Freitag, 11. August 2017

Wasserschaden Urteil 17 U 73/11 OLG Hamm

Tenor:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 31.03.2011 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht zugelassen.

G r ü n d e

 I. Gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO und § 544 ZPO in Verbindung mit§ 26 Nr. 8 EGZPO wird von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen abgesehen.

II. Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

1. Der Klägerin steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Schadensersatz wegen des behaupteten Schadens aufgrund eines Wasseraustritts in einer Wohnung ihres Versicherungsnehmers zu. Dabei kann dahin stehen, ob die Klägerin aktivlegitimiert ist und ob die behaupteten Schäden eingetreten sind, weil den Beklagten bereits kein pflichtwidriges bzw. fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen ist.

a) Der gegen den Beklagten zu 1) geltend gemachte Schadensersatzanspruch folgt weder aus §§ 634 Nr. 4, 636, 280 BGB, 86 Abs. 1 S. 1 VVG noch aus §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB, 86 Abs. 1 S. 1 VVG.

aa) Ein vertraglicher Gewährleistungsanspruch aus übergegangenem Recht steht der Klägerin nicht zu, weil das Werk des Beklagten zu 1) nicht mangelhaft war. Selbst bei Unterstellung des bestrittenen Vortrages der Klägerin, der Wartungsvertrag zwischen ihrem Versicherungsnehmer und dem Beklagten zu 1) beinhalte die Verpflichtung dafür zu sorgen, dass die Heizungsanlagen funktionstüchtig sein sollten, war die vorgenommene Wartung vom 01.07.2009 nicht mangelhaft im Sinne des § 633 Abs. 2 BGB. Denn nach der Wartung war die Heizung funktionstüchtig. Der nach Behauptung der Klägerin durch ein Abplatzen des Kaltwasserschlauches und Ausströmens von Wasser eingetretene Schaden beruht auch nach ihrem eigenen Vortrag nicht auf einer Funktionsuntüchtigkeit der Heizung. Zudem war das Kontrollieren der Wasserschläuche keine Hauptleistungspflicht, weil es nicht ausdrücklich als solche vereinbart wurde.

bb) Die Klägerin kann von dem Beklagten zu 1) auch keinen Schadensersatz aus §§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB, 86 Abs. 1 S. 1 VVG verlangen, weil er bzw. der für ihn tätig gewordene Beklagte zu 2) keine einen Schaden verursachende, aus dem Wartungsvertrag resultierende Nebenpflicht verletzt hat.

Der zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Beklagten zu 1) geschlossene Vertrag über die jährlich erfolgende Wartung der Heizungsthermen in dem Mehrfamilienhaus des Versicherungsnehmers der Klägerin ist rechtlich als Werkvertrag zu bewerten. Selbst wenn zwischen den Parteien des Wartungsvertrages vereinbart ist, dass der Beklagte zu 1) dafür zu sorgen hatte, dass die Heizungsanlage funktionstüchtig war, stellt der fehlende Hinweis auf eine bestehende Schlauchverbindung zwischen Heizung und Wasserhahn keine schadensverursachende Nebenpflichtverletzung dar.

Soweit die Klägerin darauf abstellt, der Beklagte zu 2) habe es pflichtwidrig unterlassen, darauf hinzuweisen, dass ein dauerhafte Verbindung zwischen der Heizung und dem Frischwasserhahn durch einen Wasserschlauch unzulässig ist, weil dies die Regelungen der DIN 1988 Teil 4 Ziffer 4.5.2.2 verstößt, liegt jedenfalls der für einen Schadensersatzanspruch erforderlich Zurechnungszusammenhang nicht vor. Voraussetzung dafür wäre nämlich, dass der eingetretene Schaden unter den Schutzzweck der verletzten Norm fällt, die Handlungspflicht also einen Schaden wie den eingetretenen verhindern sollte (Palandt/Grüneberg, BGB, 70. Aufl. 2011, Vorb v § 249 Rn. 51 mwN). Das ist vorliegend nicht der Fall. Denn die genannte DIN-Vorschrift dient ausschließlich dem Schutz des Trinkwassers und nicht der Vermeidung von Schäden an Gebäuden durch auslaufendes Wasser.

Den Beklagten ist auch nicht aus anderen Gründen der Vorwurf einer Nebenpflichtverletzung zu machen. Grundsätzlich ist zwar jede Partei zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen der anderen Partei verpflichtet; zu diesen Nebenpflichten können auch Beratungspflichten gehören, insbesondere dann, wenn eine der Partei über überlegenes Fachwissen verfügt, auf das die andere Partei vertraut (Jansen/von Rintelen in: Kniffka, ibr-online-Kommentar 2011 § 631 Rn. 193 f.). Die beiderseitigen Hinweis- und Beratungspflichten haben jedoch ihre Grenzen und werden abgesteckt durch die vertraglich übernommenen Verpflichtungen (BGH NJW 2000, 2102, 2103 [unter III 2]). So kann eine Hinweispflicht eines Unternehmers auf eine von einer Anlage ausgehende Gefahr bestehen, wenn etwa eine solche Anlage von ihm hergestellt oder grundüberholt wird und Unfall- oder sonstige Risiken birgt (vgl. BGH NJW-RR 1987, 664 f.; NZBau 2009, 647 f.). Zweck einer solchen Hinweis- und Aufklärungspflicht ist, dem anderen Vertragspartner Klarheit über ihm unter Umständen drohenden Risiken und Gefahren zu verschaffen, die er aufgrund seiner eigenen Sach- und Fachkunde allein nicht erkennen oder richtig einzuschätzen vermag.

Vorliegend oblagen den Beklagten solche Hinweis- und Beratungspflichten in Bezug auf den Wasserschlauch und das Wasserhahnventil aber nicht. Der eingetretene Schaden beruht auch nach dem Vortrag der Klägerin weder auf einer Funktionsuntüchtigkeit noch auf einer von der Anlage selbst ausgehenden Gefahr, sondern stellt die Realisierung einer im Zusammenhang mit dem Betrieb der Heizung entstehenden Gefahr – nämlich dem Wasseraustritt aus einem nicht an der Anlage befindlichen Wasserhahn – dar. Es hat sich  keine unmittelbar von der Heizungsanlage selbst ausgehende Gefahr realisiert. Zu dem behaupteten Schaden haben vielmehr die nur im Zusammenhang mit der Heizungsanlage bestehenden Umstände geführt, dass das Ventil des Frischwasserhahns, der ausschließlich dem Befüllen der Heizung dient, geöffnet, aber nicht wieder geschlossen wurde und dass dadurch unbemerkt Wasser in den Verbindungsschlauch zur Heizung floss und der Schlauch dem sich so aufbauenden Wasserdruck nicht mehr standhielt.

Eine entsprechende Hinweispflicht oder gar Handlungspflicht besteht aufgrund dieser abstrakten Gefahr eines Wasserschadens nicht, weil das Verschließen des Ventils nach Betätigen des Wasserhahns eine Selbstverständlichkeit darstellt, die keines Hinweises bedarf. Gleiches gilt auch für den behaupteten Fall, dass der Wasserschlauch angeschlossen war. Zwar würde dem Betrachter das Ausströmen von Wasser aus einem geöffneten Ventil aufgrund des (zumindest zeitweisen) Auffangens des Wassers durch den Schlauch nicht ins Auge fallen. Gleichwohl liegt für jeden Wohnungseigentümer und –bewohner auf der Hand, dass ein zum Befüllen der Heizungsanlage oder auch aus jedem anderen Grund geöffnetes Wasserhahnventil auch wieder zu schließen ist.

Der Beklagten zu 2), dem auch die Klägerin nicht vorwirft, selbst den streitgegenständlichen Wasserschlauch angeschlossen oder das Ventil des Wasserhahns geöffnet zu haben, hatte insofern kein besonderes Fachwissen, das die Sach- und Fachkenntnisse eines durchschnittlichen Wohnungseigentümers oder –bewohners übertroffen hätte. Ein etwaiges fahrlässiges Geöffnetlassen des Ventils durch Dritte muss der Heizungsmonteur nicht als wahrscheinlich ansehen und daher auch weder darauf hinweisen noch es gezielt überprüfen. Anhaltspunkte dafür, dass dem Beklagten zu 2) aufgefallen ist, dass das Ventil des Wasserhahns geöffnet war, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Dem steht auch nicht entgegen, dass der Beklagte zu 2) im Rahmen seiner persönlichen Anhörung in dem Senatstermin vom 08.12.2011 erklärt hat, er würde – wenn ihm ein an einer Heizung angeschlossener Wasserschlauch zufällig auffällt – regelmäßig darauf hinweisen, dass der Schlauch nur zum Befüllen der Heizung und nicht dauerhaft an derselben anzubringen sei, weil ihm dies auf der Meisterschule so beigebracht worden sei und weil er wisse, dass ein dauerhaftes Belassen des Schlauches an der Heizung vorschriftswidrig sei. Denn sowohl dieser so geschilderte Lehrinhalt als auch die Kenntnis des Beklagten von der Vorschriftswidrigkeit eines angeschlossenen Schlauches beruhen auf der Existenz der DIN 1988 Teil 4 Ziffer 4.5.2.2 und dem Erfordernis des Trinkwasserschutzes. Eine entsprechende Hinweiserteilung des Beklagten zu 2) läßt keine Rückschlüsse auf eine Nebenpflicht zur Vermeidung von Wasserschäden zu, sondern wäre allein dem Trinkwasserschutz geschuldet.

 b) Der Klägerin steht auch kein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten zu 2) aus der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage des § 823 Abs. 1 BGB zu. Denn dem Beklagten zu 2) ist in Bezug auf die geltend gemachte Verletzung des Eigentums des Versicherungsnehmers der Klägerin aus den obigen Erwägungen zur fehlenden Pflichtverletzung kein fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

3. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, § 543 Abs. 2 ZPO.