Freitag, 11. August 2017

Wasserzähler Urteil I-7 U 55/04

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 9. Januar 2004 verkündete Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach unter Zurückweisung der Berufung im übrigen dahingehend teilweise abgeändert, dass die Klage bezüglich des Klageantrags zu 1. betreffend die Kanalbenutzungsgebühren in Höhe von 6.925,90 DM = 3.541,16 € und bezüglich des Klageantrags zu 2. als unzulässig abgewiesen wird. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.


G r ü n d e

I.

Die Parteien streiten um die Höhe des von der Beklagten mit Jahresrechnung vom 14. August 2000 für die Versorgung des Hauses des Klägers mit Strom, Gas und Wasser sowie für die Kanalbenutzung geforderten Nachzahlungsbetrages i.H.v. 14.036,03 DM und der monatlichen Abschlagsbeträge, die für die Zeit vom 30. September 2000 bis 30. Juni 2001 mit 1.507 DM festgesetzt wurden ((Bl. 33 ff.). Hiervon entfallen 6.366,08 DM bzw. 494 DM (Abschlagszahlung) auf Trinkwasser (Bl. 37) und 7.425,40 DM bzw. 568 DM (Abschlagszahlung) auf die Kanalbenutzung (Bl. 38), jeweils incl. Mehrwertsteuer. Der Kläger hält diese nach einem gemessenen Trinkwasserverbrauch von 2.318 cbm berechneten Kosten für zu hoch und macht einen Defekt des Wasserzählers geltend, den die Beklagte bestreitet. Er will die Trinkwasserkosten nur i.H.v. 570,75 DM, die Kanalbenutzungsgebühren nur i.H.v. 499,50 DM bezahlen, an monatlichen Abschlägen nur 560 DM leisten und begehrt mit der Klage 1. festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist, aus der Rechnung der Beklagten vom 14. August 2000 über insgesamt 14.036,03 DM mehr als 1.314,80 DM zu zahlen, 2. festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist, monatliche Vorauszahlungen in Höhe von mehr als 560 DM zu leisten. Das Landgericht hat die Klage nach Beweisaufnahme mit dem angefochtenen Urteil abgewiesen mit der Begründung: Für die Beklagte streite der Anscheinsbeweis dahin, dass die abgelesene auch der entnommenen Wassermenge entspreche; auch stehe zur Überzeugung des Gerichts

fest, dass der streitgegenständliche, am 25. Juli 2000 von der Beklagten ausgebaute Wasserzähler Nr. einwandfrei funktioniert habe. Hiergegen wendet sich der Kläger mit der Berufung, mit der er seine erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt und im wesentlichen die Beweiswürdigung des Landgerichts bemängelt. Die Beklagte erstrebt die Zurückweisung der Berufung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst Anlagen, das Protokoll vom 7. März 2003 über die Vernehmung der Zeugen F und H H, das Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. P Z vom 3. August 2003 sowie auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

II.

Der zulässigen Berufung bleibt der Erfolg versagt.

1. Hinsichtlich des Klageantrags zu 2. ist die Klage unzulässig. Diesem Klagebegehren mangelt es an dem erforderlichen Feststellungsinteresse. Die von der Beklagten festgesetzten monatlichen Abschlagszahlungen betrafen den Zeitraum bis zum 30. Juni 2001, also die restliche Zeit des damals laufenden jährlichen Abrechnungszeitraums. Dieser war spätestens am 31. Juli 2001 abgelaufen. Mit seinem Ablauf entfielen die streitgegenständlichen Abschlagszahlungen in der mit 1.507 DM berechneten Höhe. Ein Feststellungsinteresse des Klägers wäre also jedenfalls zu diesem Zeitpunkt weggefallen. Das Feststellungsinteresse fehlte dem Klageantrag aber auch schon von Anfang an. Der Kläger begehrt die generelle Feststellung, keine Abschlagszahlungen von mehr als monatlich 560 DM zu leisten zu haben. Eines solchen zeitlich uneingeschränkten Rechts hat sich die Beklagte jedoch nie berühmt. Sie hat lediglich von ihrem Recht auf Forderung von Abschlagszahlungen für das Folgejahr für den laufenden Bezug von Trinkwasser Gebrauch gemacht, die üblicherweise nach dem geschätzten zu erwartenden Verbrauch bemessen werden, und im übrigen bezüglich der Kanalbenutzungsgebühren dem Kanalbenutzungsgebührenbescheid der Stadt M entsprochen, in deren Auftrag sie die von dieser nach der städtischen Kanalbenutzungsgebührenordnung festzusetzenden Gebühren und Vorausleistungen abrechnet und einzieht (Bl. 39).

2. Unzulässig ist auch der Klageantrag zu 1., soweit er die verlangte Nachzahlung für die Kosten der Kanalbenutzung betrifft. Die berechneten Kanalbenutzungsgebühren i.H.v. 7.425,40 DM (Bl. 38) hält der Kläger nur i.H.v. 499,50 DM für berechtigt (Bl. 9). Diesbezüglich begehrt er also die Feststellung, nicht zur Zahlung von 6.925,90 DM = 3.541,16 € verpflichtet zu sein. Dieser Feststellungsantrag ist unzulässig, weil das angerufene Gericht diesbezüglich nicht zuständig ist. Wie bereits oben unter 1. ausgeführt, ist Gläubigerin dieser Forderung die Stadt M, in deren Auftrag die Beklagte die durch Bescheid (Verwaltungsakt) festgesetzten Gebühren abrechnet und einzieht. Folgerichtig hat der Kläger entsprechend der ihm erteilten Rechtsbehelfsbelehrung (Bl. 39) gegen den Kanalbenutzungsgebührenbescheid vom 14. August 2000 (Bl. 38) Widerspruch bei der Stadt M eingelegt (Bl. 17 f.) und beim Verwaltungsgericht D die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs beantragt (Bl. 6). Über die Berechtigung der mit Bescheid vom 14. August 2000 festgesetzten Gebühren hat nicht das vom Kläger angerufene ordentliche Gericht zu entscheiden (§§ 12, 13 GVG), sondern für den Fall, dass die Stadt M dem Widerspruch nicht abhilft, das Verwaltungsgericht. Hinsichtlich der streitigen Trinkwasserkosten ist die Klage zwar zulässig, weil – entgegen der mit der Berufungserwiderung vertretenen Auffassung – ein Feststellungsinteresse mit Rücksicht darauf besteht, dass die Beklagte sich einer Forderung i.H.v. insgesamt 6.366,08 DM berühmt, von denen der Kläger nur 570,75 DM als berechtigt ansieht, jedoch unbegründet. Der Beklagten steht die Forderung in der von ihr geltend gemachten Höhe zu, §§ 433, Abs. 2, 453 Abs. 1 BGB (vgl. Palandt/Putzo, BGB, 62. Aufl., § 453, Rdnr. 6).

Ohne Erfolg macht der Kläger geltend, die abgelesene und berechnete Trinkwassermenge von insgesamt 2.318 cbm am 2. August 2000 habe infolge eines Defekts des am 25. Juli 2000 von der Beklagten ausgebauten Zählers Nr. nicht dem tatsächlichen Verbrauch entsprochen. Nach den Grundsätzen des Anscheinsbeweises, nach denen grundsätzlich davon auszugehen ist, dass der Wasserverbrauch durch die Wasseruhr richtig erfasst ist, sofern es keinen Anhaltspunkt für einen technischen Defekt gibt, steht zur Überzeugung des Senats zugunsten der Beklagten fest, dass diese Menge vom Kläger bis zum 2. August 2000 verbraucht ist. Der Kläger hat keine Tatsachen vorgetragen, die den Anschein einer ordnungsgemäßen Erfassung zu erschüttern vermögen.

Soweit der Kläger auf den vermeintlich exorbitanten Verbrauch für 406 Tage mit 2.303 cbm verweist, übersieht er, dass er seit 1998 die Zählerstände jeweils selbst abgelesen hat und deshalb nicht feststeht, dass der Zählerstand per 15. Juni 1999 zutreffend war. Legt man den Verbrauch dagegen auf die vier Jahre der Selbstablesung um, ergibt sich ein jährlicher Verbrauch von rund 677 cbm, ein Wert, der nicht sehr weit von demjenigen entfernt liegt, der sich nach Einbau des neuen Zählers auf ein Jahr hochgerechnet ergeben würde (25.07. bis 02.08.2000 = 15 cbm in 8 Tagen = in 365 Tagen ca. 684 cbm; bzw. 02.08. bis 18.09.2000 = 68 cbm in 47 Tagen = in 365 Tagen ca. 528 cbm). Es zeigt sich also, dass ein annähernd so hoher Verbrauch denkbar ist, denn die Funktionsfähigkeit des neuen Zählers steht außer Frage.

Der hohe Verbrauch lässt sich auch nicht damit erklären – wie der Kläger behauptet –, dass zwischen dem 25. Juli und 18. September 2000 vom Zeugen F H der Gartenteich mit Wasser aus dem Leitungsnetz aufgefüllt worden ist. Zum Befüllen des Teichs waren nach dem vom Landgericht eingeholten Sachverständigengutachten ca. 40 cbm Wasser erforderlich. In der Zeit vom 25. Juli bis 18. September 2000 sind jedoch insgesamt 83 cbm (Bl. 19) verbraucht worden, also weitere 43 cbm, was einem Monatsverbrauch von 27,44 cbm entspricht, während nach dem vom Kläger behaupteten Durchschnittsverbrauch von 130-140 cbm/Jahr sich nur ein Monatsverbrauch von 10,8 bis 11,6 cbm ergibt. Für den Mehrverbrauch von 10,8 bis 11,6 cbm zu 27,44 cbm ist die vom Kläger angeführte "Sommerzeit" keine ausreichende Erklärung, zumal – wie die Beklagte zu Recht vorbringt – Urlaubszeit war. Abgesehen davon ist aber auch nicht erwiesen, dass diese Befüllung des Gartenteichs tatsächlich stattgefunden hat. Auf die zutreffende Beweiswürdigung des Landgerichts wird Bezug genommen. Das Berufungsvorbringen gibt zu einer anderen Beurteilung keinen Anlass. Völlig zu Recht hat das Landgericht vor allen Dingen auf die Widersprüche in den Zeugenaussagen abgestellt, die Zweifel an der Gesamtdarstellung des Klägers begründen. Insbesondere hat der Zeuge F H ausgesagt, er sei vom Kläger telefonisch aufgefordert worden, nachzuschauen, ob der Teich inzwischen leer sei. Dies impliziert, dass eine Reinigung des Teichs am Vortag nicht durchgeführt worden ist, da ohne Leerung eine Reinigung nicht möglich ist. Auf sein damaliges Alter von 15 Jahren hat der Zeuge F H auch als Begründung dafür hingewiesen, dass er sich an das Jahr, indem dieser Vorgang der Teichbefüllung stattgefunden habe, erinnere.

Es liegen auch eine Anhaltspunkte für einen Defekt des Zählers vor. Dieser Beurteilung steht zunächst nicht entgegen, dass der alte Zähler ausgewechselt worden ist. Nach ihrem unbestrittenen Vorbringen wechselt die Beklagte die Wasserzähler ihrer Kunden in gewissen Zeiträumen routinemäßig aus. Dass im vorliegenden Fall für die Auswechslung ein besonderer Anlass bestanden hat, etwa weil der Kläger wegen eines von ihm festgestellten hohen Zählerstandes die Beklagte von einem Verdacht auf einen Defekt unterrichtet hätte, oder weil die Beklagte selbst einen solchen Verdacht gehabt oder gar einen Defekt festgestellt hätte, ist nicht ersichtlich. Gegen einen defekten Zähler spricht letztlich auch der massive Verbrauchsrückgang ab September 2000, nachdem zunächst auch der neue Zähler hohe Werte angezeigt hat. Der Umstand, dass die Reduzierung eintrat, ohne dass zählermäßig noch irgendwelche Veränderungen vorgenommen wurden und ohne dass es einen konkreten Anlass für den hohen Verbrauch gab – der vom Kläger behauptete lässt sich aus den genannten Gründen nicht feststellen -, lässt nur den Schluss zu, dass es andere Ursachen für den hohen Verbrauch gegeben haben muss, die nicht im Verantwortungsbereich der Beklagten liegen. Dass die Beklagte durch die Verschrottung des ausgebauten Zählers arglistig einen Beweis vereitelt hat, lässt sich ebenfalls nicht feststellen. Sie hätte zur Aufbewahrung allenfalls Anlass gehabt, wenn sie den vermeintlich exorbitanten Verbrauch des Klägers für ein Jahr hätte erkennen müssen. Das war aber nicht der Fall. Beim Massengeschäft der Beklagten kann nicht verlangt werden, dass sie Vorkehrungen trifft, um solche Fälle bei der Erstellung der Rechnung herauszufiltern, um dann die übliche Verschrottung gezielt im Einzelfall zu unterbinden.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO, der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO. Begründeter Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht, § 543 Abs. 2 ZPO. Streitwert des Berufungsverfahrens: 11.056,80 €.