Freitag, 11. August 2017

VG München, Urteil v. 16.01.2014 – 10 K 13.3379

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Fernwärmegrundgebühren.
Die Beklagte betreibt seit 1972 ein Heizwerk gemäß ihrer Satzung für ein öffentliches Fernheizwerk für das Baugebiet ...straße-Süd und ...straße-West (FHWS). Für die Benutzung des Fernheizwerkes erhebt die Beklagte Grund- und Arbeitsgebühren auf der Grundlage ihrer Beitrags- und Gebührensatzung für ein öffentliches Fernheizwerk (BGS-FHWS) vom ... November 2001 in der jeweils aktuellen Fassung. Gemäß § 9 BGS-FHWS wird die Grundgebühr nach dem auf dem angeschlossenen Grundstück benötigten Wärmebedarf im Sinne der DIN 4701 berechnet.
Der Kläger ist Eigentümer des Anwesens ... Straße ..., das an die Fernwärmeversorgung der Beklagten angeschlossen ist.
Mit Bescheid vom ... Januar 2012 setzte die Beklagte gegenüber dem Kläger für den Verbrauchszeitraum 1. Oktober 2011 bis 31. Dezember 2011 Fernwärmegebühren (Bereitstellungs- und Arbeitsgebühren) in Höhe von insgesamt brutto 353,97 EURO fest.
Der Arbeits-/Verbrauchsgebühr wurde laut Zählerstandsdifferenz ein Wärmeverbrauch von 2,233 MWh sowie ein Netto-Entgelt von 62,83 EURO/MWh zugrunde gelegt. Die Bereitstellungsgebühr basiert auf einem Wärmebedarf von 51.951 KJ/h und einer Netto-Gebühr von 12,10 EURO je 1.000 KJ/h Anschlusswert nach gemeldetem Wärmebedarf; der Kläger hatte für sein Anwesen unter dem 27. September 1985 einen maximalen Gesamtwärmebedarf von 12.500 kcal/h angegeben.
Mit Schreiben vom 25. Januar 2012, bei der Beklagten eingegangen am 30. Januar 2012, legte der Kläger gegen den Gebührenbescheid vom ... Januar 2012 Widerspruch ein. Zur Begründung trug er vor, die gelieferte Heizwassermenge entspreche nicht dem Wert der aktuell anzuwendenden Berechnungsformel.
Mit Schreiben vom 26. Januar 2012 und 30. Januar 2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der gewählte Arbeitskreis des Fernheizwerks darauf hingewiesen habe, dass bei einer Überprüfung der technischen Durchlaufmengen bei verschiedenen Abnehmern unterschiedliche Einstellwerte festgestellt worden seien. Die Einstellungen könnten durch verschiedene Faktoren beeinflusst werden, auch defekte Differenzdruckregler könnten eine Ursache von Abweichungen sein. Infolge des Hinweises des Arbeitskreises und des Widerspruchs würden deshalb alle Abnahmestellen im Versorgungsgebiet durch die Stadtwerke der Beklagten überprüft. Es würden alle im entsprechenden Zeitraum ergangenen Bescheide unter den Vorbehalt der Vorläufigkeit gestellt.
Die Abnahmestelle des Klägers wurde am 21. Februar 2012 einer Überprüfung unterzogen.
Unter dem 30. April 2012 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass nach der Prüfung die Versorgung seines Gebäudes sichergestellt sei. Der Vorbehalt der Vorläufigkeit des Gebührenbescheids werde aufgehoben.
Die Beklagte legte den Widerspruch des Klägers dem Landratsamt ... zur Entscheidung vor.
Mit Schreiben vom 29. Dezember 2012 und 11. Januar 2013 führte der Kläger gegenüber dem Landratsamt ergänzend aus, er habe nicht der Grundgebühr als solcher widersprochen, vielmehr sei seiner Meinung nach die anteilige Grundgebühr falsch berechnet worden. Die Stadtwerke hätten die berechnete Leistung nur teilweise zur Verfügung gestellt. Es werde um Bestätigung gebeten, dass mit 0,270 m³ Wasser mit den derzeitigen Parametern des Fernheizwerks 51.951 KJ/h bereitgestellt worden seien. Nach seiner Berechnung entsprächen 0,270 m³ Heizwasser 33.913 KJ/h. Folglich habe er 18.038 KJ/h nicht nutzen können, obwohl er dafür bezahlt habe. Damit begründe er die „anteilige“ Grundgebühr. Es könne schon sein, dass die Rechnung richtig nach den Regeln der Mathematik sei, nur werde leider nicht das bereitgestellt, was bestätigt worden sei und für das er bezahlt habe, nämlich 14.431 KW/h.
Mit weiteren Schreiben vom 1. März 2013 und 14. Juni 2013 wies der Kläger darauf hin, dass er den Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung = Grundgebühr und was man dafür erhalten müsse, anders sehe als die Behörde. Er bitte um Klarstellung, dass der zu liefernde Volumenstrom nichts mit der für die Bereitstellung zu leistenden Grundgebühr zu tun habe.
Der Wärmebedarf bestimme den nötigen Volumenstrom, der sich aus den Parametern des Heizwerkes ergebe. Nicht der Volumenstrom bestimme die wärmebedarfsabhängige Grundgebühr, aus der berechneten Grundgebühr bestehe aber ein Leistungsanspruch auf Wärmelieferung, der nur durch die richtige Einstellung des Volumenstroms gewährleistet werden könne. Es gehe ihm nicht darum, einen anderen Volumenstrom zu erhalten, sondern vielmehr darum, dass er nicht den Volumenstrom erhalten habe, der für die Leistungsübertragung notwendig sei und für den er mit der Grundgebühr bezahlt habe. Im Übrigen gehe es auch nicht um einen von ihm für richtig befundenen Volumenstrom, sondern darum, dass die von der Beklagten angewendete Berechnung für alle gleich angewendet werde.
Mit Widerspruchsbescheid vom ... Juli 2013, dem Kläger am 12. Juli 2013 zugestellt, wies das Landratsamt ... den Widerspruch zurück. Der angefochtene Bescheid vom ... Januar 2012 sei rechtmäßig. Die Grundgebühr sei auf der Grundlage der Beitrags- und Gebührensatzung zur Satzung für ein öffentliches Fernheizwerk der Beklagten gestützt worden. Da das Landratsamt keine Normverwerfungskompetenz habe, müsse es von der Wirksamkeit der Satzung ausgehen. Nach ihren Vorgaben seien die Gebühren zutreffend ermittelt worden. Auf den weiteren Inhalt des Widerspruchsbescheids wird Bezug genommen.
Mit Telefax vom 1. August 2013 hat die Verfahrensbevollmächtigte des Klägers Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und stellt zuletzt den Antrag,
den Bescheid der Beklagten vom ... Januar 2012 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts ... vom ... Juli 2013 aufzuheben, soweit dort eine Grund- bzw. Bereitstellungsgebühr festgesetzt wird.
Zur Begründung wird ausgeführt, die von der Beklagten erhobenen Fernwärmegebühren seien hinsichtlich der Bereitstellungsgebühr rechtswidrig. Die Heranziehung und Berechnung der Bereitstellungsgebühr beruhe auf der Satzung für das öffentliche Fernheizwerk der Beklagten, die nicht einheitlich für alle Nutzer angewendet worden sei, so dass unterschiedliche Bereitstellungsgebühren zur Anwendung gekommen seien. Aufgrund der unrichtig angewandten Satzung und Berechnung der Bereitstellungsgebühren mit einem unzutreffenden Maßstab sei der Bescheid vom ... Januar 2012 unrichtig und damit rechtswidrig.
Ergänzend wird unter dem 10. Januar 2014 vorgetragen, der Bereitstellungsgebühr sei entsprechend der Satzung eine Formel zugrunde gelegt worden, die sich an der bereitgehaltenen Wärme orientiere, nämlich nach § 5 i. V. m. § 9 BGS-FHWS am Wärmebedarf. Die zugrunde liegende Formel, die beim Kläger seit 1972 unverändert angewandt werde, gehe dabei von einer Bereitstellung der Energiemenge mit 105° Celsius heißem Wasser als Vorlauftemperatur aus. Dies bedeute, dass die Bereitstellungsgebühr die entsprechende Energie für die Aufheizung und Bereitstellung von 105° Celsius heißem Wasser beinhalte. Dieser Energieeinsatz sei geändert worden, da die Fernwärme seit 2009 nur noch mit 95° Celsius als Vorlauf beheizt werde, was geringeren Energieaufwand für die Beklagte bedeute und somit von ihr eine geringere Leistung bereitgehalten werde. Die Neuanschließer würden mit der neuen Formel auf der Grundlage einer geringeren Vorlauftemperatur von 95° Celsius eingestuft, die Altanschließer, zu denen der Kläger gehöre, würden nach wie vor auf der Grundlage der höheren Vorlauftemperatur von 105° Celsius veranlagt. Der Faktor für den Rücklauf sei trotz niedrigerer Vorlauftemperatur unverändert bei 65° Celsius belassen worden. Damit werde bei Altanschließern ein Wärmeverlust von 40° Celsius für die Bereitstellung und bei den Neuanschließern ab 2009 nur von 30° Celsius zugrunde gelegt. Altanschließer würden daher höhere Grund- bzw. Bereitstellungsgebühren als die Neuanschließer zahlen und für eine Leistung in Anspruch genommen, die sie nicht mehr erhielten. Dadurch würden zwei verschiedene Maßstäbe angewandt und der Grundsatz der Gleichbehandlung verletzt. Beim Kläger führe dies zu der grotesken Situation, dass die Kosten für die Bereitstellung höher seien als die für den tatsächlichen Verbrauch.
Der Bescheid und die Satzung entsprächen auch nicht dem Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Beklagte unterscheide nicht zwischen Bereitstellungs- und Grundgebühr, was aber zwei verschiedene Begriffe und Berechnungen darstellten. Die Definition für Bereitstellung beinhalte andere Kosten als die Grundgebühr, mit ihr werde der Teil für die potentielle Nutzung abgerechnet, mit der Grundgebühr werde ein Teil der Fixkosten abgerechnet. Weder Satzung noch Bescheid enthielten die maßgeblichen Berechnungsfaktoren und die zutreffenden Begriffsdefinitionen.
Mit Schriftsatz vom 19. August 2013 haben die Verfahrensbevollmächtigten der Beklagten beantragt:
Die Klage wird abgewiesen.
Zur Begründung ihres Antrags verweisen sie mit Schriftsatz vom 12. September 2013 auf den Inhalt des Widerspruchsbescheids.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakten sowie insbesondere auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 16. Januar 2014 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom ... Januar 2012 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamtes ... vom ... Juli 2013 sind - soweit sie angefochten sind - rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). Streitgegenstand ist nach der Klarstellung in der mündlichen Verhandlung nur die festgesetzte Grund- bzw. Bereitstellungsgebühr in Höhe von brutto 187 Euro.
Rechtsgrundlage für die Fernwärmegebührenerhebung sind die Satzung der Beklagten für ein öffentliches Fernheizwerk für das Baugebiet „...straße-Süd“ und „...straße-West“ (Fernheizwerksatzung - FHWS) vom ... November 2009 sowie die Beitrags- und Gebührensatzung zur Fernheizwerksatzung (BGS-FHWS) vom ... November 2001 in der Fassung der 12. Änderungssatzung vom ... Dezember 2010.
In formeller Hinsicht sind Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Satzungen weder vorgetragen noch ersichtlich; auch materiell-rechtlich halten sie einer gerichtlichen Überprüfung Stand.
1. Die Ermächtigung der Beklagten für den Erlass der Fernheizwerksatzung findet sich in Art. 23, Art. 24 Abs. 1 Nr. 1 und 3, Abs. 2 und 3 GO. Danach können die Gemeinden die Benutzung ihres Eigentums und ihrer öffentlichen Einrichtungen durch Satzung regeln und zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen oder aus städtebaulichen Gründen insbesondere den Anschluss von Grundstücken, die einer neuen Bebauung zugeführt werden oder in Sanierungsgebieten liegen, an Einrichtungen zur Versorgung mit Fernwärme und deren Benutzung zur Pflicht machen.
Bei der Fernwärmeversorgung ist zudem die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) vom ... Juni 1980 (BGBl. I S. 742) zu beachten. Die AVBFernwärmeV gilt unmittelbar zwar nur für privatrechtlich ausgestaltete Benutzungsverhältnisse; gemäß § 35 Abs. 1 AVBFernwärmeV findet sie - vorbehaltlich der Regelungen des Verwaltungsverfahrens sowie gemeinderechtlicher Vorschriften zur Regelung des Abgabenrechts - auf öffentlich-rechtliche Benutzungsverhältnisse entsprechende Anwendung.
Die Regelungen der Fernheizwerksatzung der Beklagten vom ... November 2009 genügen den Vorgaben höherrangigen Rechts.
In § 6 Abs. 1 FHWS wird das Anschlussgebiet des Fernheizwerks durch die Bezeichnung der Straßen bzw. Straßenabschnitte festgelegt, wobei auf eine planerische Darstellung als Bestandteil der Satzung Bezug genommen wird. Damit ist der räumliche Geltungsbereich der Satzung hinreichend festgelegt.
Die Begriffsbestimmungen sowie die Regelungen der Fernheizwerksatzung zu Gegenstand, Art und Umfang der Wärmelieferung orientieren sich an den §§ 4 ff. AVBFernwärmeV und sind nicht zu beanstanden.
Die Vorschriften zum Anschluss- und Benutzungszwang in § 8 bis § 11a FHWS sind Ausfluss der öffentlich-rechtlichen Ausgestaltung des Benutzungsverhältnisses und als solche rechtmäßig, da die Beklagte hierbei Gründe des Emissionschutzes verfolgt (vgl. Auszug aus dem Sitzungsbuch des Stadtrates der Beklagten über die öffentliche Sitzung vom ...11.2009). Insbesondere der Ausschluss von Holz als regenerative Energiequelle im Rahmen der Beschränkung der Benutzungspflicht nach § 11a Abs. 1 Satz 4 FHWS ist zulässig und widerspricht nicht § 3 Satz 3 AVBFernwärmeV (vgl. zuletzt BayVGH, U. v. 7.3.2007 - 4 BV 05.2974 - juris).
2. Mit dem Erlass ihrer Beitrags- und Gebührensatzung zur Fernheizwerksatzung vom ... November 2001 hat die Beklagte im Gebührenteil von ihrer Ermächtigung in Art. 2 Abs. 1, Art. 8 KAG Gebrauch gemacht.
Nach Art. 8 Abs. 4 Halbs. 1 KAG sind Gebühren nach dem Ausmaß zu bemessen, in dem die Gebührenschuldner die öffentliche Einrichtung oder das kommunale Eigentum nutzen. Hierbei handelt es sich um eine einfach-gesetzliche Ausformulierung der Äquivalenzprinzips, d. h. Gebühren müssen im Rahmen des Kostendeckungsprinzips (Art. 8 Abs. 2 Satz 1 und 2 KAG) grundsätzlich proportional zur tatsächlich in Anspruch genommenen Leistung stehen. Art. 8 Abs. 2 Satz 3 KAG eröffnet den kommunalen Einrichtungsträgern zudem die Möglichkeit, zur Deckung der verbrauchsunabhängigen Kosten eine Grundgebühr zu erheben.
Diesen Anforderungen genügen die Regelungen der BGS-FHWS in der hier maßgeblichen Fassung der 12. Änderungssatzung vom ... Dezember 2010 sowohl hinsichtlich der Erhebung einer Grundgebühr (§ 9 BGS-FHWS) als auch, soweit ersichtlich, im Hinblick auf die - hier nicht angefochtene - Erhebung einer Arbeitsgebühr (§ 10 BGS-FHWS).
2.1. Nach Art. 8 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 KAG soll mit der verbrauchsunabhängigen Grundgebühr die Inanspruchnahme der Annahme- und Betriebsbereitschaft der kommunalen Einrichtung abgegolten werden; sie zielt insoweit auf eine Abgeltung der sogenannten Fixkosten wie z. B. Personal-, Verwaltungs-, Unterhaltungs- und Instandsetzungskosten ab (BayVGH, B. v. 15.05.2008 - 4 ZB 07.1912 - juris Rn. 13 m. w. N.). Dementsprechend kann sie nicht nach dem Maß der tatsächlichen Inanspruchnahme, sondern lediglich nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab bemessen werden, der sich an Art und Umfang der aus der Lieferbereitschaft und Vorhaltung folgenden abrufbaren Arbeitsleistung auszurichten hat (vgl. BayVGH, U. v. 15.3.1991 - 23 B 90.2230 - juris Rn. 33). Dem Einrichtungsträger ist bei der Bestimmung des Wahrscheinlichkeitsmaßstabes für die Grundgebühr ein weites Ermessen eingeräumt, ohne dass gefordert werden könnte, dass der zweckmäßigste, vernünftigste, gerechteste oder wahrscheinlichste Maßstab angewendet wird (vgl. BVerwG, B. v. 12.8.1981 - 8 B 20/81 - juris Rn. 5). Insofern erfordert die Festsetzung der Grundgebühr regelmäßig nur geringe Differenzierungsanforderungen, weil die Vorhaltung der kommunalen Einrichtung den Anschlussnehmern - unabhängig vom individuellen Umfang der jeweiligen tatsächlichen Benutzung - in gleichem Maße nutzt (BayVGH, B. v. 15.05.2008 a. a. O.).
Nach diesen von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist der von der Beklagten gewählte Grundgebührenmaßstab nicht zu beanstanden.
2.1.1. Gemäß § 9 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGS-FHWS wird die Grundgebühr nach dem auf dem Grundstück benötigten Wärmebedarf berechnet und beträgt jährlich netto 12,10 Euro je 1000 KJ/h Anschlusswert. Für die Bestimmung des Wärmebedarfs verweist § 9 Abs. 1 BGS-FHWS auf § 5 Abs. 2 BGS-FHWS (Regelung zum Herstellungsbeitragsmaßstab). Dort wird dem (Beitrags-)Pflichtigen zur Ermittlung des Wärmebedarfs auferlegt, der Gemeinde eine nach den DIN-Vorschriften (DIN 4701 - Regeln für die Berechnung des Wärmebedarfs von Gebäuden vom März 1983) aufgestellte, prüfbare Wärmebedarfsberechnung mit Plänen für die auf seinem Grundstück zu errichtenden oder errichteten baulichen Anlagen vorzulegen.
Der Wärmebedarf nach der DIN 4701 Teile 1 bis 3 - Wärmeleistungsbedarf für Raumheizung - ist tauglicher Anknüpfungspunkt für die Bemessung der Fernwärmegrundgebühr.
Unter Wärmebedarf nach der DIN 4701 aus dem Jahr 1983 (vgl. nunmehr auch DIN EN 12831 - Heizungsanlagen in Gebäuden - Verfahren zur Berechnung der Norm-Heizlast - 2003) versteht man in der Bautechnik die zum Aufrechterhalten einer bestimmten Raumtemperatur notwendige Wärmezufuhr. Der Wärmebedarf ist eine theoretische Normgröße, die wiedergibt, wie viel Energie pro Zeit einem bestimmten Gebäude zugeführt werden muss, damit es bei definierten Rahmenbedingungen (Außentemperatur etc.) konstant auf eine gewünschte Rauminnentemperatur beheizt werden kann. Er wird als physikalische Leistung in Watt oder auch - wie hier von der Beklagten - in Kilojoule pro Stunde angegeben (1 Watt W = 1 Joule pro Sekunde J/s = 3,6 Kilojoule pro Stunde KJ/h = 0.8598 Kilokalorien pro Stunde kcal/h).
Der Wärmebedarf richtet sich nach der Lage des Gebäudes, der Bauweise der wärmeübertragenden Gebäudeumfassungsflächen und dem Bestimmungszweck der einzelnen Räume. Er ist Grundlage für die Auslegung der Heizungsanlage (vgl. Wikipedia, Stichwort Wärmebedarf/Heizlast, Stand: 1. Juni 2013, m. w. N.).
Der Wärmebedarf wird nach den Vorgaben der DIN-Norm individuell für das jeweilige Gebäude berechnet. Er ist eine Eigenschaft des Gebäudes, die letztlich vom Bauherrn/Eigentümer beeinflussbar ist (energetische Bauweise und -materialien, Dämmung, Verglasung der Fenster, Rollläden etc.).
Da bei einem Gebäude mit höherem Wärmebedarf regelmäßig vermutet werden kann, dass in der Summe tatsächlich auch mehr Wärme verbraucht wird als bei einem Gebäude mit niedrigerem Wärmebedarf und somit eine Orientierung an der abrufbaren Arbeitsleistung als Anhalt für die vorzuhaltende Höchstlastausnutzung stattfindet, stellt der Wärmebedarf einen ermessensgerechten Ansatz zur Bemessung der Grundgebühr dar. Insbesondere eignet er sich besser als z. B. eine Abstufung rein nach der Größe oder Baumasse eines Gebäudes, weil er spezifisch energetische Faktoren des zu versorgenden Gebäudes berücksichtigt. Mit entsprechender Bauweise oder Ertüchtigung kann der Eigentümer Grundgebühren sparen; dieser Anreiz wirkt sich gleichzeitig umweltpolitisch vorteilhaft aus. Die Beklagte hat in der mündliche Verhandlung diesbezüglich klargestellt, dass bei nachgewiesener Veränderung des Wärmebedarfs auf Antrag des Anschlussnehmers die Grundgebühr jeweils angepasst wird.
2.1.2. Nach Art. 8 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 KAG soll neben der Grundgebühr in der Mehrzahl der Fälle noch eine angemessene Abrechnung nach der tatsächlichen Benutzung stattfinden. Diese Bestimmung dient der Durchsetzung des Äquivalenzprinzips und soll überdies einen Anreiz zu einem sparsamen Verbrauchsverhalten schaffen (vgl. Art. 8 Abs. 5 Satz 1 KAG). Als Anteil der Grundgebühren kann nach der Rechtsprechung bis zu 40 bis 60 v. H. der Gesamtgebühren als zulässig angesehen werden (BayVGH, U. v. 23.12.1988 - 23 B 86.00886 - GK 1989 Nr. 192). Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bezieht sich dabei auf das Verhältnis des Grundgebührenaufkommens des Einrichtungsträgers zu den Gesamtgebühren, die dieser einnimmt, und nicht auf das Verhältnis der Grundgebühren zu den Gesamtgebühren bei dem einzelnen Nutzer; denn der gesetzliche Auftrag, einen Anreiz für ein sparsames Verbrauchsverhalten zu schaffen, wird auch dann erfüllt wird, wenn das Gesamtgebührenaufkommen überwiegend durch Benutzungsgebühren gedeckt wird (vgl. auch VG Augsburg, U. v. 29.7.2002 - Au 5 K 99.1461 - juris Rn. 17 m. w. N.).
Bei der Fernwärmeversorgung machen die Vorhaltekosten naturgemäß einen erheblichen Anteil aus, da das Heizwerk - auch in Phasen des geringen tatsächlichen Bedarfs und Abrufs - ständig eine bestimmte Wassertemperatur bereitstellen muss. In Bezug auf die Gebührenkalkulation der Beklagten sind insoweit jedoch keine Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 KAG vorgetragen oder ersichtlich.
2.2. Die neben der Grundgebühr zu erhebende - hier nicht angefochtene - Arbeitsgebühr bemisst sich gemäß § 10 Abs. 1 BGS-FHWS nach der tatsächlich aus der Fernheizungsanlage entnommenen und durch Wärmemesser/Wärmemengenzähler festgehaltenen Wärmemenge. Der Wärmemengenzähler ermittelt dabei die Wärmeenergie aus dem Volumenstrom des zirkulierenden Wassers und dessen Temperaturdifferenz zwischen Vorlauf und Rücklauf in Megawattstunden (MWh). Dieser Maßstab ist als solcher abstrakt betrachtet leistungsgerecht im Sinne von Art. 8 Abs. 4 KAG. Die dem Arbeitsgebührensatz von netto 62,83 Euro je verbrauchter MWh (§ 10 Abs. 2 BGS-FHWS) zugrunde liegende Kalkulation wurde nicht gerügt.
3. Die Beklagte hat mit der Festsetzung der Grundgebühr auf 157,15 Euro (netto) für den Abrechnungszeitraum 1. Oktober 2011 bis 31. Dezember 2011 im Bescheid vom ... Januar 2012 ihre Beitrags- und Gebührensatzung auch fehlerfrei vollzogen.
In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte nochmals klargestellt, dass die Gebühr für die „Bereitstellung“, wie sie im angefochtenen Bescheid bezeichnet wird, die Grundgebühr im Sinne von § 9 BGS-FHWS meint.
Für sein Wohngebäude hat der Kläger am 27. September 1985 einen vom Ingenieurbüro ..., ..., nach der DIN 4701 errechneten Gesamtwärmebedarf von 12.500 kcal/h angegeben, umgerechnet sind dies rund 52,3 KJ/h (1 kcal/h = 1,16 Watt = 4,184 KJ/h). Dass dem Bescheid ein Wärmebedarf von 51,951 KJ/h zugrunde gelegt wird, beruht möglicherweise auf einem Rechen- oder Rundungsfehler, wirkt sich aber nicht zulasten des Klägers aus.
Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Reduzierung der Vorlauftemperatur des Fernheizwassers von 105° Celsius auf 95° Celsius im Jahr 2009 keine Auswirkung auf den Wärmebedarf im Sinne der DIN 4701 als theoretische Normgröße und spezifische Gebäudeeigenschaft seines Wohnhauses und damit auch nicht auf die Berechnung und Höhe der Grundgebühr. Die jährliche Grundgebühr wird nach § 9 Abs. 2 BGS-FHWS immer nach dem vom Anschlussnehmer für sein Gebäude gemeldeten Wärmebedarf (abstrakter Anschlusswert in KJ/h) multipliziert mit dem Gebührensatz von netto 12,10 Euro je 1000 KJ/h berechnet; inwieweit hierbei unterschiedliche Formeln zur Anwendung kommen könnten, ist ebenso wenig ersichtlich wie ein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot.
4. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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