Montag, 6. November 2017

Korrosion von Eisen (Rost)

Das Korrosionsverhalten eines Metalls lässt sich durch sein Potenzial-Diagramm (sog. Pourbaix-
Diagramm) veranschaulichen. In derartigen Korrosionsdiagrammen ist das Redoxpotenzial eines
Metalls in Abhängigkeit vom pH-Wert des umgebenden Elektrolyten dargestellt, und es sind die Bereiche angegeben, in denen sich das Metall immun, passiv oder korrosiv verhält.



Hierbei handelt es um thermodynamische Stabilitätsgrenzen, die jedoch häufig durch kinetische
Hemmungserscheinungen verschoben sind.

Die Abbildung  zeigt das Korrosionsdiagramm von Eisen. Der Immunitätsbereich des Eisens, in dem
das Metall vollkommen korrosionsbeständig ist, liegt bei negativen Redoxpotenzialen kleiner ca.
- 1,1V und zwar fast unabhängig vom pH-Wert des Elektrolyten.

Bei einem pH-Wert ≤ 8 und E ≥ - 0,6V befindet sich ein größerer Teil des Korrosionsbereiches. Das
kleine Gebiet der Eisenkorrosion in stark alkalischen Lösungen bei pH > 12,5 und E = -1V resultiert
aus der Bildung von Ferraten(VI) FeO4
2−, während in weniger stark alkalischen Lösungen Passivität
durch Bildung einer dünnen γ-Fe2O3-Schicht aus dem Eisen und im Wasser gelösten Sauerstoff
eintritt. Eine Erhöhung des Redoxpotenzials auf ca. E > +0,9V bewirkt gleichzeitig eine Vergrößerung des Passivitätsbereichs auf einen pH-Wert von etwa 2 bis 3. In diesem Passivitätsbereich ist das Eisen durch Desaktivierungsreaktionen des Elektrolyten mit der Metalloberfläche ebenfalls vor einem korrosiven Angriff geschützt.

Beim ungeschützten Eisen und bestimmten Stahlwerkstoffen können sowohl chemische als auch
elektrochemische Korrosionsprozesse auftreten. Der verbreitetste Korrosionsvorgang ist die
Sauerstoffkorrosion, das sogenannte Rosten des Eisens. Für den Rostprozess sind die Gegenwart
von Wasser als Elektrolyt und Sauerstoff (z.B. in H2O gelöster Luftsauerstoff) als Oxidationsmittel
erforderlich.

Die Hydroxidionen entstehen dabei vornehmlich in einer äußeren und damit sauerstoffreicheren
Randzone des Elektrolyten, während die Fe2+-Ionen bevorzugt in der Nähe des Metalls im
Inneren der Elektrolytlösung gebildet werden.

Der Anteil des Wassers im Rost ist variabel und hängt von den Bedingungen seiner Bildungsreaktion
ab. Somit lässt sich keine genaue Stöchiometrie des Rostes angeben, d.h. die Zusammensetzung
eines Rostflecks kann von einer Stelle zur anderen variieren.

Bei einem Sauerstoffmangel erfolgt z.B. keine vollständige Oxidation des Fe(OH)2 zu
FeO(OH), sondern es bilden sich die Zwischenprodukte Magnetithydrat Fe3O4⋅H2O
sowie Magnetit Fe3O4.

Diese Effekte äußern sich beim Eisen häufig im Auftreten von schwarzem Rost als innere
Korrosionsschicht und grünem sowie rotbraunem Rost als äußere Korrosionsschicht.

Die gebildete Rostschicht bewirkt beim Eisen keine Passivierung, da die Stelle, an der das Eisen
oxidiert wird, räumlich nicht mit dem Ort der Rostbildung zusammenfällt, so dass kein wirksamer
Schutz des Metalls vor weiterer Korrosion eintritt. Außerdem ist die Rostschicht ziemlich spröde
und porös und haftet kaum auf dem Eisen, was ein weiteres Eindringen der Elektrolytflüssigkeit
(H2O) ermöglicht und schließlich ein vollständiges Durchrosten des Metalls zur Folge haben kann.

Der Korrosionsprozess wird durch das Vorhandensein von gelösten Salzen im Elektrolyten stark
beschleunigt, da sich die Leitfähigkeit der Elektrolytlösung wesentlich erhöht und der
Ladungstransport über größere Distanzen möglich ist. Besonders korrosiv wirken Chlorid-Ionen
(z.B. Cl−-Ionen vom Salzstreuen oder aus dem Meerwasser), da sie das Rosten des Eisens zusätzlich
katalysieren und außerdem mit den entstandenen Fe3+-Ionen lösliche Chloroferrat(III)-Komplexe,
z.B. [FeCl4]− und [FeCl6]3− bilden, und dadurch (Gleichgewichtsverschiebung!) eine weitere
Oxidation des Eisens begünstigen.

Ist jedoch die Sauerstoffzufuhr unterbunden, z.B. sind in Zentralheizungsrohren aufgrund der relativ
hohen Wassertemperaturen nur geringe Mengen Luftsauerstoff im Wasser gelöst, so findet auch
über eine längere Zeitspanne kaum eine merkliche Korrosion des Eisens statt.

©  Marc Husmann   Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Herausgebers.