beraten (Berufungsbegründung S. 3, Bl. 348 d.A.), hat er dahingehenden
Vortrag bereits in erster Instanz mit der Behauptung gehalten, der Beklagte habe den Einsatz
einer Abluft-Wärmepumpe vorgeschlagen (Sitzungsprotokoll vom 1.11.2012, S. 2, Bl. 49 d.A.
und Schriftsatz vom 22.8.2013, S. 2, Bl. 231 d.A.). Die nunmehr in der Berufungsbegründung
erfolgte Substantiierung des Klägervortrags lässt die Annahme eines durch schlüssiges Verhalten
geschlossenen Beratungsvertrags allerdings nicht zu.
Der Kläger trägt insoweit vor, der Beklagte habe ihm Folgendes mitgeteilt:
„So könne man mit einer geeigneten Technik (z.B. durch den Einbau einer Abluft-Wärmepumpe
mit kontrollierter Wohnraumlüftung) bei der Wärmedämmung des Objektes sparen und
gleichzeitig unter Berücksichtigung der einschlägigen ENEV kostengünstig bauen“
(Berufungsbegründung S. 3, Bl. 348 d.A.).
Wie der Gerichtssachverständige im Rahmen seiner Anhörung mitgeteilt hat (Sitzungsprotokoll
vom 26.8.2013, S. 4, Bl. 235 d.A.), hat keine Veranlassung bestanden, den Beklagten als
„Experte(n) für auf dem Markt befindliche Arten von Heizungsanlagen“ zu betrachten. Seine
nunmehr vorgetragenen Äußerungen bewegten sich bei Wahrunterstellung des Klägervortrags in
einer Weise im Grundsätzlichen, dass auf ihrer Grundlage ein konkludent geschlossener
Beratungsvertrag nicht angenommen werden kann.
Soweit der Kläger seine Klage im Zahlungsantrag erweitert, zwingt dies nicht zu einer
mündlichen Verhandlung. Denn eine im Berufungsverfahren erfolgende Änderung des
Klagebegehrens, eine Klageerweiterung, -beschränkung oder eine Widerklage schließt eine
Beschlusszurückweisung nicht aus, weil der Berufungsführer sonst stets eine mündliche
Verhandlung erzwingen könnte; diesbezüglich findet § 524 IV ZPO entsprechende Anwendung
(Zöller-Heßler, Zivilprozessordnung, 30. Aufl., § 522 ZPO, Rd. 37).
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren ist in
Ansehung der voranstehenden Ausführungen mangels Erfolgsaussicht zurückzuweisen, § 114 I
ZPO.
Der Senat stellt anheim, die Berufung zurückzunehmen. Bei einer Zurückweisung der Berufung
durch Beschluss gemäß § 522 II ZPO entstehen die gleichen Gerichtskosten wie bei der
Zurückweisung durch ein begründetes Urteil (4,0 Gerichtsgebühren, vgl. KV Nr. 1220). Die
Rücknahme der Berufung führt zu einer Reduzierung dieser Kosten (Ermäßigung auf 2,0
Gerichtsgebühren, vgl. KV Nr. 1222).