Montag, 14. August 2017

Verzögerung bei der Inbetriebnahme einer Heizungsanlage

Werklohnanspruch: Kündigung aus wichtigem Grund wegen Verletzung der Bauförderungspflicht; Verzögerung bei der Inbetriebnahme einer Heizungsanlage

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.
3. Das Urteil ist für das beklagte Land wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: 44.146,46 €.

Tatbestand

1
Die Klägerin macht nach Kündigung des ihr erteilten Werkauftrages über die Heizungsinstallation für die Baumaßnahme Hochschule A (FH) restlichen Werklohn in Höhe des vollen Werklohns abzüglich ersparter Aufwendungen in Höhe von 44.146,46 € geltend.
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Das beklagte Land schrieb 2009 die streitgegenständlichen Leistungen des Gewerkes Heizungsinstallation für die Baumaßnahme Hochschule A (FH) aus. Die Klägerin gab im Vergabeverfahren ein Angebot über die Leistungen mit einer Auftragssumme von 118.251,16 € ab und erhielt mit Schreiben vom 15.02.2010 den Auftrag zur Ausführung der Leistungen. In den Besonderen Vertragsbedingungen heißt es zu Ziffer 1. Ausführungsfristen (§ 5 VOB/B):
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1.1. Fristen für Beginn und Vollendung der Leistung (= Ausführungsfristen):
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Mit der Ausführung ist zu beginnen am 02.02.2010.
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Die Leistung ist zu vollenden (abnahmereif fertig zu stellen) am 02.09.2011.
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1.2. Verbindliche Fristen (= Vertragsfristen) gemäß § 5 Nr. 1 VOB/B sind: Vorstehende Frist für den Ausführungsbeginn und vorstehende Frist für die Vollendung (abnahmereife Fertigstellung) der Leistung.
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Wegen des weiteren Inhalts der besonderen Vertragsbedingungen wird auf die Anlage K 2 Bl. 17 ff. Bezug genommen.
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Das beklagte Land ließ einen Terminplan erstellen. Danach ist unter Nr. 180 ff. geregelt, dass die Rohinstallation HLSE/Leitungstrassen/Schächte vom 08.10.2010 bis 22.06.2011 erbracht werden sollen. Für die HLSE im UG war eine Frist vom 08.10.2010 bis 23.12.2010 vorgesehen. Wegen des weiteren Inhalts des Terminsplans wird auf die Akte Bl. 30 ff. Bezug genommen.
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Im Anlaufprotokoll ( Protokoll Nr. 1) wurde unter Ziffer 3 vermerkt, dass Provisorien für Heizung und Trinkwasser zu erstellen sind, weil die Labore Ost und Westseite vorerst im Betrieb bleiben sollen. Wegen des weiteren Inhalts des Anlaufprotokolls wird auf die Akte Bl. 92 ff. Bezug genommen.
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Im Protokoll 22 zur Baubesprechung am 09.08.2010 wurde zur Wärmeversorgung protokolliert:
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Zu 14/2: Zwischen BHT, IB S und pbr wurde die erforderliche Leistung von BHT besprochen um die Heizung rechtzeitig in Betrieb nehmen zu können.
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Die Leistung ist in der 31 KW zu erbringen. …
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Zu 21/1: Um die Bauarbeiten in den Wintermonaten gewährleisten zu können, ist eine Wärmeversorgung zwingende Voraussetzung. Nur so kann die erforderliche technologische Voraussetzung zur Einhaltung der Verarbeitungsrichtlinien diversen Materialien geschaffen werden, um die geplante Übergabe gewährleisten zu können. Vom IB S sind mögliche Varianten einer kostengünstigen Beheizung (im notwendigen technologisch erforderlichem Umfang) zu prüfen und im Bedarfsfall die notwendige Wärme bereitstellen zu können.
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Neu:
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Als vorläufige Heizperiode wurde in Abhängigkeit der Gewerke der Zeitraum vom 08.11.10 – 14.0310 benannt. IB S prüft die techn. Möglichkeiten.“
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Wegen des weiteren Inhalts des Protokolls wird auf die Akte Bl. 122 ff Bezug genommen.
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Bei dieser Baubesprechung war Herr S von der Klägerin zugegen.
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Im Protokoll Nr. 7 vom 30.08.2010, das dem Gericht nicht vollständig vorliegt, heißt es unter Ziffer 2.8.:
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„Die Inbetriebnahme der Heizung für die in Nutzung befindlichen Gebäudebereiche ist bis zum 01.10.2010 zu gewährleisten. Die in Betrieb zu nehmenden Leitungen sind vorab zu isolieren nach Freigabe durch das Gewerk Heizung.“
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Wegen des weiteren Inhalts des Protokolls vom 30.08.2010 wird auf die Akte Bl. 97 Bezug genommen. Ein Vertreter der Klägerin war bei der Baubesprechung am 30.08.2010 nicht zugegen.
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Im Protokoll Nr. 11 vom 27.09.2011 heißt es weiter:
22
„Die Inbetriebnahme der Heizung für die in Nutzung befindlichen Gebäudebereiche ist bis zum 01.10.2010 zu gewährleisten. …“
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Wegen des weiteren Inhalts des Protokolls wird auf die Akte Bl. 142 ff. Bezug genommen. Bei der Besprechung war ausweislich der Teilnehmerliste Herr S von der Klägerin zugegen.
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Unter dem 30.09.2010 teilte das beklagte Land mit, dass der derzeitige Leistungsstand der Klägerin nicht dem geforderten Leistungsstand entspreche. Die Klägerin habe die vereinbarte Ausführungsfrist für die Inbetriebnahme der Heizung für die in Nutzung befindlichen Gebäudebereiche bis zum 01.10.2010 nicht beachtet. Der Klägerin wurde angelastet, den Baustelleneinsatz mit Arbeitskräften, Geräten, Gerüsten, Stoffen oder Bauteilen so unzureichend durchgeführt zu haben, dass die vereinbarten Ausführungsfristen offenbar nicht eingehalten werden können. Das beklagte Land forderte auf, Abhilfe zu schaffen bis zum 04.10.2010. Auf die Möglichkeit Schadensersatz zu fordern und den Auftrag zu entziehen wurde hingewiesen.
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Unter dem 28.09.2010, Eingang bei dem beklagten Land am 1. Oktober 2010, zeigte die Klägerin eine Baubehinderung an. Aufgrund von Stemmarbeiten und den damit einhergehenden Schall- und Staubbehinderungen seien Schweißarbeiten nicht möglich. Die Klägerin wies darauf hin, dass sich die Inbetriebnahme der Heizungsstränge West- und Ostseite daher verzögere.
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Mit Schreiben vom 04.10.2010 wies der beratende Ingenieur S die Behinderungsanzeige zurück wegen verspäteter Anzeige und weil die Klägerin den Termin für die Wiederinbetriebnahme der Bestandsheizungsanlage zu keiner Zeit in Frage gestellt habe. Die Klägerin wurde aufgefordert, umgehend die Baustelle personell zu verstärken und den Fertigstellungstermin für den Abschluss der Bestandsgebäudeteile zu benennen.
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Mit Schreiben vom 08.10.2010 forderte das beklagte Land die Klägerin nochmals auf, ihren Leistungen durch den Einsatz ausreichender Arbeitskräfte: sofortiger Personaleinsatz: 2 Schweißer, 2 Helfer unverzüglich dauerhaft angemessen zu fördern und bis zum 14.10.2010 endgültig fertigzustellen (§ 5 Nr. 3 und 4 VOB/B).
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Am 11.10.2010 teilte die Klägerin mit, dass der geplante Rohrverlauf zur Beheizung des Westflügels noch nicht realisierbar sei. Am 07.10.2010 sei ein möglicher Rohrverlauf festgelegt worden. Die Klägerin teilte mit, die Arbeitskräfte zu erhöhen, um den Westflügel in dieser Woche in Betrieb zu nehmen und planmäßig weiter zu arbeiten. Wegen des weiteren Inhalts des Schreibens wird auf die Akte Bl. 106 Bezug genommen.
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Am 13.10.2010 teilte das beklagte Land mit, dass die Terminstellung zum 01.10.2010 seit dem 30.08.2010 bekannt gewesen sei und ein Widerspruch oder Bedenken zum Termin zu keinem Zeitpunkt geäußert worden seien seitens der Klägerin. Die Klägerin wurde erneut aufgefordert, die Baustelle umgehend personell zu verstärken und den Fertigstellungstermin 14.10.2010 einzuhalten und den Baufortschritt voranzutreiben.
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Am 15.10.2010 kündigte das beklagte Land wegen Verzugs und Nichteinhalten der gesetzten Nachfrist bis zum 14.10.2010 den Vertrag. Die Kündigung erfolgte unter Bezugnahme auf § 8 Nr. 3 VOB/B i.V.m. § 5 Nr. 4 VOB/B i.V.m. § 5 Nr. 3 VOB/B wegen Nichtförderung der Baustelle. Die Klägerin wurde aufgefordert, die Baustelle bis zum 19.10.2010 zu räumen.
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Am 20.10.2010 erfolgte die Abnahme der von der Klägerin erbrachten Leistungen.
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Am 09.12.2010 legte die Klägerin Schlussrechnung über die von ihr geschuldeten Leistungen in Höhe von 70.675,97 €, die das beklagte Land in Höhe der Klagforderung um 44.146,46 € kürzte. Die Kürzungen entfielen im Wesentlichen auf die Streichung des Werklohns für die infolge der Kündigung nicht mehr erbrachten Werkleistungen.
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Die Klägerin behauptet, dass es keine Einigung zwischen den Parteien in Bezug auf einen Termin für die Inbetriebnahme der Heizung für die in Nutzung befindlichen Gebäudebereiche gegeben habe. Insbesondere sei der 01.10.2010 zwischen den Parteien nicht als verbindlicher Termin für die Inbetriebnahme der Heizung für die in Nutzung befindlichen Gebäudebereiche vereinbart worden. Es handele sich lediglich um eine einseitige Terminfestlegung der Beklagten im Protokoll vom 30. August 2010. Da die Klägerin an diesem Besprechungstermin nicht zugegen gewesen sei, sei die einseitige Terminsfestsetzung seitens der Beklagten für die Klägerin nicht bindend.
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Die Klägerin habe die ihr obliegenden Leistungen schneller als geplant ausgeführt und habe sich nicht Verzug befunden, da der Endfertigstellungstermin nie gefährdet gewesen sei.
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Selbst wenn man von der Vereinbarung eines Zwischentermins ausgehen würde, so könnte dieser keiner Gültigkeit beanspruchen, da es zu erheblichen Bauzeitverschiebungen gekommen sei. Zum einen sei wegen des langen Winters die Außerbetriebnahme der Heizung im Jahre 2010 immer wieder verschoben worden. Darüber hinaus habe das beklagte Land versäumt, eine Schweißererlaubnis für die Durchführung der klägerischen Leistungen auszustellen. Nachdem der Erlaubnisschein vorgelegen habe, sei ein Schweißen nicht möglich gewesen, da zeitgleich mit den Schweißarbeiten der Klägerin der Brandschutzputz aufgebracht worden sei, was zu Lärm- und Staubbelastungen geführt habe, in einem Umfang, die ein Schweißen unmöglich gemacht hätten.
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Die Klägerin beantragt,
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das beklagte Land zu verurteilen, an die Klägerin 44.146,46 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. März 2011 sowie 1.286,20 € vorgerichtliche Mahnauslagen zu zahlen.
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Das beklagte Land beantragt,
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die Klage abzuweisen.
40
Das beklagte Land behauptet, dass die Inbetriebnahme der Heizung für die in Nutzung befindlichen Gebäudeteile zum 01.10.2010 verbindlich als Termin zwischen den Parteien vereinbart worden sei. Allen Beteiligten sei klar gewesen, dass der Universitätsbetrieb an der Hochschule weitergehe und mit dem Beginn der Heizperiode die Seitenflügel geheizt werden müssten.
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Die Klägerin habe den Personaleinsatz auf der Baustelle nach dem 01.10.2010 nicht erhöht. Es seien zunächst nur eine Arbeitskraft auf der Baustelle gewesen und später lediglich zwei Arbeitskräfte.
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Das beklagte Land ist ferner der Auffassung, dass der Anspruch der Höhe nach nicht schlüssig dargelegt sei.
43
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie deren Vorbringen zu Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.04.2012 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist unbegründet.
45
Die Klägerin kann von dem beklagten Land nicht die Vergütung der in Auftrag gegebenen Leistungen unter Berücksichtigung der gegenzurechnenden Aufwendungen in Höhe von verbleibenden 44.146,46 € erstattet verlangen gemäß § 8 Abs. 1 Ziff. 2 VOB/B i.V.m. § 649 BGB. Denn dieser Vergütungsanspruch für die vereinbarte Vergütung abzüglich ersparter Aufwendung steht der Klägerin nur im Falle einer freien Kündigung des Bauvertrages durch das beklagte Land zu. Das beklagte Land hat hier aber aus wichtigem Grund gemäß § 8 Nr. 3 Abs. 1 VOB den Auftrag am 15.10.2012 entzogen, weil die Klägerin ihrer Förderungspflicht gemäß § 5 Nr. 3 und § 5 Nr. 1 VOB/B auch nach Fristsetzung mit Kündigungsandrohung nicht nachgekommen ist (§ 5 Nr. 4 VOB/B).
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Die Beklagte war zum einen gemäß § 5 Nr. 3 VOB/B i.V.m. § 4 Nr. 1 Abs. 2 und 3 VOB/B zur Kündigung des Bauvertrages berechtigt, da die Klägerin so unzureichende Förderungsmaßnahmen getroffen hat, dass die Zwischenfirst vom 01.10.2010 zur Inbetriebnahme der Heizung für die in Nutzung befindlichen Gebäudeteile nicht eingehalten werden konnte. Aus den Protokollen vom 30.08.2012 (Bl. 97 d.A.) und aus dem Protokoll vom 27.09.2010 (Bl. 142 ff. d.A.) ergibt sich, dass die Inbetriebnahme der Heizung für den 01.10.2010 vorgesehen war. Zwar ist unstreitig, dass ein Mitarbeiter der Klägerin bei der Baubesprechung am 30.08.2010 nicht zugegen war, allerdings ist das Protokoll der Klägerin zugeschickt worden, mit dem Bemerken, Einsprüche zu diesem Protokoll spätestens 3 Tage nach Erhalt schriftlich geltend zu machen. Die Klägerin hat die dort benannte Frist vom 01.10.2010 – bis zur Baubehinderungsanzeige am 28.09.2010, Zugang bei der Beklagten am 01.10.2010 - nicht beanstandet. Dass die Ost- und Westseite in Betrieb bleiben sollten und Provisorien für Heizung und Trinkwasser zu erstellen waren, war auch seit der Anlaufberatung am 18.02.2010 klar. Denn dort ist das unter Ziffer 3. ausdrücklich besprochen worden. Spätestens mit Zugang des Protokolls vom 30.08.2010 war der Klägerin mithin klar, dass die Inbetriebnahme der Heizung für die in Nutzung befindlichen Gebäudebereiche durch sie bis zum 01.10.2010 zu realisieren war. Darin ist eine Anordnung im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 3 VOB/B zu sehen, die der Klägerin als empfangsbedürftige Willenserklärung auch zugegangen ist. Unerheblich ist daher in diesem Zusammenhang, dass die Klägerin diesem Inbetriebnahmezeitpunkt, dem 01.10.2010, nicht zugestimmt hat und sich hierzu nicht erklärt hat. Denn § 4 Nr. 1 Abs. 3 VOB gibt dem Auftraggeber die Befugnis, unter Wahrung der dem Auftragnehmer zustehenden Leitung Anordnungen zu treffen. § 5 Nr. 3 VOB/B verleiht nun dem Auftragnehmer über diese lediglich allgemein gehaltenen Überwachungs- und Anordnungsrechte hinaus ein Anordnungs- und Weisungsrecht, das im Falle der Nichtbeachtung den Auftragnehmer zur Kündigung des Auftrags berechtigt.
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Dass auch der Kläger davon ausgegangen ist, die Inbetriebnahme bis zum 01.10.2010 realisieren zu müssen, ergibt sich auch aus der Behinderungsanzeige vom 28.09.2010. Denn dort teilte der Kläger mit, dass sich die Inbetriebnahme der Heizungsstränge West- und Ostseite verzögere. Diese Anzeige wäre, unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin, überflüssig gewesen, wenn die Leistungen erst bis zum 02.09.2011 fertigzustellen waren und ein Anspruch auf Einhaltung der Zwischenfrist zum 01.10.2010 nicht besteht. Dann wären Angaben dazu zu machen, wie lange die Klägerin meint, dass sich die voraussichtliche Ausführungsfrist verlängert. Derartige Angaben wurden allerdings auf der Behinderungsanzeige vom 28.09.2010 nicht gemacht, da nämlich auch der Klägerin klar war, dass die Frist zur Inbetriebnahme der Heizungsanlage bereits abläuft. Das ergibt sich auch aus dem Schreiben der Klägerin vom 11.10.2011. Dort teilt die Klägerin mit, dass sie die Inbetriebnahme der Heizung des Westflügels bis zum Ablauf der Woche(15.10.2010) realisieren wird und die Arbeitskräfte erhöhen wird.
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Die Klägerin hat auch nicht unverzüglich Abhilfe geschaffen i.S. des § 5 Nr. 3 VOB/B. Schon nach dem Vortrag der Klägerin hat diese den Einsatz der Mitarbeiter auf der Baustelle nicht unverzüglich erhöht. Denn selbst nach dem Vortrag der Klägerin ist erst ab dem 08.10.2010 ein weiterer Mitarbeiter auf der Baustelle tätig geworden. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass ein Mitarbeiter der Klägerin erkrankt ist. Ggf. hätte die Klägerin dann durch weitere Arbeitnehmer ggf. durch Aushilfen oder Leiharbeiter hier unverzüglich Abhilfe schaffen müssen. Erst 8 Tage nach Fristablauf einen weiteren Mitarbeiter zur Baustelle abzustellen, ist unzureichend.
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Unabhängig davon ist die Kündigung auch gemäß § 5 Nr. 1 VOB/B gerechtfertigt. Denn die Klägerin hat ihre Pflichten zur angemessenen Förderung des Bauvorhabens verletzt. Grundsätzlich erfasst § 5 Nr. 1 VOB/B nur Vertragsfristen, d.h. zwischen den Vertragsparteien verbindlich vereinbarte Ausführungsfristen. Als verbindliche Vertragsfristen in diesem Sinne haben die Parteien lediglich die Frist für den Beginn der Ausführung vom 02.02.2010 bestimmt sowie die Frist, bis der die Leistung zu vollenden ist am 02.09.2011. Selbst wenn man, dem Klägervortrag folgend unterstellen würde, dass eine Zwischenfrist für den 01.10.2010 nicht verbindlich bestimmt wurde, ist der Auftragnehmer auch ohne verbindliche Zwischenfristen und Baufristenpläne verpflichtet, die Leistung innerhalb einer angemessenen, sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalls richtenden Frist zu beginnen und zügig auszuführen. Diese Verpflichtung resultiert aus der dem Auftragnehmer in § 4 Nr. 2 VOB/B zugewiesenen Aufgabe, die Bauleitung unter eigener und selbstständiger Verantwortung zu erbringen und aus § 6 Nr. 1 VOB/B dem Auftraggeber etwaige Behinderungen der ordnungsgemäßen Durchführung der Leistung unverzüglich anzuzeigen, um so Verzögerungen nach Möglichkeit zu verhindern. Diese Bauförderungspflicht hat die Klägerin dadurch verletzt, dass sie die Inbetriebnahme der Heizung für die in Nutzung befindlichen Gebäudeteile nicht bis zum 01.10.2010 realisiert hat und die Beklagte erst am Tage des Ablaufens der Frist, mit Schreiben vom 28.09.2010 darauf hinwies, dass es zur Verzögerungen der Inbetriebnahme der Heizungsanlage kommen wird. Dass die Klägerin diese Verletzung der Bauförderungspflicht nicht zu vertreten hat, hat sie nicht dargelegt. Denn die Klägerin hat zu der Frage, inwieweit sich die Inbetriebnahme der Heizung durch die Unmöglichkeit der Schweißarbeiten verzögert haben soll, nicht weiter vorgetragen. Mit Hinweis- und Beweisbeschluss vom 15.06.2012 war der Klägerin aufgegeben worden darzulegen, inwieweit sich die Inbetriebnahme der Heizung durch die Schweißarbeiten verzögert haben soll. Entsprechender Vortrag ist hierzu seitens der Klägerin nicht gehalten worden.
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Die Verletzung der Bauförderungs- und Abhilfepflichten der Klägerin berechtigte das beklagte Land zur Auftragsentziehung (Kündigung) gemäß § 5 Nr. 4, § 8 Nr. 3 VOB/B. Die Klägerin kann daher nicht den Werklohn für die in Auftrag gegebenen Leistungen unter Berücksichtigung der gegenzurechnenden ersparten Aufwendungen in Höhe von insgesamt 70.675,97 € verlangen. Die Klägerin hat lediglich Anspruch darauf, dass die bis zur Kündigung erbrachten Teilleistungen vergütet werden. Dass unter Berücksichtigung der Schlussrechnung vom 09. Dezember 2010 noch tatsächlich erbrachte Leistungen der Klägerin bis zur Kündigung durch das beklagte Land unvergütet sind, hat die Klägerin nicht vorgetragen. Vielmehr hat die Klägerin dargelegt, dass der wesentliche Teil der vom beklagten Land vorgenommenen Kürzungen der Schlussrechnung auf die Streichung des Werklohns für die infolge der Kündigung nicht mehr erbrachten Werkleistungen entfallen ist. Der Klägerin steht daher der Werklohn in Höhe der Kürzungen von 44.146,46 € nicht zu
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
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Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit ist gemäß § 709 ZPO getroffen worden.