Montag, 6. November 2017

Erscheinungsformen von Korrosion bei metallischen Werkstoffen

Erscheinungsformen von Korrosion bei metallischen Werkstoffen

Je nach verwendetem Werkstoff und speziellen Korrosionsbedingungen können die Erscheinungsformen der Korrosion sehr vielfältig sein und in Abhängigkeit vom Werkstofftyp, Gefügeaufbau, Passivierung, speziellem Korrosionsmedium, zusätzlichen mechanischen Beanspruchungen etc. stark variieren. Im folgenden werden die bedeutendsten Erscheinungsformen der Korrosion kurz vorgestellt.

Ebenmäßige Korrosion

Die normalerweise unschädlichste Erscheinungsform der Korrosion ist die ebenmäßige Korrosion,
bei der parallel zur Metalloberfläche der Werkstoff fast gleichmäßig abgetragen wird.

Lochfraßkorrosion

Wesentlich gefährlicher als die ebene Korrosion ist die Lochfraßkorrosion, die zu meist

kraterförmigen Aushöhlungen und nadelstichartigen Vertiefungen im Werkstoff führt.
So dass im Endzustand der Korrosion eine Durchlöcherung des Werkstoffs eintritt.

Die vorwiegend lokal auftretende Lochfraßkorrosion ist gekennzeichnet durch hohe Korrosionsgeschwindigkeiten und große Stromdichten an den sich bildenden Lokalanoden. Verstärkt wird diese Korrosionsart besonders durch das Vorhandensein von Chlorid- oder Bromidionen im
Elektrolyten. Häufig ist das Ausmaß der Korrosion auf den ersten Blick nicht bemerkbar, da oft die
entstandenen Löcher zunächst mit den Korrosionsprodukten verstopft sind.

Spaltkorrosion

Unter Spaltkorrosion versteht man das Auftreten von Korrosionsprozessen in Spalten, die bereits in
einem Werkstoff vorliegen oder auch von zwei verschiedenen metallischen Werkstoffen gebildet
werden. Hervorgerufen wird diese Erscheinungsform der Korrosion durch mangelnden Stoffaustausch im Spalt, d.h. durch behinderte Diffusionsvorgänge entsteht ein sog. Konzentrationselement oder Belüftungselement. Unterschiedliche Belüftung kann im Elektrolyten lokale Konzentrationsdifferenzen zur Folge haben. So stellt die gut belüftete Seite des Spalts die Lokalkathode dar, an der die Reduktion des Sauerstoffs (Sauerstoffkorrosion) stattfindet, und somit der Elektrolyt dort schwach alkalisch wird.

Im Innern des Spalts ist die Zufuhr von Sauerstoff erschwert. Hier bildet sich die Lokalanode aus,
an der die Oxidation des metallischen Werkstoffs erfolgt.
Die chemischen Korrosionsvorgänge bei der Lochfraßkorrosion laufen im Prinzip analog zur hier
erörterten Spaltkorrosion ab.

Interkristalline Korrosion

Die interkristalline Korrosion ist vorwiegend bei passivierenden Legierungen verbreitet und tritt
bevorzugt im Bereich der Korngrenzen des Werkstoffgefüges auf. Inhomogenitäten im Werkstoffgefüge führen dort zu Lokalelementen und bewirken eine Auflockerung des Gefüges und somit einen größeren Festigkeitsverlust des Metalls. Ursachen der interkristallinen Korrosion sind häufig zu hohe Wärmeeinwirkungen bei bestimmten Bearbeitungsschritten, wie z.B. beim Schweißen oder bei Warmverformungsverfahren.

Selektive Korrosion

Als besondere Erscheinungsformen der interkristallinen Korrosion gelten die selektiven Korrosionen,
bei denen im Korngrenzenbereich von Legierungen ganz bestimmte Gefügebestandteile, und
zwar jeweils immer die unedlere metallische Komponente, aus dem Verbund in Lösung gehen. Oft

wird dieser Korrosionsvorgang auch ganz allgemein als Entmetallisierung bezeichnet.

Spezielle Korrosionsformen metallischer Werkstoffe sind z.B. die Entzinkung des Messings
(Cu/Zn-Leg.) in chloridhaltigen wässrigen Lösungen, die Entaluminierung von Aluminiumbronzen
(Cu/Al-Leg.) in konz. Schwefelsäure und die Entnickelung von Cu/Ni-Legierungen in lufthaltiger
Flusssäure.

Eine weitere selektive Korrosionsart ist die sog. Spongiose, die beim Grauguss in wässrigen
Lösungen auftreten kann. Dabei werden dessen Gefügebestandteile Ferrit und Perlit herausgelöst,
und es bleibt nach dieser „Enteisung“ ein relativ weiches, hauptsächlich aus Graphit bestehendes,
zum ursprünglichen Werkstoff formgleiches Gerüst zurück.

Spannungsrisskorrosion

Erfolgt die Zerstörung eines Werkstoffes in Form von Rissbildung unter Einwirkung eines
korrosiven Mediums bei gleichzeitiger mechanischer Beanspruchung des Werkstoffs durch statische
Zugspannungen, so spricht man von Spannungsrisskorrosion. Je nachdem, ob die entstandenen
Risse entlang der Korngrenzen oder quer durch die Kristallite des Gefüges verlaufen, wird zwischen

der interkristallinen und transkristallinen Spannungsrisskorrosion unterschieden.

Schwingungsrisskorrosion

Wirkt neben dem korrosiven Agens zugleich eine dynamische Zugspannung (Schwingungsbeanspruchung) auf den Werkstoff ein, dann kann es zur Schwingungsrisskorrosion kommen, die sich, unabhängig vom eingesetzten Werkstoff, immer in einem transkristallinen Verlauf der Korrosionsrisse senkrecht zur Hauptspannungsrichtung bemerkbar macht.

Verschleißkorrosion

Als Verschleißkorrosion bezeichnet man Abnutzungs- und Zerstörungsvorgänge an Werkstoffen
durch korrosive Beanspruchung und gleichzeitige Verschleißeinwirkung.
In Abhängigkeit von der speziellen Art des mechanischen Verschleißes differenziert man z.B.
zwischen Tribokorrosion (Verschleißkorrosion), Erosionskorrosion (Abtrag auf Werkstoffoberflächen
durch in schnell strömenden gasförmigen oder flüssigen Medien enthaltene feste Partikel)

und Kavitationskorrosion (Hohlraumbildung in Werkstoffen durch strömende korrosive Medien).

Mikrobiologische Korrosion

Bei der mikrobiologischen Korrosion treten werkstoffschädigende Reaktionen auf, die aus den
Stoffwechselvorgängen von Mikroorganismen resultieren. Vereinfacht ausgedrückt besitzen
gewisse Mikroorganismen, z.B. Viren, Bakterien, Pilze und Algen die Eigenschaft, Enzyme zu
produzieren, die in der Lage sind, bestimmte chemische Reaktionen, z.B. Oxidations- und

Hydrolysevorgänge zu katalysieren und somit Korrosionsprozesse am Werkstoff einzuleiten.

Zum Teil ist die mikrobiologische Korrosion aber auch sehr erwünscht, denkt man nur an die
riesigen Mengen ausgedienter und noch anfallender Kunststoffe, die sich außer durch Pyrolyse oder
Verbrennung in einigen Fällen ebenso durch Verrottung zersetzen lassen.

Ein wirksamer Schutz des Werkstoffs gegenüber mikrobiologischer Korrosion kann durch
Behandlung seiner Oberfläche je nach angreifendem Mikroorganismus z.B. mit Viruziden,
Bakteriziden, Fungiziden oder Algiziden erreicht werden.

©  Marc Husmann   Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers.